Kein kabarettistischer Kantersieg
Die Halbzeitansprache des Regisseurs muss ein verbales Donnerwetter gewesen sein, den Verbalinjurien eines José Mourinho würdig.
Nur so lässt sich die Leistungssteigerung der Herren Alfred Dorfer und Florian Scheuba nach der Pause erklären. Die erste Hälfte ihres neuen Programms "Ballverlust", das am Mittwoch im Linzer Posthof seine Oberösterreich-Premiere feierte, war nämlich das kabarettistische Äquivalent einer Hochsommerkickerei zwischen Admira/Wacker Mödling und dem FC Altach: eh redlich bemüht, im Grunde aber doch extrem zäh.
Zu krampfhaft und gewollt wirkten die Versuche des sprachgewaltigen Duos, die (männliche) Fußball-Leidenschaft philosophisch zu überhöhen. Den als Metapher für das Gute, das Wahre und das Schöne verwendeten Fußball zu dekonstruieren, ging schief. Ebenso wie der Versuch, Jean-Paul Sartre und Albert Camus mit dem österreichischen Fußball-Gelehrten Toni Polster zu verknüpfen.
"Schneckerl" erklärt den Urknall
Einziger Höhepunkt in der ersten Hälfte: Florian Scheuba als TV-Analytiker Herbert "Schneckerl" Prohaska, der in seiner gewohnt germanistikfeindlichen Kicker-Grammatik den Urknall erklärte.
Die zweite "Ballverlust"-Hälfte hatte etwas mehr Zug zum Tor. Gelungen etwa die Doppelconférence zwischen einem snobistischen Lobbyisten, der zwecks Distinktionsgewinn Fan eines Fußballclubs mit der nötigen "Street-Credibility" werden will, und einem überforderten Kicker-Experten, der ihm hilft, die Wandlung des Fußballs von der "Proleten-Gaudi" zum hippen "Lifestyle-Issue" zu verstehen.
Fein auch die Anregung eines "Prolo-Fan"-Castings, bei der arme Studenten sich ein Zubrot als professionelle Jubler im Stadion dazuverdienen können. Schließlich wollen die "G’stopften" in ihren Sky-Boxen ja vom Pöbel auf den Stehplätzen ordentlich unterhalten werden. Mehr solche bissigen Einfälle, weniger metaphysischer Überbau und "Ballverlust" wäre vielleicht ein Kantersieg geworden.
Kabarett: Alfred Dorfer & Florian Scheuba "Ballverlust", Posthof Linz, 29. 10. , weiterer Termin: 31.10.
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