Wenn sich Intellekt, Fantasie und exzellente Pianistik verbinden
Clemens Zeilinger spielte Präludien von Schostakowitsch, Gershwin und Chopin beim Festival Klavier im Linzer Brucknerhaus.
Eine Lieblichkeit, die von Momenten verzerrter Groteske gejagt ist, und ein Tiefgang, dem ein sinnentleertes Dahinstürmen entgegensteht: So inszeniert Schostakowitsch seine 24 Präludien op. 34. Am unmittelbarsten wird er, wenn seine Maske fällt und er in scharfer Kritik den stupiden Drill der Stalin-Ära im überzogenen Marschgestus persifliert.
Packend ungestüm
Diese Musik verlangt nach herben Tönen mit ihren Ecken und Kanten, aber auch nach Klangschönheit, Schlichtheit und tief ergreifender Trauer. Unter Clemens Zeilingers eindringlicher Interpretationsgabe wurden diese Aphorismen zum konturierten und immer wieder fein ziselierten Ganzen.
Packend ungestüm und erfrischend stürzten Gershwins drei Preludes daher. Dort erzauberte sich im Blues die sonor und frei geführte linke Hand ein Flair à la "Porgy & Bess". Fantastisch gelangen die 24 Préludes op. 28 von Chopin: Intellekt, Phantasie und exzellente Pianistik fügten sich wunderbar ineinander. Kompromisslos und ohne ein "Wenn und Aber" ließ Zeilinger sich auf diesen Monolith ein.
Die schwierigsten Kaskaden und Passagen müssen sich hier gleichwie "aus dem Stand" heraus von selbst spielen – nicht über ein Herantasten an die entsprechende pianistische Bewegung, sondern durch ein Umstellen des Spielapparates in Sekundenschnelle. Emotional braucht es das Durchleben einer großen Palette an Gefühlszuständen. Intim, poetisch, lyrisch, dramatisch, aufbrausend, schroff und kantig zeigte sich Zeilinger auch hier und er brillierte mit durchlässigem Spiel, das bei höchsten Anforderungen keine Mühe kennt und auch kein Risiko scheut.
Festival Klavier: Clemens Zeilinger, "Préludes", Brucknerhaus Linz, 17. Jänner
OÖN Bewertung:
Rudolf Buchbinder spielt Beethovens 32 Sonaten
Nicht wie ursprünglich geplant am 23. Jänner, sondern am 28. April ist Dmitry Masleev mit einem Reigen von Scarlatti bis Liszt beim Festival Klavier zu Gast. Ihm voran gehen Auftritte mit klingenden Namen: Die akribische Quellenforschung ist eines der Steckenpferde von Rudolf Buchbinder, der nicht weniger als 38 Ausgaben der Klaviersonaten Beethovens sein Eigen nennt. Umso mehr darf man gespannt sein, wenn der Maestro am 26. Jänner den Auftakt gibt zu seinem Zyklus mit allen 32 Sonaten von Ludwig van Beethoven im Brucknerhaus.
Zuvor, am 24. Jänner, widmet sich sein italienischer Kollege Emanuele Arciuli mit dem Bruckner Orchester Linz unter Dennis Russell Davies dem Piano Concerto von Lou Harrison, eingebettet in Werke von Philip Glass und Mozart (Jupiter-Sinfonie). Nicht nur hervorragende Kritiken brachten ihn in die Schlagzeilen: 2013 wurde über den türkischen Pianisten Fazil Say eine zehnmonatige Bewährungsstrafe wegen Beleidigung des Islams verhängt, die nach heftiger Kritik der EU wieder aufgehoben wurde. Am 31. Jänner spielt er mit dem Radio Sinfonie Orchester Wien unter Cornelius Meister Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 KV 488. Ein Wiedersehen mit dem Russen Sergej Redkin bringt der 7. Februar, wobei erstmals die Toccata op. 26 von Balduin Sulzer zu hören ist.
Letzterer feiert im März seinen 85er, wozu ihm das Brucknerhaus mit einem Werk-Zyklus gratulieren wird. (kasch)
Karten: 0732 77 52 30, www.brucknerhaus.at