"Der schönste Satz, den eine Mutter ihrem Kind mitgeben kann"
Adele Neuhauser über Trauer, Rauchen und die Freundschaft zu Harald Krassnitzer.
Ihren Vater, ihre Mutter und ihren Bruder hat Adele Neuhauser (58) innerhalb eines einzigen Jahres verloren. Verarbeitet hat die Schauspielerin diese Verluste unter anderem durch das Schreiben einer Biografie. Am 5. Oktober liest die "Tatort"-Kommissarin in der Thalia-Filiale Linz ab 19 Uhr aus ihrem Buch, am 6. Oktober ab 19 Uhr in der Buchhandlung Ennsthaler in Steyr.
OÖN: Die Leute lieben Sie als Bibi Fellner im "Tatort" und als Julie Zirbner in "Vier Frauen und ein Todesfall". Jetzt haben Sie in Ihrem Buch über die echte Adele Neuhauser geschrieben. Warum?
Adele Neuhauser: Sicher aufgrund meiner Popularität sind einige Verlage auf mich zugekommen. Ich habe mich schließlich mit der Idee angefreundet, allerdings sind dann diese Schicksalsschläge gekommen und ich dachte, jetzt kann ich gar nicht schreiben. Im Endeffekt habe ich es aber dann als Chance genommen und es hat sich für mich als die wertvollste Trauerarbeit herausgestellt, die ich leisten konnte. Es hätten sich diese positiven Gefühle nicht eingestellt, wenn ich dieses Buch nicht geschrieben hätte.
Sie beschreiben sehr offen, wie es Ihnen nach dem Tod gleich dreier Familienmitglieder, Vater, Mutter und Bruder, innerhalb eines Jahres ergangen ist. Wie hat Sie diese Erfahrung verändert?
Es hat mich förmlich aufgeladen, mit positiver Energie gespeist. Die Tatsache, dass mein Bruder gegangen ist, habe ich länger nicht akzeptieren wollen. Musste ich aber irgendwann, geht ja nicht anders. Er war so voller Lebensfreude, voller Liebe. Ich habe irgendwie das Gefühl, als hätten sich diese Lebensfreude und diese Liebe auf mich übertragen. Natürlich bin ich ab und zu noch traurig, aber meine Tränen fließen aus Liebe und nicht aus Verzweiflung.
Sie haben versucht, das Leben Ihres Bruders mit einer Stammzellenspende zu retten, beschreiben, wie Sie dabei im Krankenhaus das Drehbuch für den nächsten "Tatort" lernten…
Es war eine absurde Situation. Es war so verrückt, ich habe vor vielen Jahren einmal eine Leukämie-Gala in Regensburg moderiert. Dort habe ich viele Gespräche mit Spendern und Menschen, die die Krankheit überstanden haben, geführt. Nach so vielen Jahren war ich dann plötzlich in der Lage, dass ich meinem Bruder mit meinen Stammzellen vielleicht helfen hätte können. Ich kann das gar nicht richtig in Worte fassen. Ich habe während dieser Stammzellenspende Szenen für den "Tatort" vorbereitet. Diese seltsame Parallelität der Szenen, in denen Bibi Fellner erfährt, dass sie möglicherweise mit Ebola infiziert ist – das war ein bisserl zu heftig.
Eine sehr berührende Stelle in Ihrem Buch ist jene, in der Sie versuchen, sich als junge Schauspielerin den Arm zu brechen, um einen Ausweg aus einem schrecklichen Engagement zu finden. Mit vielen Jahren Abstand – was würden Sie Ihrem jüngeren Ich heute raten?
Versuche zu vermeiden, dich auf etwas einzulassen, was dir nicht gut tun wird, und lass dich nicht nur aus deinem unglaublichen Drang heraus leiten – "Ich muss jetzt unbedingt auf die Bühne." Es ist aber müßig darüber nachzudenken. Ich habe mir verziehen, nein, das ist Quatsch, es gibt ja nichts zu verzeihen. Es hat mir nur für mich leidgetan, dass ich mich in diese Situation gebracht habe.
"Bist Manderl oder Weiberl?" ist einer der Sätze, die jemand zu Ihnen gesagt hat und der Ihnen im Kopf hängen geblieben ist, ein anderer jener von Erni Mangold, die Ihnen bei der Aufnahmeprüfung in der Schauspielschule den Halbsatz zuraunte: "Nur weil deine Tante oder Oma gesagt hat, du sollst Schauspielerin werden…" Ist aus diesen Sätzen nur Verunsicherung entstanden, oder können Sie da auch etwas Gutes rausnehmen?
Ich habe mich trotz dieser Sätze durchgesetzt. Sie haben keine Relevanz mehr. Aber sie haben mich schon irritiert. Ich habe sie vor allem nicht verstanden. Will sie mich provozieren? Ich konnte es nicht einordnen. Und ich finde es auch unverschämt, den Traum eines jungen Menschen so zu vergiften.
Sie schreiben darüber, wie wichtig das Gehen für Sie ist, und sind als starke Raucherin bekannt...
Am 18. November soll eine günstige Sternenkonstellation sein, um aufzuhören. Da probiere ich’s jetzt mal.
Ja, super!
Ja? Ja! Ich bin noch nicht so überzeugt.
Sie beschreiben, wie lieb sich "Tatort"-Kollege Harald Krassnitzer um Sie gekümmert hat. Ist eine so gute Freundschaft eine Seltenheit in der TV-Welt?
Das ist schon was Besonderes. Freundschaften sind sowieso etwas Besonderes, etwas ganz Einzigartiges. Die letzten zwei Jahre waren so schwierig für mich, da war Harry mir eine große Stütze. Ich möchte ihn nicht missen in meinem Leben. Er ist ein ganz besonderer Mensch.
"Adele, wo ist eigentlich dein Glück?" – diesen Satz hat Ihre Mutter kurz vor ihrem Tod zu Ihnen gesagt. Haben Sie mittlerweile eine Antwort darauf gefunden?
Ich glaube, dass diese Frage sich immer wieder mit anderen Vorzeichen beantworten lässt. Ich glaube auch, dass meine Mutter mich im Endeffekt liebevoll ermahnen wollte, ein bisschen auf mich zu schauen, meine Zufriedenheit zu finden. Ich würde mich jetzt gar nicht so auf die Suche nach dem Glück machen, das ist so vergänglich, aber die Ruhe und die Zufriedenheit, die können bleiben. Ich bin ihr für diesen Satz und dieses letzte Gespräch so unendlich dankbar. Das ist der schönste Satz, den eine Mutter ihrem Kind mitgeben kann. Ein warmer, liebevoller, umarmender Satz. Es erfüllt mich nicht mit Trauer, sondern mit Neugier – morgens aufzuwachen und mit diesem Satz in die Welt zu gehen, ist ein schönes Gefühl.
Adele Neuhauser: "Ich war mein größter Feind", Brandstätter Verlag, 216 Seiten, 21,90 Euro
Heutzutage glaubt wohl jeder ein autobiografisches Buch schreiben zu müssen.
Na ja , wenn er/sie genuegend "Freunde" hat die dieses Buch kaufen , dann ist das dann auch eine kleine Selbstbestaetigung
ich enthalte mich dem Lesen .. ebenso den Filme von ihr.
Eine tolle Frau. Und weil das so ist,gibt's sofort abwertende Äußerungen. Das ist so typisch österreichisch.