Von unvollkommenen Müttern und Mühlviertler Waldungen

Von Hannah Winkelbauer   23.Oktober 2015

Die gestern eröffnete Ausstellung im Linzer Kunstmuseum Lentos beleuchtet unter dem Titel "Rabenmütter. Zwischen Kraft und Krise: Mütterbilder von 1900 bis heute" die verschiedenen Aspekte des Mutterseins und Kinderkriegens. Die Darstellung von Mutterschaft in der Kunst hat sich über die Jahrhunderte stark gewandelt: Von Idealisierung und Überhöhung bis zur schonungslosen Darstellung der Realität.

Unterteilt in Themengebiete wie "Mutterleben", "Mutterkörper", "Mutterleid" oder "Muttersünden", solle die Ausstellung ein Korrektiv zum Mutter-Idealbild sein, sagt Kuratorin Sabine Fellner. Dicke Bäuche, weinende Kinder und geschundene Körper: In den gezeigten Werken geht es teils hochemotional zu, da wird nichts beschönigt oder ausgespart.

Sehr berührend sind Rineke Dijkstras Fotoporträts von Müttern mit ihren Neugeborenen kurz nach der Entbindung. Auch Annerose Riedls Frauenskulptur mit großer Narbe auf dem Bauch thematisiert die Strapazen einer Geburt. Ergreifend ist der zweiminütige 16-mm-Film von Friedl vom Gröller, "Gutes Ende", der die Mutter der Künstlerin als Greisin zeigt.

Väter kommen in der Ausstellung nur sehr selten vor. Die Fotoserie "Männer" von Hansel Sato kombiniert herrlich ironisch einen Mann mit Baby und Wörter wie "Zielstrebigkeit", "Expertise" oder "Weitblick", die normalerweise mit beruflicher Karriere in Verbindung stehen, aber genauso zu Elternschaft passen.

Gemälde von Paula Modersohn-Becker, Hannah Höch oder Maria Lassnig sind in der Schau ebenso zu sehen wie Fotografien, Objekte (etwa die hyperrealistische Skulptur "Mother and Child" von Ron Mueck) oder Videos. Anna Witts Video "Geburt" zeigt die Künstlerin, wie sie als Erwachsene ihre eigene Geburt nachstellt. Das ist auf verstörende Weise schön. Viele Exponate verbindet der autobiographische Hintergrund der Künstlerin oder des Künstlers. Das Thema ist ein sehr persönliches und intensives. Die gezeigten Werke sind dementsprechend einnehmend.

Subtile Erzählungen

In starkem Kontrast zu der lebhaften Ausstellung im Obergeschoß bieten Bernhard Fuchs’ Fotografien im Untergeschoß einen Hort der Ruhe. Die Serie "Waldungen" entstand in der Mühlviertler Heimat des in Deutschland lebenden gebürtigen Helfenbergers. Es gehe ihm um ein "aufmerksames Sehen", sagt Fuchs. Die klaren, kargen, stillen Bilder seien "subtile Alltagserzählungen" über die Gegend, aus der er stammt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ausstellungen: "Rabenmütter", bis 21.2. und "Bernhard Fuchs: Waldungen", bis 31.1., Lentos, Di-So 10-18, Do 10-21 Uhr

Begleitprogramm

Sonntags um 11: Am 22. 11. um 11 Uhr spricht Lentos-Direktorin Stella Rollig mit der Künstlerin Renate Bertlmann. Anmeldung bis 19. 11. unter 0732/70703601.
Rabenmütter und Rabentöchter: Führungen für Mütter und Töchter werden am 3. 12. und 11. 2., ein geführter Ausstellungsrundgang für Eltern mit Babys wird am 5. 11. und 12. 12. angeboten. Anmeldung unter 0732/7070