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Im Stiegenhaus der katastrophalen Lebenslügen

Von Peter Grubmüller, 06. Mai 2017, 00:04 Uhr
Im Stiegenhaus der katastrophalen Lebenslügen
Maresi Riegner (l.) als Hedvig, Gerti Drassl als Gina Ekdal Bild: Astrid Knie

Mateja Koleznik gestaltet aus Ibsens "Die Wildente" im Theater in der Josefstadt ein anrührendes Bühnenereignis.

Applaudieren erscheint einem nach diesen pausenlosen 80 Minuten als verkehrte Reaktion. Lieber noch in aller Stille sitzen bleiben, die Intensität der nüchternen Inszenierungsschönheit in sich ausbreiten lassen und den lodernden Schmerz von Gina Ekdal, deren Tochter sich erschossen hat, nicht stören. Dennoch gehört geklatscht, den Schauspielern allesamt und zuvorderst der slowenischen Regisseurin Mateja Koleznik, die mit ihrem Wien-Debüt am Donnerstag im Theater in der Josefstadt "Die Wildente" von Henrik Ibsen zu einem der anrührendsten Bühnenereignisse dieser Saison gestaltet hat.

Der Querschnitt eines von links unten aufsteigenden grauen Stiegenhauses ist die schiefe Ebene (Bühne: Raimund Orfeo Voigt), auf der die Ekdals Schritt für Schritt aus dem Gleichgewicht kommen. Koleznik lässt auf diesen Treppen das Tempo famos variieren – Moral und Verrat wälzen, rennen, schreiten rauf und runter. Der heimgekehrte Gregers Werle (Raphael von Bergen) muss sein schlechtes Gewissen lüften. Sein Vater, der Großhändler Håkon (Michael König), hat die Ekdal-Familie nicht nur finanziell in den Ruin getrieben, sondern sich auch sexuell bedient: Hedvig ist sein Kind und nicht jenes des naiven Fotografen Hjalmar (Roman Schmelzer).

Alle Männer tragen Perücken, aber die über Jahre perfekt frisierte Maskerade taugt nicht länger zur Täuschung. Håkon hat Gina geschwängert, als sie noch für ihn gearbeitet hatte. Sie flüchtete in die Ehe mit diesem Hjalmar, dem Sohn eines früheren Geschäftspartners (Siegfried Walther) des alten Werle, den dieser wegen einer Lappalie ins Gefängnis gebracht hatte. In dieser seligen Täuschung lebte Hjalmar über Jahre. Er liebte die heranwachsende Hedvig aufrichtig väterlich, ohne einen Verdacht, dass ihr etwas Fremdes anhaften könnte.

Tugendprediger Gregers zerrt wahrheitsfanatisch alles Schmerzhafte in die Biografien. Auf dem Dachboden wird nicht bloß die nie zu sehende gefangene Wildente wie ein Familienschatz umsorgt, es ist der geheimnisvolle Sehnsuchtsort, an dem sich Hedvig das Leben nimmt, weil der ins Licht gesetzte Hjalmar die einst so starken Bande zerrissen hat.

Der Abend gehört der famosen Maresi Riegner als horchende, herrlich mädchenhafte Hedvig – und Gerti Drassl, die das Geheimnis der Gina behutsam balanciert, bis es sie am Ende zerreißt. Als das tote Mädchen wie ein Kadaver nach unten gebracht wird, putzt sie wie üblich und schreiend vor Schmerz die Treppen, aber die Lügen sind nicht abzuwaschen.

Schauspiel: "Die Wildente" von Henrik Ibsen, Regie: Mateja Koleznik, Theater in der Josefstadt, Premiere: 4. Mai, Termine: 9., 10., 19., 20., 21., 24., 25. Mai; 10., 11., 14., 15., 19., 20., 23., 28., 29., 30. Juni, Karten/Info, Tel: 0142700-300, www.josefstadt.org

OÖN Bewertung:

 

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