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Wo die Geschichte der Vertreibung auf Gastgeschenke aus der Hölle trifft

Von Nora Bruckmüller (Text) und Volker Weihbold (Fotos), 01. Juli 2017, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Festival der Regionen in Marchtrenk
Bild: Volker Weihbold

"Ungebetene Gäste": Das von den OÖN präsentierte "Festival der Regionen" ist eröffnet.

"Ungebetene Gäste" heißt das Motto des Festivals der Regionen, das gestern in Marchtrenk eröffnet worden ist. Dass man bei diesem Thema als Erstes an Fliehende aus Syrien oder Irak denkt, liegt in der Natur des Menschen. Ihre "geduldete" Lage wird medial, politisch, durch die Lebensrealität in Mitteleuropa permanent nahe gebracht.

Doch in Marchtrenk begeht man nicht den Fehler, die Besucher im angenehmen Glauben zu lassen, dass nur "Fremde aus der Ferne" zur Irritation werden können.

Jeder mutet sich anderen zu, unfreiwillig, ungewollt oder einfach, weil es bequem ist. Das führte beim gestrigen Medienrundgang gleich das erste Projekt vor Augen, das Gottfried Hattinger, der künstlerische Direktor, vorstellte. Unter der Tribüne im Festivalzentrum erinnert das "Museum der ungebetenen Gastgeschenke", dass der Weg in die Geschmackshölle mit guten Absichten beginnt.

Wo die Geschichte der Vertreibung auf Gastgeschenke aus der Hölle trifft
Topfpflanze im "Museum der ungebetenen Gastgeschenke" Bild: VOLKER WEIHBOLD

"Einfach potthässlich"

Künstlerin Corina Forthuber arrangiert dort Geschirr, das eigentlich als Aussteuer schlechthin gilt: Gmundner Keramik. "Die Besitzerin hat es über die Jahre zum Geburtstag, zu Weihnachten bekommen, und jetzt die Chance genutzt, es loszuwerden", sagt sie. Von Erleichterung, Befreiung zeugen viele Kommentare von Ex-Besitzern. Neben einer Plastikhandtasche, einem gefaltenen Modemagazin nachempfunden, ist zu lesen: "Das Ding ist einfach potthässlich!" Man kann sich gut vorstellen, wie diese Abscheulichkeit versteckt, verdrängt worden ist.

Wo die Geschichte der Vertreibung auf Gastgeschenke aus der Hölle trifft
Gmundner Keramik: Für den einen Freud, den anderen Leid Bild: VOLKER WEIHBOLD

Doch beim Festival der Regionen ist man sich einer Gewissheit bewusst: Kunst muss zeigen, was Menschen zu leicht vergessen, verschweigen und verdrängen.

Einige Meter entfernt geschieht dies im Haus der Linzer Straße 2. In Kisten arrangierte Artefakte, zur Verfügung gestellt vom Museumsverein "Marchtrenk-Welser Heide", erzählen von der Nachkriegszeit in der Stadt. Von "Heimatvertriebenen", die sich hier angesiedelt haben, ihrer Tracht, ihren Transitpapieren. Geschichten, die zu Oberösterreich gehören, und an die aktuelle, internationale Situation Fliehender erinnern. So steht auf altem Holz graviert: "Wer die Heimat nicht verloren, wem nicht selber Leid geschehen, kann die Nöte und die Sehnsucht eines Flüchtlings nicht verstehen."

Ein Diktator zum Abziehen

An einer der nächsten Hauswände lässt Lena Lapschina sogleich eine Tatsache gewahr werden: Nichts ist in Stein gemeißelt, alles vergänglich. Die in Wien lebende Künstlerin mit sibirischen Wurzeln hat in intensivem Orange Nordkoreas Kim Jong-un gezeichnet. Es sieht aus, wie Graffiti, es ist aber keines. Die Konturen des Diktators sind aus Klebeband. Man kann ihn also abziehen, oder warten, bis er sich selbst auflöst. Noch vergnüglicher als diese Gedankenspielerei ist ein Besuch im "klingenden Haus". Wie das mit "Ungebetenen Gästen" zu tun hat? Viel. Wie ein "Invasor" ist der Hamburger Künstler Götz Bury über das Haus Heimstättenstraße 6 "hergefallen" und hat aus allem, was er verwenden konnte, Instrumente gebaut: ein Schlagzeug aus Mülltonne und Töpfen, Alphörner aus Rohren, ein Metall-Violoncello aus Waschmaschinentrommeln.

Wo die Geschichte der Vertreibung auf Gastgeschenke aus der Hölle trifft
Temporäre Wandkunst: Krieger ziehen in den Kampf. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Mit dem Salzburger Musiker Werner Zangerle und Mitgliedern des Marchtrenker Musikvereins wird er sie konzertant zum Klingen bringen. Spätestens wenn man Bury frohlocken hört, dass "die Eingangstür eine super Basstrommel" ist, weiß man: Aus Zumutung lässt tatsächlich Zauberhaftes kreieren.

 

Festival-Info:

Das 13. Festival der Regionen findet unter dem Titel „Ungebetene Gäste“ noch bis 9. Juli in Marchtrenk statt.
200 Künstler aus 26 Ländern beschäftigen sich dort in 32 Projekten zeitgenössischer Kunst mit ihrem Zugang
zum Thema „Migration“.

Projekte, Installationen und Ausstellungen des Festivals sind täglich Montag bis Freitag von 14–20 Uhr und an den Wochenenden von 10–20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Alle Infos im Netz: https://fdr.at/

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1  Kommentar
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Gugelbua (31.900 Kommentare)
am 02.07.2017 11:19

man kann nur sagen: wems gefällt ?

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