"Nur Journalisten interessiert, wer Intendant ist"
Salzburgs Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler im OÖNachrichten-Interview Finanzminister Michael Spindelegger, der "Retter" der Festspiele.
Die "Jedermann"-Premiere ging bereits vergangenen Sonntag über die Bühne, trotzdem eröffnen die Salzburger Festspiele erst am Sonntag ihre 94. Auflage. Seit 1995 steht Helga Rabl-Stadler (66) dem Festival-Koloss als Präsidentin vor. Die OÖNachrichten haben mit ihr über den vorzeitig scheidenden Intendanten Alexander Pereira, künstlerische Qualität und die Budgetsituation gesprochen.
OÖNachrichten: Sind Sie erleichtert oder wehmütig, dass Ihr Intendant Alexander Pereira seinen letzten Festspiel-Sommer in Salzburg verbringt?
Helga Rabl-Stadler: Für so persönliche Gefühle hab’ ich jetzt keine Zeit. Vor der Premiere am Sonntag ist alles so angespannt, weil noch ein ganzer Festspiel-Sommer vor uns liegt, in dem wir noch gemeinsam schönste Erfolge feiern werden, aber in dem genauso Probleme auftreten können.
2015 und 2016 werden Sie zusammen mit Sven-Eric Bechtolf die Intendanz übernehmen. Was ist für diese zwei Jahre schon vorbereitet, welchen Gestaltungsspielraum haben Sie?
Alexander Pereira hat schöne Projekte vorbereitet, und Sven-Eric Bechtolf hat schöne schon im Sinn. Es wird eine große Gemeinsamkeit sein – nicht nur, weil es die Geschäftsordnung so vorschreibt. 2015 steht natürlich alles zu 99 Prozent fest und 2016 zu 70 Prozent. Da uns aber auch eine Freundschaft und in vielen Dingen gleiche Lebensauffassungen verbinden, wird das eine gute Zeit werden.
Laut Kuratoriumsbeschluss dürfen Sie heuer nicht mehr als 61 Millionen Euro ausgeben – und müssen dazu noch zwei Millionen an Rücklagen bilden. Wie geht sich das aus?
Über das Endergebnis möchte ich wirklich erst im Herbst reden. Nur so viel: Der Kartenverkauf gibt zu den schönsten Hoffnungen Anlass. Und wenn es uns gelingt, die Kosten in dem vom Budget vorgegebenen Rahmen zu halten, dann wird es gut ausschauen.
Was verkauft sich heuer blendend und was geht gar nicht?
Sie können doch nicht von mir als Präsidentin verlangen, dass ich Ihnen sage, was gar nicht geht! Der frühere Intendant Peter Ruzicka hat gesagt, er wünscht sich mehr Neugier als Altgier. Ruzickas Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Es ist ja klar, dass der Troubadour, der Don Giovanni und der Rosenkavalier gut gehen, aber dass so viele sagen, ich will auch Schubert als Opernkomponist ("Fierrabras", Premiere am 13. Juli, Anm.) erleben, das ist fantastisch.
Das Budget für 2015 ist mit 58 Millionen Euro auch beschlossen, wird sich das Budget zusehends nach unten entwickeln?
Alle Kulturinstitutionen sind in einer ernsten Lage. In keinem anderen Betrieb ist es so, dass man Gehaltserhöhungen schlucken muss, ohne mehr Geld zu bekommen – die Universitäten kriegen das abgegolten, die Museen zum Großteil auch. Oder schauen Sie sich die ÖBB an, dort gibt es sogar Nettogehaltserhöhungen. Nur wir können und wollen nicht mit Streikdrohungen kommen, um mehr Geld zu kriegen. Trotzdem muss es respektiert werden. Wenn man von der Staatsoper bis zu den Salzburger Festspielen, vom Salzburger Landestheater bis zum Linzer Musiktheater zu Recht Qualität fordert, dann hat diese Qualität ihren Preis – und das heißt, es muss eine Valorisierung geben, mit der diese Gehaltserhöhungen aufgefangen werden.
Welches Druckmittel werden Sie anwenden, um das durchzusetzen?
Ich bin eine Konsenspolitikerin, und glücklicherweise hat man in Land und Stadt Salzburg erkannt, dass die Festspiele nicht mit den Subventionen von 1998 die Kosten von 2015 stemmen können. Natürlich bin ich dem Finanzminister dankbar, dass der Bund die Unterstützung 2015 erhöht (die Subvention erhöht sich damit insgesamt um 2,5 Millionen Euro, weil Land, Stadt und Tourismusförderungsfonds dem Gesetz entsprechend nachziehen müssen, Anm.).
Was halten Sie davon, dass sich Kulturminister Josef Ostermayer in Bregenz von dieser Erhöhung distanziert hat?
Ich hätte mir erwartet, dass er sich freut, wenn eine Kunstinstitution mehr Geld vom Finanzminister bekommt. Und ich möchte schon klarstellen, dass meine zwei zukünftigen Intendanten – Sven-Eric Bechtolf, Markus Hinterhäuser – und ich zuerst bei Minister Ostermayer waren, um ihm die prekäre finanzielle Lage der Festspiele zu schildern und ihn um mehr Geld zu bitten. Wir waren nicht beim Finanzminister. Als Ostermayer deutlich gemacht hat, dass er keinen Handlungsspielraum sieht, ist glücklicherweise Spindelegger zu unserem Retter geworden.
Was denken Sie über den vergangenen Mittwoch veröffentlichten Rechnungshofbericht über die Bundestheater – auch verglichen mit jenem Bericht, der Sie 2012 unter Druck gesetzt hat?
Ich möchte die Rechnungshofberichte für andere Kulturinstitu
tionen nicht kommentieren, weil ich weiß, wie sehr ich mich über Ratschläge von Kollegen geärgert habe. Aber sicher gibt es Handlungsbedarf. Alles wird davon abhängen, wie sich die Bundestheaterverwaltung in Zukunft aufstellt, weil sie ihrem Auftrag, zugleich Steuerungs- und Kontrollorgan für die Bundestheater zu sein, nachkommen muss.
Vor zwei Jahren hat Franz Welser-Möst reklamiert, mit dieser Dichte an Aufführungen und Proben sei die für Salzburg entsprechende künstlerische Qualität nicht mehr zu gewährleisten. Hatte er mit seiner Kritik recht?
Dagegen muss ich mich wehren, weil wir bewiesen haben, dass wir trotz der Programmausweitung die Qualität halten konnten. Aber warum haben wir denn gesagt, dass wir uns in den kommenden Jahren wieder auf Wesentliches konzentrieren wollen? Diese Ausweitung hätten wir mit unserer Personalstruktur nicht jahrelang ausgehalten. Es ist aber legitim, dass ein Künstler wie Franz Welser-Möst ein Mahner für Qualität ist. Das hat meine Wertschätzung für ihn nicht gemindert – und ich freu mich sehr, dass er heuer den Rosenkavalier macht, weil er für mich einer der weltbesten Strauss-Dirigenten ist. Es gibt ja auch kaum einen, der so ein Opernrepertoire hat wie er.
Was muss Hinterhäuser ab 2017 anders machen als Pereira?
Markus Hinterhäuser liegt sehr, was jetzt gefordert ist: jedes Jahr die Festspiele neu zu erfinden, mit einer ganz eigenen Programmatik. Er hat so ein gutes Riechorgan für künstlerische Dinge, die kommen müssen. Was er für 2017 plant, ist sensationell.
Verraten Sie es mir?
Sicher nicht. Jetzt ist es mir ganz wichtig, dass Sven-Eric Bechtolf und ich zeigen, dass wir nicht bloß eine Interimsintendanz sind, sondern, dass wir ein schönes, rundes, intensives Programm zustande bringen. Nur Journalisten interessiert, wer Intendant ist, das Publikum interessiert, was im Programmheft steht.
Die 94. Salzburger Festspiele
Am Sonntag wird das weltweit größte Sommerfestival von Bundespräsident Heinz Fischer und mit der Rede des australischen Historikers Christopher Clarke (Buch: „Die Schlafwandler“) eröffnet. ORF2 überträgt am 27. Juli ab 11 Uhr live aus der Felsenreitschule.
Bis 31. August finden heuer insgesamt 223 Veranstaltungen statt. Das meiste Publikum werden die fünf szenischen Opern-Neuproduktionen anziehen. Die teuersten Karten sind für die Opern „Don Giovanni“ (Premiere 27. Juli), „Der Rosenkavalier“ (1. August), „Il Trovatore“ („Der Troubadour“, 9. August) und „La Cenerentola“ (21. August) um 420 Euro aufgelegt. Die preiswerteste Opern-Karte gibt es um 42 Euro (erhöhte, schmale Stühle ohne Armlehne).
"Nur Journalisten interessiert, wer Intendant ist, das Publikum interessiert, was im Programmheft steht."
ich war noch nie dort, kann keine karte mir leisten, jedoch seit mortier bin ich am laufenden.
ist sicher gut mit der Wirtschaft vernetzt.
Aber in künstlerisch verantwortlicher Position sicherlich fehlbesetzt!
Ihr Zitat: Rabl Stadler ist sicher gut mit der Wirtschaft vernetzt. Aber in künstlerisch verantwortlicher Position sicherlich fehlbesetzt!
Allemal Besser als der politische Saustall bei den Bundestheater
auch intelligente Konsumenten - aus allen Schichten.
wäre mein wortmeldung von oben - hier!