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Grönemeyer: "Im Alter wird die Wut präziser"

Von Peter Grubmüller, 20. Dezember 2014, 00:05 Uhr
Grönemeyer
Herbert Grönemeyer Bild: Reuters

Mit dem Album "Dauernd jetzt" stürmte er zuletzt die Charts, am 15. Juni gibt er auf der Burg Clam das erste von nur zwei Österreich-Konzerten im kommenden Jahr.

Im OÖN-Interview spricht der 58-Jährige über seine Beziehung zu Österreich, Fußball, ursprüngliche Ziele und seine Zeit des Trauerns über den Tod seiner Frau (1998).

OÖNachrichten: Sie wurden mit Ihrem zehnten Album hintereinander auf Anhieb Nummer eins. Sind die Charts für Sie noch ein Kriterium?

Herbert Grönemeyer: Das wäre kokett, wenn ich jetzt "nein" sagen würde. Das ist schon etwas Besonderes, weil das gelingt einem ja trotzdem nicht alle Tage – und natürlich freue ich mich auch für das gesamte Team. Ich möchte auch nie so blasiert werden, dass ich so etwas als selbstverständlich hinnehme. Und dann auch noch in Österreich – schön ist das.

In Österreich waren Lieder von Ihnen erfolgreich, die in Deutschland nie große Hits wurden – "Ich hab’ dich lieb", zum Beispiel…

…richtig. Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht liegt diese Zuneigung von Österreichern zu mir und umgekehrt daran, dass wir uns gegenseitig ernst nehmen. Diese Beziehung hat sich in den 80ern entwickelt, man hat mich akzeptiert, obwohl ich Deutscher bin, mit – den Vorurteilen entsprechend – großer Klappe und überheblicher Attitüde. Möglicherweise auch, weil meine Popsongs Sentimentalität in sich tragen. Das mag vererbt sein, meine Mutter kommt ja aus Estland, meine Vorfahren teilweise aus Russland. Das ist die Ecke, an der wir uns treffen. Die Deutschen haben es mit diesen Gefühlen ja sonst nicht ganz so. Sie mögen klug, heiter oder ernst sein – aber sentimental sind sie etwas weniger.

Auf Ihrem Album besingen Sie das 7:1 Deutschlands über Brasilien. Warum entfacht Fußball in Ihnen derartige Euphorie?

Wenn ich mir die Stutzen und die Stollenschuhe anziehe und auf den Rasen laufe – das ist das ultimative Glücksgefühl, vielleicht sogar noch ein bisschen schöner, als wenn ich auf die Bühne gehe. Ich bin ja auch Widder im Sternzeichen, also auch kindsköpfig. Den Ball am Fuß zu spüren, das ist ein Hochgenuss. Genauso, wenn ich ein Spiel sehe: zum Beispiel dieses 7:1 bei der WM. Da saß ich beim Public Viewing in einem Berliner Hotel und ertappte mich dabei, dass ich es so erlebte, als würde ich selbst mitspielen. Das ist auch so ein Halt in meinem Leben, weil ich dabei an alte Gefühle, die ich damals mit meinen Brüdern beim Kicken im Garten erlebt habe, andocken kann.

Hat es Sie gewurmt, dass es zum Kicker nicht gereicht hat?

Und wie, das war ärgerlich. Ich wollte nie Musiker werden, das war ich sowieso. Dass ich am Theater war, war auch klar. Ich hab’ immer in Bands gesungen, aber nie mit der Ambition, einmal erfolgreich zu werden. Fußball hab’ ich immer verfolgt, hab’ in einer Kreisauswahl gespielt und war auch relativ gut – aber nicht sehr gut. Ich hab’ als Mittelstürmer angefangen, bin dann ins Mittelfeld und war schließlich Libero, als es diese Position noch gab. Fußball ist die Lebenskultur des Ruhrgebiets, der ehemalige Trainer von Bochum, Marcel Koller, ist ja jetzt auch Trainer von eurem Nationalteam.

Haben Sie Ihre Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte gelassener werden lassen – oder skeptischer?

In den 90er Jahren lernte ich das Leben von einer Seite kennen, die man nicht kennenlernen muss. Aber an die Zeit davor knüpfe ich wieder an, das Glück hat mir eine neue Partnerin beschert, mit der ich wieder Boden unter den Füßen bekommen habe. Ich bin auf jeden Fall angstfreier geworden, ich kann mich mit komplexeren Problemen ruhiger und mutiger auseinandersetzen. Gelassener bin ich heute nur, weil ich das Leben besser kenne. Und im Alter wird die Wut präziser.

Ich will Sie nicht mit Udo Jürgens vergleichen…

...tun Sie, was Sie möchten...

…Udo Jürgens hat das Lied "Mein Bruder ist ein Maler" geschrieben, in dem es weiter heißt: "und ich bin nur ein Musikant". Einer Ihrer Brüder ist ein berühmter Arzt – haben Sie Ihn jemals beneidet?

Nein, nie. Meine Eltern wollten auch, dass ich Arzt werde. Meine Mutter kommt aus einer Arztfamilie, mein Vater war Ingenieur. Ich hatte solche Träume nie, Arzt werden wollte ich nicht. Ich begann, Jura zu studieren, war in Köln auf der Musikhochschule, und ich war immer zufrieden, was meine Eltern verblüfft hat. Ich saß einmal beim Essen auf Rügen, da kam ein älteres Ehepaar zu mir und sagte: "Wir kennen Sie aus Bochum." Ich denk mir, na gut. Am nächsten Morgen beim Frühstück kamen die wieder: "Ja, und dann saßen wir auch mit Ihrem Vater am Tennisplatz, und der sagte: ,Aus meinem Jüngsten wird nichts.’" Der Jüngste war ich – und ich war inzwischen 53. Erst da fiel mir auf, dass sich alle gefragt hatten, was ich eigentlich mache. Ich war stolz auf meine Brüder, aber ich war auch mit mir zufrieden.

Haben Sie bereut, die Trauer über den Tod Ihrer Frau mit dem Publikum geteilt zu haben?

Nein. Ich glaube, ich hab’ die Trauer auch nicht geteilt, sondern Trauer thematisiert. Man darf nicht vergessen, ich bin in Deutschland zwar bekannt, aber manchen auch etwas fremd. Und trotzdem ist große Anteilnahme zu mir gekommen. Meine Lieder baten ja nicht darum, dass mir jemand beistehen soll, sondern sie fragten: Was ist das eigentlich, in welche Welt tritt man dann ein? Trauer ist ein Teil unseres Lebens – wie Glück. Diese Lieder waren der einzige Weg, wieder Fuß zu fassen. Ich habe vor kurzem die Schauspielerin Johanna von Koczian getroffen. Sie sagte zu mir, das Lied "Der Weg" habe ihr Mut gemacht, als ihr Mann gestorben war. Darüber freue ich mich, dafür ist Musik da. Aber ich will nicht in dieser Rolle verhaftet werden.

Tut es Ihnen leid, dass die Öffentlichkeit Ihr komisches Talent so gut wie gar nicht wahrnimmt?

Tja, das ist so, komisch. In meinem Freundeskreis gelte ich als Frohnatur. Es wurde mit mir oft nur über meine politischen Texte gesprochen. Obwohl ich viele meiner Lieder auch lustig finde, zum Beispiel "Männer" – ich hab’ mir dabei keine großen Gedanken über das Männerbild gemacht – oder "Kinder an die Macht" oder "Mambo" oder "Was soll das?". Die Deutschen wollen mich offenbar lieber als strengen Denker (lacht).

 

Burg Clam Konzerte 2015

Die OÖNachrichten präsentieren das 25-jährige Jubiläum des Clam-Konzertsommers:
8. Juni: One Republic
15. Juni: Herbert Grönemeyer
21. Juni: Toto und Roger Hodgson
5. Juli: Clam Rock mit Status Quo, Eric Burdon, Uriah Heep, Nazareth, Doors Alive.
12. Juli: Mark Knopfler
19. Juli: Carlos Santana
24. Juli: Hubert von Goisern

Karten gibt es unter der OÖN-Tickethotline 0732 / 7805-805 sowie in den OÖN-Vorverkaufsstellen in Linz, Wels, Ried.

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1  Kommentar
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jack_candy (7.825 Kommentare)
am 20.12.2014 20:11

Eine Frage fehlt mir in dem Interview: Wie kam es dazu, dass Grönemeyer auf dem neuen Album von Gang Of Four singt?

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