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"Ob Frack oder Jeans, das ist mir komplett wurscht"

Von Lukas Luger aus Birmingham, 08. Mai 2018, 00:04 Uhr
"Ob Frack oder Jeans, das ist mir komplett wurscht"
Markus Poschner mag keine "pseudointellektuellen Geschichten". Bild: (Winkler)

Bruckner Orchester: Im OÖN-Interview zieht Chefdirigent Markus Poschner über die Großbritannien-Tour Bilanz

Was er von Bier im Konzertsaal hält, warum sein Orchester bald durch Oberösterreich reisen wird und welche bittere Niederlage er diese Woche zu verkraften hatte, verrät Bruckner-Orchester-Chefdirigent Markus Poschner den OÖNachrichten.

 

OÖNachrichten: Sechs Städte, fünf Mal Gustav Mahler, zwei Länder – ein Resümee?

Markus Poschner: Die schönste Bestätigung, der größte Lohn, ist der Applaus. Mahlers Zweite gehört zum berühmtesten Repertoire, das spielen ja nicht nur wir. Dass wir es schaffen, einen Saal für uns komplett einzunehmen, die Leute wirklich zu bewegen – das zeigt, wie souverän dieses Orchester spielt, wie frei es ist. Ich kenne viele Orchester, die technisch perfekt spielen, einen aber trotzdem kaltlassen. Ich habe das selbst erlebt. Wir besitzen aber eine, wollen wir es Ehrlichkeit nennen, die uns abhebt.

Woraus speist sich diese "musikalische Ehrlichkeit"?

Vielleicht daraus, dass wir Musik spielen, die wir im Blut haben und die aus unserer Landschaft stammt. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit "dem Eigenen". Auch Mahler ist nicht weit weg von Oberösterreich geboren worden, die Zweite Symphonie komponierte er in Steinbach am Attersee. Und mit so einem Werk in ein anderes Land zu fahren und davon zu erzählen, wo wir herkommen, was wir gewohnt sind zu hören – das ist etwas Besonderes. Das haben wir als Bruckner Orchester in unserer DNA, egal welchen Reisepass die einzelnen Musiker des Orchesters konkret besitzen. Das macht mich unglaublich glücklich.

Welcher Abend wird Ihnen besonders im Gedächtnis haften bleiben?

London war speziell. Die Cadogan Hall wirkt sehr komprimiert, es herrscht eine Manegen-Situation. Die Leute sitzen fast auf der Bühne. Dieses Aufspringen, dieser Schlussapplaus – das war besonders intensiv.

Die Konzertbesucher in England sind oft sehr leger in Pullover und Jeans gekleidet, manche trinken gemütlich ein Guinness während der Aufführung. Gefällt Ihnen dieser niederschwellige Zugang zur Klassik?

Das war schon immer so, dass wir von der Insel viel lernen können. Die Souveränität und Phantasie, mit denen in England Kunst und Kultur in die Gesellschaft getragen werden, ist vorbildlich. Mich hat es so gefreut, dass Leute zu unseren Konzerten kamen, die vielleicht nie ins Konzert gehen, geschweige denn je zuvor dieses Stück gehört haben. Es war wie im Kino, mich stört das überhaupt nicht. Nach dem ersten Satz wurde applaudiert – ja, warum denn bitte auch nicht? Wunderbar! Viel besser, als wenn es eine pseudo-elitäre Geschichte ist.

Sind wir zu snobistisch?

Jedes Land hat seine Rituale und Gesellschaftsrituale, da kann man schlecht etwas Wertendes sagen. Ob Frack oder Jeans, das ist mir aber komplett wurscht. Ich will die Leute für uns einnehmen, sie mit dieser Musik bereichern. Niederschwellig ist das entscheidende Wort. Wir müssen uns darum kümmern, zu den Leuten zu kommen.

2019 tut das Bruckner Orchester genau dies. Eine große Tournee durch alle Teile Oberösterreichs ist geplant.

Wir werden uns viel Zeit nehmen, um Oberösterreich zu bereisen. Ich weiß, dass die Oberösterreicher stolz sind auf das Bruckner Orchester. Bruckner selbst spielte noch als Etablierter oft auf dem Land, in den kleinsten Orten und Kirchen. Dorthin wollen wir. Das ist Service, das ist unser Auftrag. Wir können nicht auf dem Standpunkt "Kommt’s gefälligst zu uns" beharren. Wir müssen raus. Raus zu den Leuten!

Wann geht’s wieder ins Ausland?

Wir haben eine Einladung aus China und Korea, wir arbeiten intensiv an einer Asien-Tournee im Herbst 2019. Die Agentur IMG, die auch die UK-Tour eingefädelt hat, will weiter mit uns zusammenarbeiten und uns regelmäßig alle zwei Jahre nach England holen. Das ist ein riesiges Privileg, das sonst nur den größten Orchestern der Welt zuteilwird.

So erfolgreich die Großbritannien-Tour auch war, eine bittere Niederlage mussten Sie dennoch einstecken…

...(lacht) Ja, die Niederlage der Bayern gegen Real Madrid war ein schwerer Schlag. Das Schlimmste war, dass mein Sohn nicht hier war, um einander zu trösten. An diesem Ausscheiden werde ich noch lange knabbern.

 

Die schwierige Suche nach dem Orchester-Kapitän
Nachfolge für Haunold gesucht (AS) Bild: Alexander Schwarzl

Die schwierige Suche nach dem Orchester-Kapitän

Das Bruckner Orchester steht vor einem großen, schwierigen personellen Umbruch. Sowohl der Posten des Ersten Konzertmeisters als auch jener des Zweiten müssen nachbesetzt werden. Nach der Pensionierung von Heinz Haunold, der im Juni 2017 nach 34 Jahren in den Ruhestand ging, ist der Posten der „rechten Hand“ des Chefdirigenten verwaist.

Lui Chan, derzeit als Zweiter Konzertmeister tätig, zieht sich – auf eigenen Wunsch – auf den Posten des Vierten Konzertmeisters zurück. Der bisherige „vierte Mann“, Mario Seriakov, geht im Sommer in Pension. Tomasz Liebig, Konzertmeister Nr. 3, verbleibt in seiner Funktion. Zwei Probespiele für die beiden zu vergebenden Posten verliefen erfolglos, keiner der 25 eingeladenen Kandidaten entsprach. „Der Grund dafür ist unser hoher Anspruch. Konzertmeister ist eine der wichtigsten Positionen. Er oder sie muss nicht nur ein hervorragender Geiger sein, auch die Sozialkompetenz muss stimmen“, sagt Chefdirigent Markus Poschner.

Kein Schnellschuss

Am 2. Juni findet das nächste Vorspielen statt, bei dem auf jeden Fall der Posten des Zweiten Konzertmeisters fixiert werden soll. Weniger Eile hat das Orchester bei der Suche nach der Haunold-Nachfolge. Zu heikel sei der Posten, um einen personellen Schnellschuss zu wagen. Poschner: „Es ist nie gut, wenn so eine Stelle lange unbesetzt ist. Aber wir sind nicht bereit, da auch nur den allerkleinsten Kompromiss einzugehen.“

Der oder die Neue müsse als künstlerisches und zwischenmenschliches Bindeglied zwischen Dirigent und Orchester fungieren, ähnlich einem Kapitän einer Fußballmannschaft. Angedacht ist, verschiedene hochkarätige Kandidaten aus dem In- und Ausland für Gastauftritte einzuladen und so ein gegenseitiges Abtasten zu ermöglichen. 

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