Walter Sauer: "Es geht um die Frage, wie man Heimat versteht"

Von Hannah Winkelbauer   21.Jänner 2015

Walter Sauer, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Uni Wien, hat mit seinem Buch "Expeditionen ins afrikanische Österreich" einen Reiseführer durch Österreich für Afrika-Interessierte vorgelegt. Das Buch führt, gespickt mit historischen Details und Anekdoten, durch die Bundesländer. Sauer stellt afrikanische Kunst- und Kulturschätze in Österreich vor: Von Gemälden in Kirchen und Museen, über zeitgenössische Künstler mit Afrika-Leidenschaft bis zu Musikfestivals.

Der Historiker, der in der Einleitung unter dem Titel "Zwischen Alpen und Kilimandscharo" einen Abriss über die afrikanisch-österreichischen Beziehungen von der Zeit des römischen Reichs bis heute schreibt, möchte ein Bild von Afrika abseits von Kriegs- und Seuchenkatastrophen zeichnen: "Natürlich gibt es Krisen in Afrika, aber auch viele Länder, wo es keinen Krieg gibt. Ich wollte positive und witzige Geschichten erzählen, damit man mit Afrika auch etwas anderes assoziiert."

Was ist Heimat?

Bei seinen Recherchen, für die er in ganz Österreich unterwegs war, sei ihm in Oberösterreich besonders eine "Ideologisierung der Krippenkultur" aufgefallen. Gelernt habe er, "dass es zwei Schulen gibt: Die Heimatkrippen mit Alpen und Schnee und die orientalischen Krippen, die von den aus dem nahen Osten zurückgekehrten Wallfahrern neugestaltet wurden." Das habe einen großen Konflikt ausgelöst. "Da geht es ja nicht um Krippen: Da geht es um die Frage, wie man ,Heimat‘ versteht. Ist Heimat wirklich ,Blut und Boden‘, oder ist Heimat etwas Offenes, wo der Nahe Osten oder Ägypten oder Menschen mit einer anderen Hautfarbe eine Rolle spielen dürfen?"

Auf rassistische Begriffe in der Alltagssprache angesprochen, sagt Sauer: "Ich bin dagegen, das unter den Teppich zu kehren. Ich finde Ausdrücke wie "Neger" sehr problematisch. Aber wenn ich mit meinen Tanten im Mühlviertel rede, die verwenden das und meinen es nicht böse. Also muss ich erklären, warum man das nicht sagt und was man sonst sagen könnte. Das muss auf den Tisch und besprochen werden."

Er wolle kulturinteressierte Menschen erreichen, die "noch nicht alles genau wissen über Entwicklungszusammenarbeit und politische Korrektheit. Leute, die am Sonntagnachmittag spazieren gehen, die klassischen Sehenswürdigkeiten schon kennen und sich fragen, was es noch so gibt." Das Buch wird morgen in der Linzer Landesgalerie und am 24. 2. in der Linzer Buchhandlung Buchplus (jeweils um 19 Uhr) präsentiert.

Buch "Expeditionen ins afrikanische Österreich. Ein Reisekaleidoskop" (Wien, Mandelbaum, 2014)