Die Nachricht von Sam ist angekommen

Von Helmut Atteneder   20.März 2017

Als im Jahr 1990 der Film "Ghost – Nachricht von Sam" in die Kinos kam, war die Geschlechterverteilung klar geregelt: Frauen gingen ins Kino, die Männer trafen sich derweil auf ein Bier. Das lag zum einen an Hauptdarsteller Patrick Swayze, der den Herren der Zunft ein paar Jahre zuvor als hüftschwingender Dirty-Dancer veritabel zugesetzt hatte: Plötzlich wollte (fast) jede Frau mit so einem Kerl zumindest einmal ausgehen. Das vergisst Mann nicht. Zweitens lag es am Thema: Eine tragische Liebesgeschichte, bei der der Mann aus dem Jenseits mit seiner Holden in Kontakt tritt, ist jedermanns Sache nicht.

Jetzt gibt es dazu ein Musical (Buch Bruce Rubin, Musik Dave Stewart, Glen Ballard) – und das wurde am Samstag erstmals in deutscher Sprache im Musiktheater gezeigt. Die Geschlechter im vollbesetzten großen Haus waren ausgewogen verteilt, und kaum jemand, ob Mann oder Frau, hat sein Kommen bedauert.

Das lag zunächst einmal daran, dass dieses Stück (fast) frei von übertriebener Gefühlsduselei ist. Der Griff in die Kitschkiste bleibt gänzlich aus, dafür hält die Inszenierung das, was eine Arbeit des Linzer Musical-Chefs Matthias Davids fast immer verspricht: kurzweilige Unterhaltung, garniert mit vielen (Bühnen-)Tricks, witzigen Elementen und einem großartigen Bühnenbild (für das Hans Kudlich verantwortlich ist). Er verzichtet auf übertriebenen Gefühlskitsch und hat aus seinem "Ghost" ein romantisches Märchen gemacht. Wieder einmal ist es das Linzer Ensemble, das alle Ideen fabelhaft umsetzt. Die Spielfreude steckt an, stimmlich, darstellerisch, tänzerisch bleibt kein Wunsch offen.

Ein Glücksfall namens Greco

Riccardo Greco (Sam) ist ein Glücksfall für Linz. Künstler seines Formats "müssten" nicht in Linz auftreten, sie tun es aber, weil sie sich hier austoben können, weil sie geschätzt und gezielt gefördert werden. Das Ergebnis waren Standing Ovations (auch vom männlichen Teil des Premierenpublikums).

Zum Triumph trägt auch Ana Milva Gomes, vorgebliches Medium, ein Gutteil bei. Ihre Rollenauslegung der witzig-zwielichtigen Überträgerin von Sams Botschaften ins Diesseits war fast eins zu eins mit der legendären Filmdarstellerin Whoopi Goldberg vergleichbar – und stand dieser in nichts nach. Anaïs Lueken gibt eine glaubwürdige, nicht in Gefühlsduselei verfallende Molly, und Peter Lewys Preston überzeugt in seiner Darstellung von Carl, Sams vorgeblichem Freund. Hervorragend ist auch Gernot Romic, als wütend rappender U-Bahn-Geist.

Sam geht durch die Tür

Diese Inszenierung zeigt auch, was das Linzer Musiktheater technisch draufhat. Alles wird irgendwie ausgereizt, sei es nach oben, unten und auch hinüber in die Zwischenwelt, in der Sam nach seiner Ermordung eingesperrt ist. Technische Raffinesse erlaubt ein Schnuppern in eine transzendente Welt: Sam, der durch eine Tür geht, Sam der durch eine Zigarettenschachtel greift, Menschen, die in fremde Körper fahren und diese spektakulär wieder verlassen.

Zum Schluss brechen alle Dämme, Sam bringt aus der Zwischenwelt die weltlichen Dinge wieder ins Lot und kann endlich gehen. The End. Fazit: Linz hat wieder einen Publikumshit, der dem einen oder anderen vielleicht ein wenig zu perfekt und damit zu aalglatt sein könnte.

Musical: "Ghost – Nachricht von Sam", Musiktheater Linz, 18. 3. Nächste Termine: 20., 28., 30. März, 2., 7., 9. April. www.landestheater-linz.at

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