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Zuckerberg: „Sie vertrauen mir, diese Idioten!“

Von Von Joachim Rogge, 28. September 2010, 00:04 Uhr
„Sie vertrauen mir, diese Idioten!“
Mark Zuckerberg, ein harmlos blickendes Milchgesicht oder ein Wolf im Schafspelz? Bild: Reuters

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg feilt an seinem Image. Mit 26 Jahren schlüpft er in die Rolle des Wohltäters und spendet 100 Millionen Dollar für die taumelnden öffentlichen Schulen von Newark. Der Grund für die wundersame Wandlung heißt „The Social Network“ und startet am Freitag in den US-Kinos, bei uns ist der Film ab 8. Oktober zu sehen.

Der Streifen bringt die wenig schmeichelhaften Seiten des Computer-Wunderknaben und Facebook-Gründers auf die Leinwand. Zuckerberg ist plötzlich um sein Bild in der Öffentlichkeit besorgt und steuert dagegen.

Innerhalb von sechs Jahren ist Zuckerberg dank Facebook vom genialen Tüftler in einer Studentenbude zum mehrfachen Milliardär aufgestiegen. Doch die atemberaubende Erfolgsgeschichte aus der Welt des Web hat schon immer viele Fragen ausgelöst.

Wer ist eigentlich dieses so harmlos blickende Milchgesicht in Schlabber-T-Shirt, Jeans und Flip-Flops, dem inzwischen 500 Millionen registrierte Nutzer rund um den Globus freiwillig höchst private Daten anvertrauen?

879 Freunde für „Zuck“

Der Film, der am 8. Oktober auch bei uns anläuft, zeichnet den jüngsten Milliardär Amerikas als Egomanen mit Allmachtsphantasien und gestörter Sozialkompetenz, von Minderwertigkeitskomplexen geplagt und dennoch skrupellos genug, um andere übers Ohr zu hauen – das ist das Bild, das Aaron Sorkins Drehbuch für „The Social Network“ transportiert und inzwischen auch Zuckerbergs „Baby“ vor ein weiteres Imageproblem stellt.

Dass „Facebook“ eher lässig mit den Daten seiner Nutzer umgeht, hat dem Unternehmen im kalifornischen Palo Alto schon in der Vergangenheit kräftigen Ärger nicht nur von Datenschützern, sondern auch von der eigenen Gemeinde eingebracht. Für „Zuck“, wie er sich im engsten Kreis und von seinen 879 Facebook-Freunden nennen lässt, sind das alles Missverständnisse oder aufgebauschte Vorwürfe von Kritikern. Freilich: Dass er großspurig mit Blick auf Facebook schon das Ende der Privatheit im Web-Zeitalter ausrief, hat seine Kritiker nur noch misstrauischer gemacht.

Der Film gibt ihren Bedenken nun neue Nahrung. Geradezu zynisch amüsiert sich Zuckerberg in den Gründertagen über seine Mitstudenten an der Elite-Uni Harvard, die keine Bedenken haben, ihr Privatleben Zuckerbergs Studentennetzwerk Harvard Connect, dem Facebook-Vorläufer, anzuvertrauen. „Ich habe über 4000 E-Mails, Bilder, Adressen“, brüstet sich Zuckerberg gegenüber einem Freund. „Wie bist du dazu gekommen?“, fragt der Bekannte nach. „Sie haben sie mir anvertraut. Ich weiß nicht, warum. Sie vertrauen mir, diese Idioten“, mokiert sich „Zuck“. Dass dieses und andere ähnliche Gespräche keine Erfindung neidischer Rivalen sind, hat der Sohn eines computerbegeisterten Zahnarztes und einer Psychiaterin, die nach der Geburt ihrer vier Kinder ihren Beruf an den Nagel hängte, schon vor Monaten bestätigen müssen und dabei um Nachsicht gebeten. Heute sei er klüger und reifer als noch vor sechs Jahren, als 19-Jähriger. Doch dass solche Entschuldigungen gegen die Macht der Kinobilder kaum ankommen, ist ihm offenkundig schon klar. „Ich glaube, eine Menge Leute werden sich diesen Kram angucken und dann sagen: ,Oh, so war er – so wird er wohl heute noch sein, oder?’“, sagte er im Magazin „New Yorker“.

Geschichten, die zwar nicht neu sind, aber durch die Breitenwirkung des Films plötzlich an Gewicht gewinnen, sind tatsächlich gefährlich auch für das Ansehen des Unternehmens, das es darauf anlegt, die Grenzen der Privatheit immer weiter zu verschieben. Facebook soll, so Zuckerbergs Vision, eines nahen Tages zum Dreh- und Angelpunkt für sämtliche Aktivitäten im wirklichen und virtuellen Leben werden. Wie weit das Unternehmen dabei bereits vorangeschritten ist, zeigt der verzweifelte Aufschrei seiner Nutzer, die wegen eines Systemabsturzes vergangenen Donnerstag stundenlang die Seite nicht erreichen konnten.

Je mehr Menschen ihr privates Leben auf der Facebook-Plattform ausbreiten, desto mehr Werbung kann das Unternehmen, das sich längst der Zwei-Milliarden-Umsatzgrenze nähert, einnehmen.

Gestohlene Idee?

Zuckerbergs angeblich so hehre Motive, dank Facebook aus der Welt einen besseren Ort zu machen, lösen sich indes schnell in Luft auf, wenn seine Ex-Freundin Erica ihn in der Eingangsszene des Films mit einem verbalen Kinnhaken als sozialen Autisten, dem es nur um Macht geht, lächerlich macht. „Du wirst erfolgreich und reich sein. Aber du wirst in dem Glauben durch das Leben gehen, dass Mädchen dich nicht mögen, weil du ein Streber bist. Und ich will dich vom Grund meines Herzens wissen lassen, dass das nicht wahr ist. Es wird sein, weil du ein Arschloch bist.“ Unterschreiben würden das auch frühere Kommilitonen, die Zuckerberg vorhalten, ihnen ihre Idee schlicht geklaut zu haben. „Er stahl die Idee, den Zeitpunkt und die Umsetzung“, hält ihm Cameron Winklevoss vor, der mit seinem Zwillingsbruder Tyler und einem dritten Studienkollegen den Computer-Zauberer Zuckerberg in Harvard zu Hilfe rief, um ihrem studentischen Flirt-Netzwerk auf die Sprünge zu helfen. Doch schnell verlor Zuckerberg die Lust – und startete über Nacht seine eigene Plattform, die rasend schnell auf dem Campus und kurz darauf in aller Welt ein Selbstläufer wurde. Seither beharken sich beide Seiten vor Gericht über das Urheberrecht. Die erbitterten Auseinandersetzungen hatten den Autor Ben Mezrich bei seinem Buch über die „versehentlichen Milliardäre“ inspiriert, das zur Vorlage des Films wurde. Deftig dramatisiert Mezrich Zuckerbergs Aufstieg mit knalligen Episoden über Macht- und Sexgelüste des „Facebook“-Gründers, ohne in jedem Fall auch einen Beleg für seine Behauptungen zu haben. Auch Drehbuchautor Sorkin und Regisseur David Fincher behaupten nicht, in ihrem Streifen ausschließlich die reine Wahrheit zu erzählen. Die Pointe der Geschichte sieht Sorkin vor allem darin, dass ausgerechnet ein technisch genialer Sonderling, der Anerkennung und Freunde vermisste, das weltweit größte soziale Netzwerk schaffen sollte. Zuckerberg ließ schon verbreiten, dass er sich den Streifen keinesfalls ansehen wird.

Facebooks Kalkül, dass sich der Film totschweigen lässt, ist freilich nicht aufgegangen. Dass nun ausgerechnet sein Leben vor einem Millionenpublikum ausgebreitet wird, dürfte dem publikumsscheuen „Zuck“ wie eine Rache der Geschichte vorkommen. Das Ende der Privatheit galt bislang lediglich für andere.

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