"Wir übernehmen keinerlei Haftungsansprüche"
Brigitte Saar war 1998 beim Wrack der Titanic. Am 2. Juni erzählt sie davon in der Linzer Tabakfabrik. Bisher sahen 50.000 Menschen die von den OÖN präsentierte Schau.
Die Münchnerin Brigitte Saar kennt das Wrack der Titanic aus nächster Nähe. 1998 gewann sie eine Tauchfahrt – in einer russischen Mir-2-Kapsel mit gut zwei Metern Durchmesser – in 3800 Metern Tiefe im Nordatlantik.
Frau Saar, welche Erinnerungen an die Tauchfahrt zum Wrack der Titanic haben Sie bis heute nicht losgelassen?
Brigitte Saar: Zunächst einmal der Vertragstext, den ich kurz vor dem Tauchgang unterschreiben musste. Da stand: "Im Falle Ihres Ablebens übernehmen wir keinerlei Haftungsansprüche." Das war so ein Moment, in dem mir der Ernst des Abenteuers bewusst wurde. Viele glauben ja, man landet direkt vor dem majestätischen Bug. Das ist Lug und Trug.
Was ist wahr?
Man landet nach zweieinhalb Stunden Tauchfahrt im Sandboden und nähert sich in Etappen. Dann tauchen langsam Gegenstände auf. Ah, das sind ja Kohlebrocken, Teller, Töpfe! Und dann ist da plötzlich die Titanic. Ich war überrascht von der Größe des Schiffes.
Und dann ist man im Gefühlsrausch zwischen Abenteuerlust und Demut.
Es ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Natürlich hat man Spaß am Erforschen und ist fast euphorisch, wenn man die nächste tolle Entdeckung macht. Der Anblick des ersten Tellers hat bei mir tiefe Emotionen ausgelöst, weil da eine Verbindung zu Menschen auf dem Schiff greifbar wurde. Das ging mir sehr nah. Als wir am Mast mit der Glocke, mit der der Eisberg gemeldet worden war, vorbeifuhren, musste ich schlucken.
Die Tatsache, dass Artefakte aus dem Trümmerfeld der Titanic geborgen und in Ausstellungen gezeigt werden, scheidet die Geister. Manche sprechen sogar von Leichenfledderei. Wie sehen Sie das?
Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich im Grab herumwühle. Mir war wichtig, dass ich mich in der Kapsel ordentlich benehme. Aus Respekt. Es stellt sich die Frage, was der Sache dienlich ist. Es gibt ja keine Menschen mehr dort, die haben sich längst aufgelöst. Ich finde es viel wichtiger, ein Andenken zu erhalten, etwa bei Wanderausstellungen wie hier in Linz. Ich halte auch Vorträge, und wenn dann Schüler vor hoch getauchten Gegenständen stehen, dann wollen die mehr wissen.
Was kostet eine Tauchfahrt zur Titanic?
Meine Tauchfahrt am 9. September 1998 hatte einen Wert von 42.500 Dollar. Im Gedenkjahr 2012, also 100 Jahre nach dem Untergang, wurden Fahrten um 60.000 Dollar angeboten. Sie waren ausgebucht, wurden dann aber komplett abgesagt. Seit 2011 gibt es keine Tauchfahrten mehr. Ohne offizielle Begründung der Russen. Ich habe das Gefühl, dass Herr Putin das nicht mehr will.
Titanic-Ausstellung
Die OÖNachrichten präsentieren die Titanic-Artefakt-Ausstellung mit 200 Originalexponaten aus dem Trümmerfeld des Schiffes in der Linzer Tabakfabrik. Die Ausstellung läuft noch bis 3. Juli und ist täglich, außer Montag, von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Vortrag
Brigitte Saar war 1998 beim Wrack der Titanic. Am 2. Juni hält Sie unter dem Titel „Titanic hautnah“ zwei Vorträge. Beginn 19 bzw. 21 Uhr im Studio Noir,Tabakfabrik Linz. www.titanic-ausstellung.com