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"Natürlich würde ich für meine Kinder auch einen Mord begehen"

Von Helmut Atteneder, 17. Jänner 2017, 00:04 Uhr
"Natürlich würde ich für meine Kinder auch einen Mord begehen"
Bernhard Aichner: „Ich war es der Blum schuldig, dass sie davonkommt.“ Bild: Glanzl

Bestseller-Autor Bernhard Aichner hat mit "Totenrausch" soeben den letzten Teil seiner Trilogie über die bestialisch mordende Sympathieträgerin Brünhilde Blum präsentiert

Nach "Totenfrau" und "Totenhaus" hat der Innsbrucker Schriftsteller Bernhard Aichner (44) nun mit dem eben erschienenen "Totenrausch" einen famosen Schlusspunkt der Krimi-Trilogie um die mordende Frau und liebende Mutter Brünhilde Blum präsentiert. Mehr als 170.000 Bücher – in 16 Sprachen! – wurden von "Totenhaus" verkauft, und "Totenrausch" führte nach nur zwei Tagen die Bestseller-Listen an. In den USA verfilmt der Disney-Konzern den Blum-Stoff als Serie. Der Pilotfilm wird gerade gedreht.

 

OÖNachrichten: Herr Aichner, der Leser Ihrer Totenfrau-Trilogie wird bald von einer Art Stockholm-Syndrom befallen. Da steckt doch eine böse Absicht dahinter!

Aichner: Das war von Anfang an der Plan. Ich wollte eine Heldin erfinden, mit der man vom ersten Kapitel weg mitfiebert. Ein bisschen zwiegespalten natürlich, weil sie ja schon im ersten Kapitel ihre Eltern umbringt. Zum einen Mörderin, zum anderen liebende Mutter. Eine total verletzte Figur. Diese Frau ist eine einzige Wunde. Schreckliche Kindheit, schreckliche Jugend, und dann kippt sie. Eigentlich müsste man sie verurteilen, aber man tut es irgendwie nicht. Man leidet mit.

Brünhilde Blum, die Hauptfigur Ihrer Trilogie, ist bei aller Brutalität ihrer Taten eine Sympathieträgerin. Nur noch da ein kleines Mordscherl, dort noch schnell eine feine Quälerei, und dann kann sie sich endlich wieder ihren Kindern widmen. Sie lieben die Blum sehr, nicht wahr?

Die Frau liegt mir sehr am Herzen. Sie hat mich jetzt vier Jahre begleitet. Ich habe mir die Frage gestellt, was müsste in meinem Leben passieren, damit ich einen Mord begehen könnte? Gibt es etwas, wo sich der Schalter umlegen könnte? Die Antwort war ja. So eine Person habe ich mit der Blum geschaffen. Insgesamt hat sie in den drei Büchern zwölf Menschen umgebracht, und man drückt ihr die Daumen, dass sie wieder herauskommt. Trotzdem mag man sie.

Manchmal beschleicht einen beim Lesen eine Ahnung, dass die Blum auch die nächste haarsträubende Aufgabe bravourös und großteils unbeschadet bestehen wird. Glauben Sie an das perfekte Verbrechen?

Schwierig. Letztendlich ist es ja auch bei der Blum so, dass es aufgedeckt wird. Dass die Flucht gelingt, hat sie großteils auch mir zu verdanken. Wenn man einen Menschen im Wald vergräbt, kommt irgendwann ein Hund und gräbt ihn aus. Dann gibt es DNA, und alles fliegt auf. Ich war es der Blum schuldig, dass sie davonkommt, weil ich ihr in den drei Büchern so viel angetan habe… Man hätte mich wohl gesteinigt, wenn es da kein Happy End gegeben hätte.

Wie viel kriminelle Energie oder vielleicht besser kriminelle Fantasie steckt in Ihnen?

Hass, Wut, Rache – das haben wir alle in uns.

Sie selbst haben drei Kinder. Würden Sie, so wie die Blum, für Ihre Kinder töten?

Natürlich würde ich für meine Kinder auch einen Mord begehen. Ich glaube, dass man in solche Aus-nahmesituationen geraten kann. Ich hoffe, dass es nie so weit kommen wird, aber jeder Mensch hat auch das Böse in sich. Und ich glaube, wenn man die richtigen Tasten auf der Orgel bedient, dass da auch die bösen Töne zum Klingen kommen. Wenn man das Beispiel Krieg hernimmt, wo von heute auf morgen Menschen bereit sind, zu töten und die grausamsten Dinge zu tun, und man hätte es zuvor nie nur eine Sekunde angenommen, dass das möglich ist.

Zur Vorbereitung auf die Trilogie waren Sie Praktikant in einem Bestattungsunternehmen.

Es war für mich eine schöne Erfahrung, den Verstorbenen noch einmal etwas Gutes zu tun und mir selbst meine Angst vor dem Tod zu nehmen. Diese Erfahrungen waren auch für meine Heldin Blum wichtig, weil Bestatter ein extrem praktischer Beruf ist, wenn man Leute umbringt. Eine Leiche ist für sie so, als würden sie eine Wurstsemmel kaufen gehen.

Ihr Schreibstil ist sehr dicht, leicht verständlich, wahnsinnig schnell und ohne Verschachtelungen. Ideal für eine Verfilmung – wie schaut es da aktuell mit dem Disney-Projekt aus?

Zum einen hat sich dieser Stil so entwickelt, weil ich kein großer Landschafts- und Menschenbeschreiber bin. Meine Bücher funktionieren so wie Drehbücher, es wird alles durch Handlung vorangetrieben. Tatam-tatam-tatam. Das Drehbuch für die Pilotfolge ist gerade fertig geworden, und es ist sehr, sehr nahe am Roman. Das freut mich.

Nach dem Erfolg der beiden ersten Blum-Krimis haben Ihre Anhänger den dritten Teil praktisch herbeigesehnt. Tatsächlich war "Totenrausch" schon nach zwei Tagen die Nummer eins in den Bestseller-Listen. Eine für einen Autor selten vorkommende wie angenehme Position...

Das ist eigentlich ein Jackpot. Es war ein Glück, dass sich das erste Buch schon so gut verkauft hat. Dazu kommt, dass "Totenrausch" auch das Beste der Trilogie ist.

Ihre Blum-Trilogie ist nun zu Ende. Trauerphase oder Bahn frei für – was eigentlich?

Sie begleitet mich noch ein paar Monate bei meinen Lesungen. Ich stecke mitten im nächsten Buch. Es ist wieder ein Thriller, mit komplett neuen Figuren, der im Frühjahr 2018 erscheint.

 

Lesungen: Bernhard Aichner liest aus seinem Roman "Totenrausch" auf Schloss Puchberg (25.1.), in Alkoven (27.1.) und in Braunau (2.3.).

 

"Natürlich würde ich für meine Kinder auch einen Mord begehen"
Bernhard Aichner: "Ich war es der Blum schuldig, dass sie davonkommt."

Morden und Überleben im Höllentempo

Ein Buch wie ein High-Speed-Thriller: Bernhard Aichners „Totenrausch“

Nach einer Serie von tödlichen Vergeltungsschlägen an den Mördern ihres Mannes flüchtet die Bestatterin Brünhilde Blum mit ihren geliebten Töchtern Uma und Nela standesgemäß – im Leichenwagen. Per internationalem Haftbefehl gesucht, taucht sie zunächst einmal im hohen Norden unter. Als das Geld knapp wird, reisen Mutter und Töchter mit einem türkischen Fernfahrer nach Deutschland. Der Trucker gibt der Blum noch die Kontaktadresse einer guten Freundin.

So landet die Blum direkt am Kiez, dem Rotlichtviertel im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Die gute Freundin – klar, eine Nutte. Sie hilft der Blum und schickt sie direkt zum Kiez-König Egon Schiele. Er besorgt ihr Pässe und eine feine Bleibe, weil sie ihm verspricht, als Gegenleistung einen Mord für ihn zu begehen.

Blum heißt jetzt Marie Müller, ihre Töchter Emma und Katrin. Sie findet einen Job – das kennen wir schon – bei einem Bestatter. Dem König vom Kiez zu dienen, erweist sich aber als keine gute Idee. Wieder beginnt ein Morden, ein Kampf um die geliebten Kinder – und immer wieder überlebt die Blum. Fast ein bisschen zu viel des Guten, spannend und auch wieder nicht – weil der Untertitel „Alles wird gut“ viel verrät. Das 480-Seiten-Buch liest sich wie ein geniales Drehbuch – im Höllentempo. Man legt es abends ungern weg und greift frühmorgens gierig danach.

„Totenrausch“ Thriller von Bernhard Aichner,
btb-Verlag, 480 Seiten, 20,60 Euro,
Bewertung: 5 von 6 Sterne

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