Wahl: Streit um die Spitzenkandidaten
ORF und Privatsender kämpfen um die Elefantenrunde um 20.15 Uhr
In welchem Sendestudio werden die Spitzenkandidaten der Parteien heute Abend um 20.15 Uhr diskutieren? Um diese Frage dreht sich derzeit bei den österreichischen TV-Sendern alles.
Politik interessiert das Publikum, Wahl bringt Quote: Spätestens nach dem konstant hohen Interesse an den mehr als 60 Formaten, in denen in den vergangenen Monaten diskutiert, analysiert und im politischen Leben begleitet wurde, scheint das klar. Doch auch nach Wahlschluss ist das Match zwischen dem ORF und den Privatsendern noch nicht vorbei.
Um 20.15 Uhr sollen sich die Spitzenkandidaten der Parteien zu einer gemeinsamen Elefantenrunde im Privatfernsehen treffen. Die Privatsender Puls 4, ATV, ServusTV und SchauTV haben für ihre gemeinsame Diskussionsrunde um 20.15 Uhr bereits länger die Zusagen von Christian Kern (SPÖ), Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Matthias Strolz (NEOS) und Peter Pilz (Liste Pilz). Ulrike Lunacek (Die Grünen) war angefragt. Der ORF will die Spitzenkandidaten bereits um 19.55 Uhr zu Wort kommen lassen – für 35 Minuten. „Wir haben die Zusage von allen Parteien, dass uns die Spitzenkandidaten von 19.55 Uhr bis 20.30 Uhr zur Verfügung stehen, wir gehen davon aus, dass sie sich daran halten", erklärte ORF-Chefredakteur Fritz Dittlbacher.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sieht „keinen Grund zur Aufregung." Der ORF habe die große Runde um 19.55 Uhr „extra vorverlegt.“ Die Parteien hätten aber zugesagt, "dass sie kommen, so ist es besprochen", und es sei "nicht sinnvoll, dass sie nach 20 Minuten schon wieder gehen.“
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sieht in der Kooperation der Privatsender am Wahlabend indes keinen Verstoß gegen die Auflagen, die ProSiebenSat1Puls4 beim Kauf von ATV auferlegt wurden. Es gebe nach derzeitigem Stand keine Einwände gegen diese Vorgehensweise. Die Kartellbehörde bestätigte auch, dass es mit den Sendern Gespräche zu dem Thema gab. Gesetzlich kann die BWB aber nicht im Vorfeld ihr Okay geben. Die Einhaltung von Auflagen unterliege immer der Selbstbeurteilung der Unternehmen, ein etwaiger Verstoß könne erst im Nachhinein von der Behörde evaluiert werden, hieß es zur Erklärung.
Den Rekordwert unter den Wahl-Formaten erreichte die ORF-„Elefantenrunde" am vergangenen Donnerstag mit im Schnitt 1,2 Millionen Zuschauern. Zum Vergleich: Die Puls-4-Elefantenrunde sahen im Schnitt 560.000 TV-Konsumenten, jene auf ATV verfolgten durchschnittlich 526.000.
Unter den Duellen lockte die Paarung SPÖ gegen ÖVP die meisten Leute vor die Fernsehgeräte - sowohl im ORF als auch im Privat-TV. Den Schlagabtausch zwischen Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) auf Puls 4 sahen im Schnitt 623.000 Österreich, die Konfrontation im sogar ORF 970.000. Ein ähnliches hohes Interesse gab es bei Kurz gegen FPÖ-Chef Strache mit durchschnittlich 904.000 Zuseher im ORF und 587.000 auf Puls 4.
Die jeweils geringsten Reichweiten hatten die Duelle zwischen Grünen-Chefin Ulrike Lunacek und NEOS-Chef Matthias Strolz. Das grün-pinke Duell im ORF kam auf durchschnittlich 483.000 Zuseher, jenes im Privatfernsehen nur auf 151.000. Durch die Bank gute Einschaltzahlen hatten hingegen die Duelle gegen die FPÖ. Obwohl alle Duellpaarungen zuerst auf Puls 4 liefen, hatte der öffentlich-rechtliche ORF als Marktführer im Schnitt eine doppelt so hohe Reichweite. Nichtsdestotrotz freute sich auch ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker über historische Quotenrekorde und sehr gute Marktanteile in der Werbezielgruppe.