Klavier-Zauber von Magier Marc-André Hamelin
Ausnahmepianist Marc-André Hamelin gastierte bei den Festwochen Gmunden.
Will man solches Spiel in Worte fassen, läuft man Gefahr, es seiner Magie zu berauben. Doch gibt es vieles, was zur Beschreibung anregt. Hamelin holt die Töne an der Oberfläche ihrer Konsistenz aus den Tasten, seine Feinheiten bewegen sich an den Rändern zur Immaterialität, die heftigsten Oktavkaskaden bleiben transparent, elastisch. In immer wieder neuer Klangphysiognomie vibrierte das Klavier. Man meinte, er hätte dem Stil jeden Stücks entsprechend das Instrument ausgewechselt.
Er lebte die Komposition
Bewusst kein großer Ton war in Mozarts später D-Dur Sonate gesetzt, dennoch differenzierte er nuancenreich. Hamelins Kompositionen, die "Variations on a theme of Paganini", zeigten sich weiters als geistreiches Rendezvous mit Größen der Klavierliteratur. Wendungen à la Chopin, Rachmaninow und Skrjabin blitzen auf, ein die Zeit außer Kraft setzender Ragtime bildet den Kontrapunkt, während Beethovens Klaviersonate op. 109 daherstürmte und zum finalen Gedanken das Paganini-Thema unter Liszts Konzertetüde "La Campanella" zum Erliegen kam.
Mit Schuberts großer B-Dur-Sonate tat sich ein neuer Kosmos auf, Hamelin bewegte sich jenseits des "Interpretierens", vielmehr: Er lebte die Komposition, das Medium "Notation" war aufgelöst in Empfindungen. Gleich einem filigranen Hauch jenseits der Zeit entschwebte das Andante, zart und äußerst delikat entschwand das Scherzo.
Festwochen Gmunden: 22. Juli, Marc-André Hamelin
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