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Große Bühne für ein kleines Musikwunder

Von Peter Grubmüller, 10. Dezember 2016, 00:04 Uhr
Auf ihrem YouTube-Kanal spricht Alma Deutscher zu ihren Fans und stellt ihre neuen Kompositionen vor. Bild: Reuters

Am 29. Dezember wird die Oper "Cinderella" der elfjährigen Engländerin Alma Deutscher in Wien uraufgeführt.

Wie müssen wir uns eine Elfjährige vorstellen, die der Berliner Philharmoniker-Chef Simon Rattle brillant findet und sein Kollege Zubin Mehta zumindest so herausragend, dass er die Patronanz für die Uraufführung einer Oper übernimmt, die dieses Mädchen so nebenbei geschrieben hat? "Cinderella" heißt das bereits zweite Bühnenwerk des nicht einmal Teenagers Alma Deutscher, um das sich die Veranstalter weltweit geprügelt haben. Wien hat den Zuschlag bekommen, im ehrwürdigen Casino Baumgarten wird "Cinderella" am 29. Dezember der Weltöffentlichkeit vorgespielt. Die Uraufführung ist ausverkauft.

Alma Deutscher kam 2005 in Oxford zur Welt. Im Alter von zwei Jahren begann sie, auf dem Klavier mit einem Finger Musik, die sie gehört hatte, nachzutippen. Zwei Jahre später spielte sie auf einer Kinder-Geige Händel-Sonaten und begann ihrem Vater Melodien zu diktieren. Mit sechs Jahren notierte sie ihre erste Klavier-Sonate selbst.

Bücher über Newton und Darwin

Mit ihren Eltern – der Pianistin und Anglistin Janie und dem international renommierten israelischen Linguisten Guy Deutscher – zog sie bald in das Kaff Dorking, 40 Kilometer von London entfernt, um der nach Geigen-Wunderkind Yehudi Menuhin benannten Schule in Cobham näher zu sein. Ihr Musik-Unterricht fand neben allen herkömmlichen Fächern fortan dort statt. Aber nicht lange, weil sich das Mädchen vom täglichen Stundenplan eingeengt fühlte. Also lernte sie daheim, "mit einem Lehrer, der eine Zeit lang zu uns nach Hause kam", sagte Alma in einem Interview.

Diese Zeit ist auch vorbei. "Jetzt schlägt meine Mutter mir einfach Bücher vor. Ich liebe es zu lesen, über Geschichte, Newton und Darwin. Und natürlich über die großen Komponisten." Ihr Tagesablauf sei ganz normal: "Morgens geht es um Musik. Ich komponiere und übe Geige und Klavier. Nach dem Mittagessen habe ich Pause, da spiele ich im Garten mit meinem Springseil. Ich lese, ich schreibe Geschichten, oder ich male. Am späten Nachmittag gehe ich dann wieder an die Arbeit."

"Cinderella" ist ihre zweite Oper, aber die erste richtig große mit zwei Akten über zwei Stunden (inklusive Pause). Eine Kammerversion davon in holzschnittartiger Inszenierung wurde im Sommer in Israel aufgeführt. Wien erlebt erstmals die volle Entfaltung dieses ungeliebten Stiefkindes, das Almas Fantasie entsprechend in einem Opernhaus lebt. Die böse Stiefmutter hat das talentiert komponierende Mädchen auf den Dachboden verbannt, bis eine ihrer Melodien zum Gedicht des Prinzen passt – wie im Grimmschen Märchen der Fuß in den Schuh. Almas Vater bemüht sich, die Dämonen, die immer an den Fersen von sogenannten Wunderkindern hängen, zu vertreiben: Er wimmelt Wissenschafter ab, die den IQ seiner Tochter messen wollen, und ungefragt herbeieilende Psychologen. Dennoch platziert er seine Tochter bei Talkshows in den USA (unter anderen bei Ellen DeGeneres) und beim New Yorker Frühstücksfernsehen.

Mozart, die Zirkusattraktion

Guy Deutscher lässt Alma obendrein auf einem eigens installierten YouTube-Kanal zu ihren Fans sprechen, und der von Schriftsteller Stephen Fry angestrengte Vergleich mit Wolfgang Amadeus Mozart gefällt ihm. Mit der Einschränkung, dass der kleine Wolferl von seinem Vater wie eine Zirkusattraktion durch Europa geschleift worden sei. Der Grat zwischen Fördern und Verheizen ist eben schmaler als eine Klaviersaite.

Interviews sieht die Elfjährige als "Teil ihres Jobs", Anfang des Jahres wurde sie beim Werbekonzern M&C Saatchi in London ausgesuchten Gästen präsentiert. Ihr Agent ist Martin Campbell-White, der einst Simon Rattle entdeckt hat. Dass Alma Pizza mag, klingt da wie die erleichternde Vergewisserung, dass man es immer noch mit einem Kind zu tun hat.

 

Eine Auswahl sogenannter Musik-Wunderkinder

Claudio Monteverdi (1567– 1643): Er war der erste bekannte Komponist, von dem bereits in seiner Jugend Werke gedruckt wurden. Mit 15 erschien seine Motettensammlung „Canticulae Spirituali“. Das erste Werk, das er als vollgültig ansah, war das „Erste Madrigalbuch“, das er mit 20 Jahren publizierte.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791): Mit fünf Jahren komponierte er erste Stücke, im Alter von sieben Jahren lobte ihn sein Vater auf einer Europatournee als „das größte Wunder“ der Menschheit aus. Der Rest ist Musikgeschichte.

Ludwig van Beethoven (1770– 1827): Bereits mit sieben trat er vor Adligen und reichen Bürgern auf, wenig später spielte er als Bratscher am Hoftheater. Seine ersten Kompositionen, die „Kurfürstensonaten“, veröffentlichte er mit 13.

Maria Callas (1923–1977): Sie war eines der raren Sängerinnenwunderkinder. Im Alter von 14 Jahren – als sie bereits bei Maria Trivella studierte – debütierte sie in der „Cavalleria rusticana“ in Athen. Mit 18 sang sie in der Athener Nationaloper die Titelrolle in Giacomo Puccinis Oper „Tosca“.

Glenn Gould (1932–1982): Er erlernte ab seinem dritten Lebensjahr das Klavierspiel von seiner Mutter, mit 10 war er Student des Royal Conservatory of Music in Toronto. Ab seinem 23. Lebensjahr war er nach seinem Debüt in New York ein Weltstar.

Anne-Sophie Mutter (*1963): Mit fünf Jahren gewann sie ihren ersten Geigen-Wettbewerb, danach wurde sie der Schulpflicht entbunden und debütierte mit 13 unter Herbert von Karajan bei den Salzburger Pfingstkonzerten. Am 17. Mai 2017 wird sie im Linzer Brucknerhaus gastieren

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2  Kommentare
2  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 11.12.2016 13:20

Nix gegen ein kleines Musikwunder.

Aber wie entsteht eine große Bühne aus Erwachsenen? grinsen grinsen grinsen

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alpe (3.482 Kommentare)
am 10.12.2016 14:01

Und kaum einer nahm ein gutes Ende.

Genie und Wahnsinn liegen ja knapp nebeneinander.....

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