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Shakespeare, der zeitlose Superstar

Von Peter Grubmüller, 23. April 2016, 00:11 Uhr
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Bildergalerie Parade zum 400. Todestag von Shakespeare
Bild: Reuters

Am 23. April 1616 starb der bedeutendste Dramatiker der Weltliteratur. Seine Hellsichtigkeit, mit der er die Menschen durchleuchtete, machten ihn zum Mythos.

In Stratford-upon-Avon, in der Nähe von Birmingham, schieben sich Touristen in diesen Tagen durch die Straßen – alle in Richtung dieses 1932 errichteten, ziegelroten Gebäudes gleich neben dem Ufer des Avon. Dorthin, wo sich das Royal Shakespeare Theatre erhebt. Hierher, in seinen Geburtsort, wo heute 7000 der insgesamt 23.000 Dichter-Touristen leben, kehrte William Shakespeare 1611 zurück, nachdem er in London Ruhm, Ehre und einen Haufen Geld verdient hatte. Am 23. April 1616 starb er in Stratford-upon-Avon, wo sich seit gut 80 Jahren Schauspiel-Größen von Laurence Olivier bis Kenneth Branagh, Judi Dench und Derek Jacobi an seinem Werk abarbeiten. Aktuell sind "Hamlet" und "Ein Sommernachtstraum" zu sehen.

Am Geburtstag gestorben

Im Archiv der Holy Trinity Church ist das Datum von Shakespeares Taufe vermerkt: 26. April 1564. Und weil die Taufe damals gewöhnlich am dritten Tag nach der Geburt erfolgte, schloss man daraus, dass er exakt an seinem 52. Geburtstag gestorben sein muss. Belegt ist sein Testament mit der berühmt gewordenen Verfügung, er vermache seiner um acht Jahre älteren Frau Anne Hathaway, mit der er drei Kinder hatte, sein "zweitbestes Bett" – mehr nicht.

Es existieren keine Briefe, keine Tagebücher, keine Aufzeichnungen von Zeitgenossen, die Shakespeare beschreiben, also tauchten bereits vor 150 Jahren Zweifel an der realen Existenz dieses nicht greifbaren Mannes auf, dessen Sprachmächtigkeit und Einfallsreichtum die Jahrhunderte überdauerten. Rund 70 Namen schwirren durch die Literaturwissenschaft, deren Arbeiten unter dem Namen Shakespeare zusammengefasst worden oder dem Dramatiker angedichtet sein sollen.

"Das sind Verschwörungstheorien. Das ist alles völlig absurd und vor allem ökonomischen Interessen geschuldet", sagt der Wiener Shakespeare-Forscher Manfred Draudt. Allerdings habe Shakespeare tatsächlich nicht alle seine Werke allein geschrieben, darunter "Heinrich VI., Teil 1" oder "Heinrich VIII.". Draudt: "Damals herrschte ein immenser Produktionsdruck und ein großer Konkurrenzkampf unter den Schauspieler-Truppen. Es war der Beginn des Kommerz-Theaters. Man konnte sehr viel Geld in sehr kurzer Zeit verdienen. Da wurde dann mit Spezialisten zum Beispiel für komische oder Irrenhausszenen zusammengearbeitet. Aber etwa 90 Prozent der Hauptwerke Shakespeares stammen ausschließlich von ihm."

Shakespeare musste nach London, weil er nur dort von seiner Kunst leben konnte. 1997 wurde am südlichen Themse-Ufer das Globe Theatre als Shakespeare-Reminiszenz eröffnet. Es ist ein originalgetreuer Nachbau des Theaters des Dichters aus dem 16. Jahrhundert, bis hin zu den Stehplätzen ohne Überdachung und den harten Holzbänken.

Shakespeare, der zeitlose Superstar
3000 Besucher erleben in „The Globe“ Theater wie im 16. Jahrhundert. Bild: TG

3000 Besucher erleben in „The Globe“ Theater wie im 16. Jahrhundert.

 

Um die Bühne herum standen die Angehörigen der Unterschicht, in den überdachten Galerien saßen die besseren Bürger, aus den Logen winkte der Adel. Wer Glück hat, kann um 17 Euro in diese Ursprünglichkeit des Theaters eintauchen, aber die Vorstellung ist so gut wie immer ausverkauft. Vor allem in diesen Tagen, in denen England zum 400. Todestag Shakespeare als Marke neu poliert, "Shakespeare Lives" heißt die Kampagne. Heute und morgen werden über vier Kilometer entlang der Themse 37 Kurzfilme – einer für jedes Shakespeare-Stück – auf 37 Bildschirmen gezeigt. Die "Hamlet"-Sequenz wurde in Dänemark gedreht, "Romeo und Julia" in Verona, "Antonius und Kleopatra" in Ägypten – auch wenn Shakespeare nie dort war. 100.000 Schulen weltweit bekamen ein Shakespeare-Paket, natürlich übersetzt in die jeweilige Landessprache.

Der Hype bringt auch allerlei Unnötiges ans Licht. So will etwa Autor Bill Bryson in Shakespeares Werk 138.198 Beistriche und 15.785 Fragezeichen gezählt haben, obwohl kein einziges von Shakespeares handschriftlichen Manuskripten existiert.

Nur Geste und Text

Die Frage nach Shakespeares Genie beantwortet sich nicht mit Zahlenspielereien, sondern mit seiner Arbeitsweise: Er schrieb seinen Mitspielern die Rollen auf den Leib, während er die Stücke während der Probengespräche austüftelte. Auf diese Weise erfüllte sich seine Sprache mit szenischer Dynamik, er hatte ja abends bis zu 3000 Besucher bei der Stange zu halten. Seine erdichtete Welt, in der er mit zeitloser Hellsichtigkeit die Untiefen aller gesellschaftlichen Schichten durchwatete, musste sich auf einer Rampenbühne ohne Kulissen entfalten. Die Illusion entstand allein durch Geste und Text.

Der Sohn eines Handschuhmachers und einer Bauerstochter, der angeblich eine Latein-Schule besuchte, beherrschte alle Töne – vom ungebildet Derben bis zur ziselierten Poesie. Wo aber in seinen Texten ist etwas über Shakespeares Wesen zu entdecken? Am ehesten in den Sonetten, in denen ein Ich spricht, das so unerschütterlich liebt und abgründig hasst, dass der Leser gar nicht anders kann, als persönliche Erfahrung des Dichters zu vermuten. Die Analyse bleibt widersprüchlich: 126 der 154 Gedichte sind an einen jungen Mann gerichtet, dem sich das Ich homoerotisch andient. 25 an eine dunkelhaarige Frau, die schön, sexuell unersättlich und deshalb treulos ist.

Egal, es bleibt das Werk, das einzigartige Werk.

 

Zitiert

„Ei, der Gesunde hüpft und lacht,
Dem Wunden ist’s vergällt;
Der eine schläft, der andre wacht,
Das ist der Lauf der Welt.“
Hamlet

„Amor steckt von Schalkheit voll, Macht die armen
Weiblein toll. Hans nimmt sein Gretchen, jeder sein
Mädchen; Find’t seinen Deckel jeder Topf, und allen
geht’s nach ihrem Kopf.“
Ein Sommernachtstraum

„Der Rest ist Schweigen.“
Hamlet

„Oft ist´s der eigene Geist, der Rettung schafft, die wir
beim Himmel suchen. Unserer Kraft verleiht er freien Raum.“
Ende gut, alles gut

„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage!“
Hamlet

„Die Zeit schlägt Falten in die reinste Stirne, entstellt die
schöne Wahrheit der Natur und prägt auf alles der
Vernichtung Spur.“
Sonette

„Willst du schon gehn? Der Tag ist ja noch fern.
Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche,
Die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang;
Sie singt des Nachts auf dem
Granatbaum dort.
Glaub’, Lieber, mir:
es war die Nachtigall.“
Romeo und Julia

 

Wie man Shakespeare übersetzt? Mehr zu dieser heldenhaften Aufgabe lesen Sie hier.

Wie Stratford-upon-Avon und London das Jubiläum feiern

 

Zur Person

Er gilt als einer der bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur. Gesicherte Fakten über das Leben von William Shakespeare sind jedoch spärlich.

London
Geboren 1564, vermutlich am 23. April, in Stratford-upon-Avon. Sohn des Handschuhmachers John Shakespeare und seiner Frau Mary. Besuch der Lateinschule, an einer Universität war Skakespeare nie.
1582 heiratet er die 26-jährige Anne Hathaway. Sie bringt zwei Töchter und einen Sohn zur Welt. Seit Beginn der 1590er Jahre Mitglied einer Londoner Theatertruppe.
1592 wird Shakespeare erstmals als Dramatiker in London erwähnt.
Vermutlich 1595: „Ein Sommernachtstraum“.
Vermutlich 1595/96: „Romeo und Julia“.
1596/97: „Der Kaufmann von Venedig“.
1597 erwirbt er ein Anwesen in Stratford.
Vermutlich 1599: „Wie es Euch gefällt“.
Um 1600 entsteht „Hamlet“.
Um 1603 entsteht „Othello“.
Uraufführung von „Macbeth“ vermutlich im Sommer 1606.
Shakespeares Wirken in der Londoner Theaterszene endet 1611/12.
1616 stirbt Shakespeare, vermutlich am 23. April, in Stratford.
1623 erscheint die erste Gesamtausgabe seiner Dramen.

 

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5  Kommentare
5  Kommentare
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( Kommentare)
am 23.04.2016 11:26

Ein Beitrag von Peter Grubmüller. Angenehm zu lesen, viel Wissen dahinter, daher auch eine Menge an Information und auf die Sache bezogen. Danke Peter Grubmüller!

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Gugelbua (31.882 Kommentare)
am 23.04.2016 10:21

ein wahrlich großer Geist, sein Wortschatz hatte bis zu
30000 Wörter und konnte damit jede Emotion Situation perfekt niederschreiben.
wie hoch ist der Sprachschatz heute? zum Beispiel bei einer Zeitung ? Die Bildzeitung kommt mit 1500 Wörtern aus grinsen
und unsere Jugend ist mit 500 schon überfordert.
somit ist Kommunikation ein kritischer Punkt zur Verständigung untereinander grinsen

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oblio (24.760 Kommentare)
am 23.04.2016 10:55

Ein weiterer Meister der Dichtkunst ist ebenfalls
im Jahr 1616 verstorben: Miguel de Cervantes.
Unglaublich, wie lange herausragende Literatur
unvergesslich bleiben kann!
Siehe auch Homer!
Natürlich zur Freude derer, die schöne, mit viel
Phantasie gepaarte Sprache, schätzen und genießen!

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chopin (2.087 Kommentare)
am 23.04.2016 11:25

Du sagst es, sogar Jerry Cotton Hefteln überfordern manche.
ich empfehle dir das da, du wirst deine Freude haben:

http://www.amazon.de/Shakespeare-neu-erz%C3%A4hlt-Michael-K%C3%B6hlmeier/dp/3492241913/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1461403436&sr=8-4&keywords=k%C3%B6hlmeier

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oblio (24.760 Kommentare)
am 23.04.2016 17:28

Chopin, Danke!
Sicher sehr interessant,
aber ich bestelle prinzipiell
NICHTS über das IT!
Schon gar nicht bei Amazon!
Aber ich denke, dass es im
normalen Buchhandel ebenfalls
erhältlich ist!

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