"Mich auf der Bühne völlig verausgaben: Ja, das mag ich"
Marie-Luise Stockinger aus St. Florian bei Linz macht am Wiener Burgtheater Karriere – mit 22 Jahren.
"Ich habe immer wahnsinnig viel gearbeitet, und irgendwann fährt man dann halt Ergebnisse ein. Das ist gar nicht so glamourös, aber es sind schon tolle Tage", sagt Marie-Luise Stockinger bescheiden und in bestem Burgtheater-Deutsch.
Andere sagen von der 22-Jährigen aus St. Florian bei Linz, sie sei eine der größten Entdeckungen der Theaterszene Österreichs. Diese anderen haben offenbar recht, auch wenn die Protagonistin so viel Lob mit Demut und vor allem mit Respekt annimmt: "Die Burg ist für mich nicht der Höhepunkt, es ist der Anfang. Außerdem habe ich mich da noch nicht bewiesen."
Gestern mimte sie in der dritten Wiederaufnahme die Rolle der tragischen Femme fatale "Lulu" in der Josefstadt. Am 31. Mai gibt sie in Sophokles’ "Antigone" ihre Premiere an der Wiener Burg, wo sie ab Herbst für zwei Jahre fix zum Ensemble gehören wird. "Ich wollte eigentlich gar nicht zum Vorsprechen gehen, weil ich schon Angebote aus Deutschland hatte. Also bin ich ganz entspannt hin, und zehn Minuten später hat mir Karin Bergmann (Burg-Chefin, Anm.) ein Angebot gemacht."
Dabei hat die 22-Jährige ihre Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar noch nicht einmal abgeschlossen. Derzeit bringt Stockinger ihre Diplomarbeit (Thema: "Lulu – Sie kann von der Liebe nicht leben, weil ihr Leben die Liebe ist") zu Ende. Die Lulu ist ihre Paraderolle. Wie sie an die tragische Figur in Frank Wedekinds Stück herangeht?
Ein Akt der Auflehnung
"Ich muss sie so spielen, als ob ich nichts zu verlieren hätte. In dieser Rolle zeige ich mich bloß, ich gehe da zum Sterben auf die Bühne", sagt die Burgschauspielerin in spe. Ihr Spielstil? "Mich auf der Bühne völlig verausgaben: Ja, das mag ich!"
Schon in jungen Jahren hat sich Marie-Luise Stockinger gern ihrem Spieltrieb hingegeben. Im Linzer Gymnasium Petrinum hatte sie keine wirklichen Hobbys – Lesen ausgenommen. Dann die Ansage: "Ich gehe zum Vorsprechen ans Reinhardt-Seminar. Das war ein Akt der Auflehnung. Ich wollte das für mich haben. Denn ich hatte zuvor oft gehört: Das hat der Papa für dich erledigt." (Vater Josef Stockinger war ÖVP-Landesrat und ist nun Generaldirektor der OÖ-Versicherung.)
Eine von 11 aus 600 Bewerbern
Für ihre Vorsprechmission hat sie den damaligen Direktor Franz Asanger dazu überredet, die mündliche Matura für sie vorzuverlegen. Mit Erfolg: Unter rund 600 Bewerbern war sie eine von elf Auserwählten in der renommierten Schauspielschule des Jahrgangs.
Sie hat keine Angst, bei all dem frühen Erfolg die Bodenhaftung zu verlieren: "Ich bin am Land aufgewachsen, das hilft", sagt sie wieder in klingendem Theatersprech. Sie kann aber auch anders: "Waun i wü, geht de Mundoart schau."