Fünf Konzerte auf drei Kontinenten: Mit Auftritten in Chicago, Moskau, Dublin, Miami und Montevideo startet Plácido Domingo ins Jahr 2016. Singen scheint sein Jungbrunnen zu sein, wird der Tenor doch am 21. Jänner 75 Jahre alt. "Wenn ich 75 werde, ist das so, als würde ich zum dritten Mal 25", sagt Domingo.
Feiern möchte er erst am 29. Juni – im Bernabéu-Stadion, in der riesigen Fußballarena seines Lieblingsvereins Real Madrid. "Unser Stadion wird immer dein Zuhause sein", versprach Real-Präsident Florentino Perez dem Sänger und treuen Fan.
Als Sänger und Dirigent blickt er auf eine fast 55-jährige Bühnenkarriere zurück. Mehr als 145 Opernrollen hat er gesungen. An der Wiener Staatsoper schenkte das Publikum seinem "Tenorissimo" einst einen einstündigen Applaus während an die 100 Vorhänge. Im Theater an der Wien gab er im Dezember 2010 seine 3500ste Opernvorstellung und wurde als der "Weltmeister der Oper" bejubelt.
"Ich bin schon seit vielen Jahren Profi, doch ich habe die Seele eines Anfängers. Bei allem, was ich beginne, bin ich mit vollem Enthusiasmus am Werk", sagte er in einem Interview mit den OÖNachrichten vor zwei Jahren bei den Salzburger Festspielen.
Wie lange seine Karriere wähnt, umschreibt er augenzwinkernd: "Zu Beginn meiner Karriere hatte ich mit Frauen im Duett gesungen, die meine Großmütter hätten sein können, heute trete ich mit Kolleginnen auf, die meine Enkelinnen sein könnten. Bis zu den Urenkelinnen werde ich wohl nicht durchhalten."
Vor wenigen Jahren wechselte der Tenor ins Baritonfach. "Auf diese Weise kann ich meine Karriere noch ein wenig verlängern. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich viele Tenorpartien nicht mehr so mühelos singen kann wie zu meinen besten Zeiten." Als Bariton hatte der Sohn zweier Sänger beizeiten auch seine Karriere begonnen. Als Domingo acht Jahre alt war, wanderte die Familie nach Mexiko aus, wo er seine musikalische Ausbildung erhielt.
Den internationalen Durchbruch schaffte er 1968 in New York. Den Höhepunkt seiner Karriere erlebte er nach eigenen Worten in Hamburg. "Dort sang ich 1975 meinen ersten Otello. Die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung. Ich glaube, so gut habe ich sonst nie in meinem Leben gesungen." Zwei Jahre zuvor hatte er in New York sein Debüt als Dirigent gegeben.
Seine größten kommerziellen Erfolge feierte der Sänger als einer der "Drei Tenöre" zusammen mit Luciano Pavarotti und José Carreras. "Keiner von uns drei hätte erwartet, dass wir für solch Furore sorgen würden. Eigentlich hatten wir nur das Comeback von Carreras feiern wollen, der nach seiner Leukämie-Erkrankung auf die Bühne zurückgekehrt war."
Ob er mit 75 Jahren nicht langsam an seine Pensionierung denkt? Kein bisschen. "Wenn ich raste, roste ich." Seinem Namen Plácido Domingo, der übersetzt "gemütlicher Sonntag" bedeutet, macht er in dieser Hinsicht keine Ehre.
18./19. 1.: Ö1, ab 0.08 Uhr, Verdis „Luisa Miller“ in London, 1979, dirigiert von Lorin Maazel
21. 1., Ö1, 19.30 Uhr: „Stimmen hören“ blickt zurück auf Domingos Tenor-Jahrzehnte.
23. 1., 3sat, 20.15 Uhr: Plácido Domingo als „Rigoletto“ in der Regie von Marco Bellocchio, der die Oper mit 30 Kameras begleitet hat