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Eine mysteriöse Obstdiebin

Von Christian Schacherreiter, 18. Dezember 2017, 00:04 Uhr
Eine mysteriöse Obstdiebin
Auch Peter Handkes jüngstes Werk beginnt mit einem Aufbruch. Bild: APA

Peter Handkes neuer Roman verführt zu einer veränderten Lesart.

Peter Handke hat einen neuen Roman geschrieben, aber wir können beruhigt sein: Etwas wirklich Neues gibt es eh nicht bei ihm. Handke ist Handke ist Handke…

Die Ausgangssituation in "Die Obstdiebin" ist vertraut: der Aufbruch des Helden oder der Heldin zu einem Spaziergang, einer Wanderung, einer Reise. Der Ort des Aufbruchs ist die "Niemandsbucht", jener Pariser Vorort, in dem Handke seit etwa 25 Jahren lebt und den Handke-Leser aus seinem Roman "Mein Jahr in der Niemandsbucht" kennen.

Skizze statt Handlung

Es ist also der Autor selbst, der, als er von einer Biene gestochen wird, weiß: Es ist wieder einmal Zeit zum Aufbruch, diesmal in das nördliche Frankreich. An diesem "Stich-Tag" beginnt die Geschichte von der Obstdiebin im Kopf des Erzählers Gestalt anzunehmen. Geschlossen wird diese Gestalt am Schluss nicht. Wenn der Erzähler auf den folgenden 550 Seiten hinter dieser mysteriösen Obstdiebin und ihrer Geschichte her ist, dann können wir seine Suche auch als Metapher verstehen für den kreativen Prozess. Sie bleibt Skizze, Vermutung und vages Konstrukt. Die Titelfigur erinnert an andere Figuren bei Handke, die in ihrer unbekümmerten Naivität wie Erlöserfiguren wirken. Geht man an dieses Buch mit dem Blick üblicher Lesegewohnheiten heran, kann man nur resignieren.

Peter Handke konstruiert keine fiktive Romanwelt mit Figurenpsychologie und kausalen Handlungsketten. Seine Figuren wirken oft mythisch. Gleichzeitig löst er eine Romanhandlung auf in lose verbundene Handlungselemente, inhaltliche Exkurse, abschweifende Gedanken, überraschende Wahrnehmungen, auch plötzliche Affekteinbrüche. Und dafür lässt er sich Zeit. "Zeitnot verflogen", sagt der Erzähler gleich zu Beginn. Diese wunderliche Mischung aus Mythos und Modernität, verbunden mit stilistischer Meisterschaft, ergibt den unverwechselbaren Stil seiner Erzählkunst, an dem sich die Geister scheiden. Wenn man als Leser bereit ist, sich auf Handlungsarmut, Entschleunigung und poetische Kühnheit einzulassen, liest man Handkes Prosa immer wieder mit Gewinn. Er verführt uns zur Veränderung unseres Lesens, unserer Wahrnehmung und unserer Haltung zur Welt. Und das ist vielleicht radikaler als manches, was sich nur radikal gebärdet.

Eine mysteriöse Obstdiebin
Auch Peter Handkes jüngstes Werk beginnt mit einem Aufbruch.

Peter Handke: "Die Obstdiebin", Roman, Suhrkamp, 558 S., 35 Euro

OÖN Bewertung:

 

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