Lotte Tobisch wird 90 - "Habe noch 1000 Gschäftl"

Von nachrichten.at/apa   28.März 2016

Dementsprechend leise will Tobisch ihren Geburtstag am 28. März feiern. "Ich mache keine eigene Feier, sondern feiere gemeinsam mit der Schauspielerin Martha Wallner, die 89 Jahre alt wird, dem Koch und einer Mitarbeiterin, die beide 50 werden, im Künstlerheim", sagte Tobisch. Dafür wird der Anlass anderswo gebührend zelebriert: mit einer Dokumentation im ORF, einer Feier im Marchfelderhof in Deutsch-Wagram, einer Matinee und einem neuen Buch.

"Oft werde ich gefragt: 'Sie sind so fröhlich, wie machen Sie das?' So fröhlich bin ich nicht. Es ist ein solches Glück, wenn es einem beschieden ist, dass man diese Zeit (Zweiten Weltkrieg, Anm.) irgendwie tatsächlich überlebt hat mit allem Drum und Dran und wenn man so halbwegs gesund ist und noch halbwegs sein Hirn beieinanderhat. Ich bin jeden Tag dankbar dafür", sagte Tobisch der APA.

Selbst mit 90 kennt die ehemalige Opernball-Lady weder Rast noch Ruh - ein voller Terminkalender gehört zu ihrem Alltag. So ist sie Präsidentin des Vereins "Künstler helfen Künstler", der in Baden ein Alterswohnheim betreibt. Außerdem setzt sie sich für Alzheimer-Betroffene ein. "Ich treibe Geld auf, ich verkaufe mich ununterbrochen für mein Altersheim - da schnorre ich. Das ist mühsam. Da sind Veranstaltungen, wo ich hingehe. Aber das hat Gründe, das ist kein Privatvergnügen", erklärte Tobisch ihre Auftritte bei Seitenblicke-Events.

Besonders stolz ist Tobisch auf ihren neuen Job als Kolumnistin bei der Zeitschrift "News". "Mit 90 Jahren noch einen neuen Beruf anzufangen, ist doch toll", freute sie sich. Die Rückmeldungen auf ihre oft kritischen Beiträge sind dabei durchwegs positiv. "Ich bin in einem Alter, wo ich mich nicht einmal mehr vor mir selbst schützen muss. Obwohl ich lieber lobe als kritisiere", meinte Tobisch.

Aus k.u.k. Patrizierfamilie

Tobisch - im vollen Namen heißt sie Lotte (von) Tobisch Labotyn - ist die Nachfahrin einer österreichischen k.u.k Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich bis in das Jahr 1229 zurückverfolgen lassen. Ihre Ausbildung erhielt sie im Internat Schloss Marquartstein in Oberbayern und im Wiener Sacre Coeur. Ihre Leidenschaft zur Schauspielkunst führte sie nach Wien ins Konservatorium Horak.

Noch bevor sie diese Ausbildung abgeschlossen hatte, schaffte Tobisch schon den Sprung auf die Bretter des Burgtheaters. Mit ihrem Angebot, binnen kürzester Zeit für eine erkrankte Kollegin einzuspringen, rettete sie ihren ersten Abend am Ring - und legte den Grundstein zu ihrer Karriere. Es folgten Verträge mit allen Bundestheatern wie auch die Mitwirkung in zahlreichen Stücken im heimischen Fernsehen.

Ihre Starrolle - auch wenn sie selbst das nicht so gerne hört - spielte Tobisch allerdings in der Staatsoper. 16 turbulente Jahre lang voll mit Demonstrationen, Starrummel und Stornierungen prägte die Schauspielerin als Organisatorin den Opernball: "Man muss es ernsthaft machen, es muss klappen, es muss in Ordnung sein. Aber ernst nehmen dürfen's das nicht." Heutzutage hat sie mit ihrer Zeit als Opernball-Lady abgeschlossen: "Ich habe in meinem Leben eines immer gekonnt: Eine meiner wenigen guten Eigenschaften ist, ich weiß, wenn was zu Ende ist. Auch was ich gespielt habe, das interessiert mich nicht mehr - das ist ein anderes Leben."

Hängt nicht an Vergangenheit

Sie hängt nicht an und in der Vergangenheit: "Ich bin ein Mensch ohne Blick zurück im Zorn. Ich bin ein liebender Mensch, aber kein sentimentaler." Bekannt ist die Schauspielerin auch für ihre Freundschaften mit bedeutenden Intellektuellen wie Theodor W. Adorno. Und trotz ihrer Lebensfreude ist sie manchmal auch nachdenklich: "Was mich heute noch wirklich interessiert: Diese Rätselhaftigkeit des Menschen, wie er sich verhält. Das einzig wirklich Interessante auf der Welt ist ja doch der Mensch. Zu was er imstande ist. Da erlebt man die erstaunlichsten Dinge, im Kleinen und im Großen."

Weiters ist sie überzeugt: "Die Welt ist nicht zu retten, das haben wir schon gesehen. Das geht nicht, auch wenn man sich kreuzigen lässt nicht. Das einzige, was man tun kann ist, im Kleinen sich so ordentlich als möglich benehmen. Was anderes kann man eigentlich gar nicht tun. Die Welt retten kann man nicht."

Tobischs 90. Geburtstag wird jedenfalls groß gefeiert: Am Montag zeigt der ORF im "Kulturmontag" am 21. März die Dokumentation "Lotte Tobisch - Ansichten einer Grande Dame". Eine längere Fassung des Films folgt am 28. März in der "matinee" auf ORF 2. Am 24. April findet schließlich im Ronacher ihr zu Ehren und zugunsten von "Künstler helfen Künstler" eine Matinee statt: "...Und Gott lachte! Der jüdische Witz und die Musik der Klezmorim" mit Giora Feidman und Miguel Herz-Kestranek. Weiters erscheint am 19. April Tobischs neues Buch: "Alter ist nichts für Phantasielose" (Amalthea Verlag).