"Kindersoldaten, Kolonialzeit, Genozid - das alles haben wir bewusst außen vor gelassen"
Die Film- und Dialogabende erinnern von 5. bis 14. April nicht an Massaker, sondern an Menschen. Die OÖN sprachen mit Leiter Martin Stöbich.
Es habe sehr viel Material über Kindersoldaten und Genozid gegeben, auch über Auswirkungen der belgischen Kolonialzeit, "aber das alles haben wir bewusst außen vor gelassen", sagt Martin Stöbich. Denn der Leiter der entwicklungspolitischen Film- und Dialogabende, die in Linz, Gramastetten, Freistadt und Haslach stattfinden (mehr unten), will alles, nur eines nicht: ein Bild von der Demokratischen Republik (DR) Kongo verbreiten, das bloß das westliche Klischee-Bild eines darniederliegenden und/oder exotischen Landes wiederholt.
Mittel zur Emanzipation
Der Gramastettner suchte daher nach Regiearbeiten, die nicht von außen über das Land in Zentralafrika erzählen, sondern von innen – durch Menschen, ihre Haltungen und Werte. Dabei hatte Stöbich das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite: "Einerseits rückt der Kongo filmisch gerade in den Vordergrund, erst vor Kurzem bei der ,Berlinale’. Andererseits entdecken die Menschen im Kongo den Film gerade stark als Medium, um sich als Teil der Gesellschaft auszudrücken, etwas zu bewegen."
Bestes Beispiel dafür ist der Eröffnungsfilm "Das Kongo Tribunal" (5. April, Moviemento Kino Linz, 18.30 Uhr). Die Arbeit von Milo Rau gibt Einblick in von dem Schweizer Regisseur organisierte und inszenierte Verhandlungen – über den Krieg im Ostkongo und Rüstungskonzerne, die davon profitieren. "Rau hat Politiker eingeladen, die dem Volk Rede und Antwort stehen mussten, das hat dazu geführt, dass einige aus dem Amt geschmissen worden sind", sagt Stöbich. Dass der Kongo mehr ist als ein Land, das wegen seiner umkämpften Rohstoffe ein Unruheherd ist, zeigt wiederum der Film "Congo River – Jenseits der Dunkelheit" (13. April, 18 Uhr, Kino Freistadt), der den Fluss von der Quelle bis zur Mündung erkundet. "Der Kongo ist in Wahrheit unvorstellbar groß", sagt Stöbich. Fast 28 Mal so groß wie Österreich. "Samt Regenwald-Zone und Meereszufluss, was eine enorme Vielfalt an dem ermöglicht, was die Natur hervorbringen kann."
Gefeiert werden bei den Filmtagen aber nicht nur Fauna und Flora, sondern auch die starke Musikkultur des Kongos. "On The Rumba River" (12. April, 18.45 Uhr, Gramastetten) skizziert etwa das Leben des in den 1990ern vergessenen "Papa Wendo", der Legende nach ein Mechaniker, der eines Tages zur Gitarre griff und etwas erfand, wofür sich der Kongo viel mehr verdient hätte, verbunden zu werden, als mit Dritte-Welt-Bildern – die afrikanische Rumba.
DAS PROGRAMM AUF EINEN BLICK
Im Moviemento Linz
5. 4.: Themenabend „Kongo Tribunal“, 18.30 Film, dann Gespräch mit Blaise Batatabo, oö. Sozialarbeiter („Volkshilfe“) mit Wurzeln im Kongo.
6. 4.: Themenabend „Inklusion“ , ab 18.30, mehr unten im „Auf ein Wort“
7. April: 18 Uhr, Kurzfilme v. Regisseurin und Journalistin Wendy Bashi, Film „Felicité“.
Gramastetten Gramaphon, 12. 4.:
18.45 Uhr, Film „On the Rumba River“, Musik mit Prince Zeka
Kino Freistadt, 13. 4.:
18 Uhr, Film „Congo River“, 20.15 Uhr: Lesung, Musik und mehr mit Mwanza Mujila
Haslach Adlerkino, 14. 4.:
19 Uhr, Film „Living in Emergency“, Vortrag Ärzte ohne Grenzen
Infos, Karten bei den Kinos und unter filmtagelinz.kukuroots.at
Auf ein Wort mit Martin Stöbich
Warum genau stehen der Kongo und Afrika im Mittelpunkt?
Wir suchen immer nach Projektpartnern, die aus erster Hand aus einem Land berichten können. Wir haben mit Vertretern der Auslandshilfe der Caritas Gespräche geführt, bei denen wir von interessanten Projekten erfahren haben. Dazu möchte ich vorausschicken, dass der Kongo noch immer für kriegerische Auseinandersetzungen und Genozid bekannt ist. Uns war aber sehr wichtig, ein anderes Bild zu zeigen. Und die Caritas betreibt Projekte, die Menschen mit Beeinträchtigung in den Alltag holen. Diese werden wir vorstellen.
Um so den Kongo als Land zu zeigen, das wie jedes soziale Probleme zu bewältigen hat?
Ja. Es ist im Kongo meistens so, dass Menschen, die körperlich beeinträchtigt sind, vom Bildungswesen ausgeschlossen sind. Ein Hauptproblem ist, dass es sehr viele an Polio erkrankte Menschen gibt. Das ist ein Problem, das bei uns durch die passenden Impfungen längst aus der Welt geschafft wurde. Ein Film, der körperliche Beeinträchtigung thematisiert, ist etwa „Benda Bilili“. Er handelt von einer Gruppe Musiker, darunter Gelähmte, die in der Hauptstadt Kinshasa auftreten.
Abend zu „Inklusion“: 6. April, Moviemento, mit Andrea Fellner, Caritas OÖ (mehr oben)