Von koreanischen Mythen bis zu heimischer Brillanz
Jazzfestival Saalfelden: 37. Ausgabe spannt einen weiten geografischen und musikalischen Bogen.
Es ist Tradition, dass eine österreichische Band das international renommierte Jazzfestival in Saalfelden eröffnet. Bei prachtvollem Spätsommerwetter tat dies am Freitag der junge Bassist Lukas Kranzelbinder mit seiner Formation Shake Stew. Es sollte ein zu Recht umjubeltes Konzert werden. Der 28-Jährige schreibt grandiose Stücke, die die spannende Instrumentierung mit drei Bläsern, zwei Bässen und Drummern bestens zur Geltung bringt. Klug gesetzte Brüche schaffen Platz für inspirierte Soli. Großartig klingen die Saxophone von Clemens Salesny und Johannes Schleiermacher, und Mario Roms Trompete strahlt. Mit diesem Nachwuchs steht der österreichische Jazz auf gesunden Beinen.
Kondition muss man haben
Insgesamt bot dieses Wochenende im Kongress, bei den Short Cuts, auf der Alm und auf der City Stage dreißig Konzerte. Das stellt hohe Anforderungen an die Kondition von Besuchern und Veranstaltern, auch weil vieles hohe Qualität hatte und der Bogen geographisch wie musikalisch weit gespannt war.
Nach Kranzelbinders furiosem Start setzte der Cellist Vincent Courtois im Trio mit zwei Saxophonisten einen zeitweise strengen kammermusikalischen Kontrapunkt. Courtois ist Solist und Verbindungsmann zwischen den flirrenden Bläsern. Manchmal schlägt er in Gitarristenmanier sein Instrument, spielt so Akkorde. Anders die Herangehensweise seiner Instrumentalkollegin Tomeka Reid. Ihr Quartett swingt mit enormem Elan. Gitarristin Mary Halvorson würzt das alles mit spitzen, fast satirischen Kommentaren. Damit die Harmoniesucht nicht überhandnimmt.
Ganz etwas anderes: Schlagzeug und Trompete aus Australien, der Vokalist aus Korea. Das Trio Chiri begeistert und irritiert gleichermaßen. Bae il Dong erzählt mit hypnotischer Stimme alte Mythen seiner Heimat, Scott Tinkler und Simon Barker kommentieren treffsicher und expressiv.
Den Samstag beschlossen zwei formidable französische Formationen. Der junge Saxophonist Emile Parisien engagierte mit Pianist Joachim Kühn und Bassklarinettist Michel Portal zwei Altmeister des europäischen Jazz. Das hat Charme, Verve und jede Menge Energie. Ganz am Ende setzte das Sextett Supersonic die Sounds des Mystikers Sun Ra ins 21. Jahrhundert. Zwei Tage voller Genuss.