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Kein Literaturnobelpreis 2018 - Das sind die Reaktionen

Von nachrichten.at/apa, 05. Mai 2018, 14:33 Uhr
Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz braucht den Literaturnobelpreis nicht. Bild: GEORG HOCHMUTH (APA/GEORG HOCHMUTH)

STOCKHOLM/WIEN. Das Aussetzen des Literaturnobelpreises hat weltweit für großes Aufsehen gesorgt. Während Buchhändler die Entscheidung bedauern, spalten sich die Meinungen unter Autoren.

Streeruwitz: "Wir brauchen ihn nicht"

Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz weint dem Literaturnobelpreis keine Träne nach. "Nein, wir brauchen ihn nicht", kommentierte sie am Freitagabend in der "ZiB2" die Entscheidung der Schwedischen Akademie, die Vergabe des Preises nach Missbrauchsvorwürfen und Rücktritten von Jury-Mitgliedern für ein Jahr auszusetzen. "Nur die Marketingabteilungen" bräuchten den Preis.

"Ich glaube, dass eine solche verkrustete Institution aufgelöst und neu aufgebaut oder überhaupt nicht aufgebaut werden soll", sagte sie mit Blick auf die Schwedische Akademie. Wenn überhaupt, sollte es den Literaturnobelpreis "in einer demokratischen Art und Weise geben, irgendwie transparenter". Bisher sei er eine "Grundanleitung für globalisiertes Denken" gewesen, zog Streeruwitz die Vorstellung in Zweifel, dass man die Weltliteratur bewerten könne. Außerdem würde die Auszeichnung auch die Schriftsteller verändern.

Die Schriftstellerin zeigte sich erfreut, dass die #metoo-Debatte in diesem Fall "Folgen" gehabt habe. Für Schweden selbst sei die Entwicklung aber "bedrückend", weil das Land eine so ausgeprägte literarische Kultur habe. In dem skandinavischen Land würden nämlich "so viele Romane verkauft wie im ganzen deutschen Sprachraum", sagte sie.

Der Kritik an der #metoo-Debatte kann Streeruwitz wenig abgewinnen. "Die Männer sind sowieso immer arm, sie werden am Ende noch daraus einen Vorteil ziehen", sagte sie zum Vorhalt, dass in der Diskussion die Grenze zwischen Missbrauch und Flirts verschwimme. Stattdessen erwarte sie sich, "dass es eine Grundkultur gibt, in der die körperliche Integrität einer jeden Person sichergestellt wird", unterstrich die Schriftstellerin, die auch die Komplizenschaft der Ehefrauen anprangerte. Diese seien "Mittäterinnen", kritisierte sie das "Hillary-Clinton-Syndrom". Wenn Frauen dem Prinzip "Stand by my man" folgen, können die Täter "damit rechnen, dass ihnen nichts passiert". Allerdings werde die "Infrastruktur für den Don Juan (...) immer kleiner und er wird einmal ganz alleine da stehen".

Radisch: "Preis hat schweren Schaden genommen"

Die deutsche Literaturjournalistin und Autorin Iris Radisch hat sich am Freitagabend in der "ZiB 24" für eine grundlegende Reform der Schwedischen Akademie ausgesprochen. Deren Entscheidung, die Vergabe des Literaturnobelpreises nach Missbrauchsvorwürfen und Rücktritten von Jury-Mitgliedern für ein Jahr auszusetzen, nannte sie "richtig und überfällig".

"Mit dieser Mannschaft konnte man diesen absolut ehrwürdigen Literaturpreis in diesem Jahr nicht vergeben", sagte sie im Hinblick auf die "unguten Machenschaften" der Mitglieder der Akademie. Für die Literaturwelt sei die Aussetzung "schlimm", aber noch schlimmer wäre es gewesen, so weiter zu machen, als sei nichts passiert, sagte Radisch. "Der Preis hat schweren Schaden genommen."

Nach Ansicht der Literaturkritikerin bedarf es "großer Renovierungsarbeiten", beziehungsweise sogar einer Neugründung der Akademie. "Es müssen neue Mitglieder gewählt werden, es können unmöglich die alten jetzt weitermachen", so die Literaturjournalistin im Interview.

Es sei richtig, eine Pause einzulegen, da sonst ein Autor von einem kompromittierten Komitee einen Preis annehmen müsste. Ihrer Meinung nach habe der Preis im Augenblick seine "Magie" verloren und das würde jeder zu spüren bekommen, der ihn jetzt von dieser Jury entgegennähme.

Dass der Ehemann eines Jurymitglieds der "Weltinstitution" einen derartigen Schaden zufügen könne, sei eine "Posse", aber das Schlimmere sei, das darauf nicht adäquat reagiert worden sei, meinte Radisch und übte Kritik an den Versuchen, den Missbrauchsskandal um den Ehemann des Akademiemitgliedes Katarina Frostenson sowie andere Vorgänge zu vertuschen.

"Ihr Amt niedergelegt haben im Augenblick vor allem diejenigen, die für eine radikale Aufklärung plädiert haben", sagte sie. Diese seien gebremst und von den anderen Mitgliedern "vor die Türe gesetzt worden". Dabei handle es sich um einen "unerträglichen Vorgang", so Radisch.

Der Einfluss von "Männerbünden" sei innerhalb der Nobelpreis-Jury "mit Händen zu greifen". Dazu gehöre auch der von der Mehrheit der Mitglieder erwirkte Amtsverzicht der Ständigen Sekretärin der Akademie, Sara Danius, der ersten Frau auf diesem Posten seit Bestehen des Literaturnobelpreises.

Ein Ende von dessen Vergabe wünscht Radisch, die die Abschaffung der Ernennung der Jurymitglieder auf Lebenszeit befürwortet, dennoch nicht. Die Verleihung des "Oscars unter den Literaturpreisen" - eine "archaische, glänzende Zeremonie", die die Literatur sonst nie erfahre - sei für sie etwas Wunderbares. "Wenn er (der Literaturnobelpreis, Anm.) sich radikal reformiert, hat er vielleicht noch eine Chance, und das hoffe ich sehr, weil wir ihn brauchen", sagte die Literaturjournalistin.

Damit vertritt Radisch eine andere Meinung als die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz. Diese hatte im "ZiB 2"-Interview am Freitagabend bekanntgegeben, auf den Literaturnobelpreis verzichten zu können. "Nur die Marketingabteilungen" bräuchten den Preis, so Streeruwitz.

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3  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 06.05.2018 15:12

> es können unmöglich die alten jetzt weitermachen", so die
> Literaturjournalistin im Interview.


Oh jemine... Journalismuskritik von einer Journalistin selber.

Das ist ja fast so rekursiv-schlimm wie die Gesetzgebung der Regierenden selber.

Stack overflow (dazu habe ich aus Lustigkeit grad den Goggl und danach den Wiki gefragt - und der erzählt Blödsinn dazu aus dem Internet grinsen die Wält steht bestimmt nimmer lang lang lang...)

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( Kommentare)
am 06.05.2018 09:11

Was soll das, da benehmen sich ein paar Jurymitglieder völlig daneben und schon wird der Oscar der Literatur in Frage gestellt, als würde er nicht die Literatur, das Schaffen auszeichnen, sondern nur im Dienste des Marketings sein.
So eine Beurteilung der österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz ist genau so daneben wie die ganze #metoo-Debatte. Im Fokus des Literaturpreises stehen nach wie vor die Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke.

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jago (57.723 Kommentare)
am 06.05.2018 15:15

Sie haben ja sonst nichts grinsen

Kaum schreiben sie was, müssens die Anwälte fürchten. Ein Zitat macht sie unangreifbar.

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