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Volkskultur mittendrin: Da Wüdschütz aus da Urhoamat

Von Klaus Huber, 30. September 2010, 00:04 Uhr

Eines Abends, wenige Monate nach dem Ende der Sowjetunion, liefen die Bewohner der Ortschaft Königsfeld/Ust-Tschorna in den ukrainischen Waldkarpaten neugierig zusammen. Unglaubliches gab es zu bestaunen: erste Besucher aus Österreich, der unerreichbar fernen ...

Eines Abends, wenige Monate nach dem Ende der Sowjetunion, liefen die Bewohner der Ortschaft Königsfeld/Ust-Tschorna in den ukrainischen Waldkarpaten neugierig zusammen. Unglaubliches gab es zu bestaunen: erste Besucher aus Österreich, der unerreichbar fernen „Urhoamat“. Im „Edelweiß“, dem einzigen Lokal des Ortes, fragte ich, ob denn noch Lieder aus der alten Heimat bekannt wären. Spontan formierte sich ein improvisierter Chor und sang: „An einem Sonntagmorgen, ganz zeitig in der Fruah, nimmt da Wildschütz sei Stutzerl, geht in Gamsgebirg zua…“

Das Lied vom Wüdschütz hatte, über Generationen weitergegeben, unverfälscht überlebt. „Des is ja unser Kultur aus der Urhoamat“, sagte mir eine Frau gerührt, „mir werdn doh koana russischn Liada singan.“

Die Vorfahren dieser Menschen waren 1775 aus dem Salzkammergut ausgewandert, im Gegensatz zu den protestantischen Landlern jedoch nicht vertrieben worden. Als brave katholische Untertanen hatte man sie angeworben, in die waldreichen Karpaten zu ziehen und dort eine Holzwirtschaft nach Salzkammergut-Muster aufzubauen.

220 Auswanderer folgten diesem Aufruf, bereit für hartes Arbeitsleben in einem abgeschiedenen Winkel des Kronlandes Galizien. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde dieses Gebiet Teil der Tschechoslowakei, kam dann zu Ungarn und schließlich zur Sowjetunion. Nun sind seine Bewohner Staatsbürger der Republik Ukraine. Die Grabsteine auf den Friedhöfen in den Karpaten bewahren vertraute Familiennamen aus den Gemeinden zwischen Goisern und Gmunden: Reisenbichler, Zeppetzauer/Czepeczauer, Holzberger, Egger, Schießer…

Das berührendste Zusammentreffen erlebten wir, als Christian Zeppetzauer aus Bad Ischl, Lehrer an der HTL Hallstatt, auf eine ukrainische Bäuerin zuging und sich vorstellte: „Grüß Gott, ich bin der Zeppetzauer aus Österreich.“ Die Frau schaute zu ihm auf und erwiderte lächelnd: „Ich bin auch eine Zeppetzauer.“ Entfernte Verwandte?

„...konserviert gwest“

Ihre Sprache klingt verblüffend ähnlich. Im Theresiental ist die Mundart so erhalten geblieben, wie sie zur Zeit Maria Theresias im Salzkammergut gesprochen wurde. Mehr als zwei Jahrhunderte lang war sie abgeschnitten vom deutschen Sprachraum, daher keinerlei verändernden Einflüssen ausgesetzt.

Die Männer arbeiten im Holz mit Roafmesser, Hoazlbenk, Schintlmesser, Sappl… Lehrer Valentin Kais beschreibt die Sprachentwicklung so: „Unsere Mundart is vom 18. Jahrhundert her konserviert gwest.“

Später entstandene Wörter sind allerdings ukrainisch, denn die Mundart konnte ja neu entstandene Dinge nicht benennen. So sagen wir zum Fernseher televizor, zum Kühlschrank cholodilnik, mitten im deutschen Satz.“ Wenn sie fernsehen wollen: „I geh glei en Televizor einschalten.“ Und vor der Jause: „I geh vom Cholodilnik was außanehman.“

Und wie klingt unsere heutige oberösterreichische Mundart in euren Ohren? Valentin Kais schmunzelt: „Das klingt jetzt ein bissl ausländisch. Unser Sprach is ja konserviert gwest.“

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