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"The Homesman": Wenn Männer verrohen und Frauen verrückt werden

Von Nora Bruckmüller, 19. Dezember 2014, 00:04 Uhr
Wenn Männer im Wilden Westen verrohen und Frauen verrückt werden
T. L. Jones (M.) hat in "The Homesman" als Regisseur die Zügel in der Hand, das Leben seiner Figur liegt in den Händen von Hilary Swank (u.) Bild: EuropaCorp Distribution

Ein Film-Spektakel über den Verlust von Verstand und Visionen.

"Die Menschen reden gerne über Steuern und den Tod. Aber wenn es um die Verrückten geht, schweigen sie." Wer glaubt, diesen Satz spricht jemand aus der Gegenwart, der irrt. In "The Homesman" legt ihn Regisseur Tommy Lee Jones jenem Handwerker in den Mund, der 1854 in Nebraska eine Kutsche so ausstattet, dass darin drei psychisch kranke Frauen weggebracht werden können – mit Gittern vor den Fenstern und Eisenringen, an die sie gefesselt werden.

Es ist ein Satz, der nicht nur die Tabuisierung psychischer Probleme in der Gegenwart entlarvt, sondern den Film selbst. "The Homesman" sieht aus wie ein Western, doch ist er im Grunde eine hervorragende, weil fast unauffällige Dekonstruktion des Genres und damit des Mythos "Wilder Westen" und des amerikanischen Traums.

Schnörkellos und geradlinig lässt Jones die Hoffnung auf Abenteuer, Selbstverwirklichung, Land und Ernten wie einen zivilisatorischen Traum platzen.

Erschütternde Ehen

Die drei Frauen, die die gottesfürchtige Farmerin Mary Bee Cuddy, verkörpert von Hilary Swank, zu einer Methodistenkirche in Iowa überstellen will, haben den Verstand verloren. Ihre körperlichen wie geistigen Ressourcen wurden in der rauen Umgebung aufgebraucht. Die Natur verlangte Einsatz, die Männer ebenso. Arabella (Grace Gummer) hat als 21-jährige Ehefrau drei Kinder durch Diphtherie verloren. Gro (Sonja Richter) wurde vergewaltigt. Ihr Mann hatte geglaubt, sein "Weib" würde "seinen Samen abweisen", weil sie keinen Sohn will.

Theoline (Miranda Otto) zerbricht an Ernteausfall und totem Vieh, neben dem es sie am Feld im Weinkrampf schüttelt. Ihr Mann sagt: "Dagegen gibt es keine Medizin."

Es ist ein skurriles Bild, das nicht nur im großspurigen Western-Mann den ratlosen Menschen freilegt, sondern auch den oft lächerlich um sich greifenden Witz des Genres umwandelt – in bitterböse Lachhaftigkeit. Jones zeigt die karge Landschaft zwar in einem Farbenspiel aus dreckigem Weiß, gräulichem Grün, stechendem Gelb und Blau fröhlich strahlend, die Siedler stürzt sie letztlich ins Verderben.

Oscarpreisträgerin Swank stellt diesen Konflikt wunderbar zur Schau – innerlich und äußerlich. Ihr Teint ist trocken wie gegerbt, aber dennoch glatt. Sie lebt christliche Werte und ist trotz aller Süße und Wärme herb, rau und kalt.

Die Zügel der Kutsche, in der hinten die Frauen weinen, schreien und mit dem Kopf gegen die Wand knallen, teilt sie sich mit George Briggs, den Jones zum Anti-Helden stilisiert. Er begleitet Cuddy bloß, weil er in ihrer Schuld steht: Sie hat ihn, den Deserteur, vom Strick geschnitten, als er hängen sollte – ein Häufchen wimmerndes Elend in Unterwäsche, dem Tränen über das zerfurchte Gesicht kullerten, aber kurz darauf schon wieder nach Whiskey und Kugeln für den Colt verlangte. Ein prächtiges Beispiel menschlicher Untiefen, wie "The Homesman" selbst.

The Homesman: USA 2014, 122 Min., T. L. Jones

OÖN Bewertung: 6 von 6 Sternen

 

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1  Kommentar
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( Kommentare)
am 19.12.2014 08:25

verknüpft mit der JETZIGEN REALITÄT vieler
Frauen Schicksale zwinkern

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