Kurzweilige Schickimicki-Fledermaus
Strauss’ Operette als gelungene Premiere zum 20-Jahr-Jubiläum des Musikfestivals Steyr.
20 Jahre ist es her, dass Intendant Karl-Michael Ebner das Festival aus der Taufe hob. Dieses Ereignis feierte man mit einer Neuinszenierung der "Fledermaus", uraufgeführt vor genau 140 Jahren. Regisseurin Susanne Sommer ging an den Johann-Strauss-Klassiker ganz unverblümt heran, konzentrierte sich auf die zentrale Ehekrise und inszenierte die verspätete Faschingsrache als flotte Komödie im Schickimicki-Milieu.
Dabei griff sie sehr geschickt in das Werk ein, kürzte radikal die Zwischentexte und ließ manche Nummer nur mit einer Strophe erklingen – oder gar nicht. So sind rund zweidreiviertel Stunden mit einer überlangen Pause geradezu eine Rekordzeit für die Fledermaus – nicht zu ihrem Nachteil.
Streicher sind gestrichen
Mit dem überwiegend jungen Ensemble – die meisten kommen aus Ebners "Stammhaus", der Wiener Volksoper – zauberte sie ein schwungvolles Theater mit schräg feinen Kostümen von Caterina Visconti auf die Bühne, von Georg Lindorfer ebenso perfekt mondän gestaltet. Gabriel Eisenstein ist kein Charmeur alter Schule, sondern ein karrieregeiler Yuppie, dessen Handy nie zu verstummen scheint. Überhaupt hat das Handy eine zentrale Rolle, selbst Alfreds "Täubchen, das entflattert ist", kommt als Videomessage bei Rosalinde an. Kein Samt und Plüsch des 19. Jahrhunderts, sondern – auch beziehungsmäßig – kühle Beschränkung auf das Notwendige. Das macht die Inszenierung sympathisch, weil sie die damals verständliche Gesellschaftskritik blendend für das Jetzt und Heute aktualisiert. Auch musikalisch ging man einen gewagten Weg der Reduktion. Gleich bei der Ouvertüre reißt es einen verschreckt aus den Sesseln, wenn plötzlich Passagen der Streicher von Klarinette und Flöte übernommen werden.
Schnell realisiert man, dass die Streicher nicht ihren Einsatz verpasst haben, sondern bis auf einen einzigen Kontrabass eliminiert wurden. So geschickt, als wäre es immer schon so gewesen. Der Steyrer Siegfried Andraschek hatte die zwölf Musiker seines Wiener Operettenorchesters mit gehörigem Schwung bei genau durchdachten Tempi bestens im Griff. Das Ehepaar in der Krise war mit Martina Dorak und Daniel Serafin schauspielerisch ideal besetzt, stimmlich bereitete beiden die Höhe Schwierigkeiten.
Dafür begeisterte Beate Ritter als mit Verve agierende Adele. Fein auch der Alfred von Vincent Schirrmacher, der sein tenorales Viagra großzügig und klangvoll einsetzte.
Sängerisch großartig
Eine Entdeckung ist Rafael Fingerlos, der gerade sein Masterstudium absolviert. Sein Dr. Falke war schauspielerisch wie sängerisch großartig. Der Rolle des Wunderknaben entwachsen präsentierte sich Alois Mühlbacher als famoser Prinz Orlofsky, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen und zu hören bekommt. Seine faszinierende Stimme hat sich weiterentwickelt, und er hat darstellerisch unglaublich viel gelernt. Josef Luftensteiner (Frank), Josef Krenmair (Frosch) und Raimund Stangl (Blind) rundeten mit dem geschickt eingesetzten Chor und den Statisten die gelungene Produktion überzeugend ab.
Musikfestival Steyr: "Die Fledermaus", Schloss Lamberg, Premiere am 24.7.,
OÖN Bewertung:
TV-Tipp: So., ORF 2, 10.50 Uhr: Harald Serafin besucht Sohn Daniel beim Musikfestival Steyr