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Der musizierende Literatur-Maler

Von Peter Grubmüller, 11. Mai 2013, 00:04 Uhr
Der musizierende Literatur-Maler
Gerhard Rühm in den 50er Jahren als maßgebliches Mitglied der „Wiener Gruppe“. Bild: Festwochen

Salzkammergut Festwochen: In Gmunden wird heuer vom 8. bis 11. August ein Fest für den Musiker, Literaten und bildenden Künstler Gerhard Rühm gefeiert.

Von 1972 bis 1996 war Gerhard Rühm Professor an der Universität für bildende Künste in Hamburg, heute ist der Wiener 83 und strotzt vor Arbeitslust. Die Salzkammergut Festwochen zelebrieren das Werk des Mitbegründers der „Wiener Gruppe“ mit Lesungen, Ausstellungen, Konzerten und Gästen wie Christian Ludwig Attersee, Peter Weibel, Friedrich Achleitner.

 

OÖNachrichten: Ihre Arbeit ist ungemein vielfältig, wo orten Sie selbst die Schwerpunkte?

Gerhard Rühm: Meine Sachen gehen ineinander über. Es sind Texte, die man genauso gut der Musik zuordnen kann, weil sie musikalische Parameter haben, etwa Rhythmus oder Lautstärken. Oder Geschriebenes oder Bedrucktes, das ich collagiere, dann geht es wieder Richtung bildende Kunst.

Aber am Anfang war die Musik?

Das war mein Schwerpunkt bis 1954. Ich hab’ ja Komposition studiert, auch bei Josef Matthias Hauer, dem Zwölfton-Komponisten. Meine erste Literatur, die ich heute gelten lasse, stammt von 1952 – Gedichte, Kurzprosa.

Und dann die Wiener Gruppe...

...ab 1954 – 1955 kam noch Friedrich Achleitner dazu. Ich hab’ aber weiter Zeichnungen oder Fotomontagen gemacht. Im Lauf der Jahre hat sich alles vernetzt, es ging an die Grenzen der Gattungen. Sogar so weit, dass ich zur visuellen Poesie auch die visuelle Musik entwickelt habe. Die visuelle Poesie muss man sehen und nicht hören, weil sie sich auf der Fläche abspielt – in Extremfällen sogar im Raum. Im Unterschied zur auditiven Poesie, die man hören muss, um sie zu verstehen.

Ihr Vater war bei den Wiener Philharmonikern. Wie hat er auf diesen Sohn reagiert, der ihn mit Zwölfton-Musik bearbeitet hat?

Die Philharmoniker waren damals noch viel konservativer als heute, ihre Musik hat bei Richard Strauss aufgehört. Mein Vater ist wütend geworden, wenn ich Schönberg gespielt habe, in seinen Augen war das keine Musik. Meine Mutter hat mich bestärkt – nicht, weil es ihr gefallen hätte, aber sie war sehr tolerant. Mein Vater hat einmal meine mühsam erworbenen Schönberg-Noten zerrissen. Meine Mutter hat mir Geld gegeben, damit ich mir neue kaufen konnte – gespielt hab’ ich, wenn er weg war.

Was hat Sie an der neuen Musik fasziniert?

Es hatte auch damit zu tun, dass diese Musik während der Nazizeit als entartete Kunst nicht nur verboten, sondern sogar verfolgt war. Mich hat interessiert, wie diese verbotenen Stücke klingen.

In Gmunden wurden schon Friederike Mayröcker, Josef Winkler, Robert Menasse oder Peter Handke gefeiert. Fühlen Sie sich in dieser Gesellschaft wohl?

Teils, teils – mit Friederike Mayröcker bin ich seit den 50er Jahren eng befreundet. Josef Winkler zähle ich zu den interessanten jüngeren Leuten, auch Menasse macht auf seine Art wichtige Dinge, vor allem mit seinem politischen Engagement.

Warum sparen Sie Handke aus?

Ich stehe Handke sehr distanziert gegenüber. Ich mag diese Art von Literatur nicht. Das hat für mich etwas manieriert Weinerliches. Jörg Drews hat aufgrund eines Buches von Handke den schönen Titel gewählt: Die neue Weinerlichkeit.

Sie haben einmal gesagt, ein Bestseller könne keine gute Literatur sein. Stimmen Sie dem noch zu?

Nicht ganz, in Ausnahmefällen kann es schon passieren. Aber bei einem Bestseller sprechen wir von einem Millionen-Publikum und ich kann mir nicht vorstellen, dass Millionen mit Vergnügen den „Ulysses“ von James Joyce lesen.

Sie arbeiten gerade an einem Theaterstück, worum geht es?

Es ist ein Stück, das sicher nicht aufgeführt werden wird. Es ist weit weg vom üblichen, psychologisierenden Dialog-Theater. Es ist ein Versuch, die konkrete Poesie auf das Theater anzuwenden – trotzdem mit rotem Faden. Es hängt mit dem Leben des Komponisten Hugo Wolf zusammen, der Titel ist: „Hugo Wolf und drei Grazien, letzter Akt“. Hugo Wolf ist ja im Irrenhaus zugrunde gegangen und ich hab’ mich dafür auch mit der Sprache der Schizophrenen intensiv beschäftigt.

Festwochen-Vielfalt

Wer sich bei den Salzkammergut-Festwochen Gmunden (19. Juli – 31. August) nichts findet, der ist nie zufriedenzustellen. Mit einem Budget von 470.000 Euro komponiert Intendantin Jutta Skokan prächtige Vielfalt an das Traunsee-Ufer: Blues mit Al Cook, Lesungen mit Thekla Carola Wied, Sunnyi Melles, Fritz Karl, Bodo Hell, Chris Pichler, Eva Mattes und Neu-Jedermann Cornelius Obonya. Es tönt die halbszenische Oper „Così fan tutte“ mit dem Orchester der TU Wien (Dirigent Juan Pablo Simón), es funkeln Jazz-Glanzlichter mit Paul Zauners Blue Brass feat. Mansur Scott, dem Kenny Garrett Quintet und PianoForteBrass. Dazu Singer-Songwriter-Abende mit „Ernst Molden & Der Nino aus Wien“, fünf prächtige Kinderveranstaltungen und viele Ausstellungen. Zum Auftakt am 19. Juli im Stadttheater wird Theresia Walser, die als Dramatikerin erfolgreiche Tochter von Schriftsteller Martin Walser, die Eröffnungsrede halten. Insgesamt sind 400 Künstler für 76 Veranstaltungen an 26 Schauplätzen angekündigt.

www.festwochen-gmunden.at, 07612/70630

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1  Kommentar
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mikerol (18 Kommentare)
am 11.05.2013 17:23

finde ich Gerhard Ruehm - das Unglueck der Nazi Zeit erfordert dann diesen Nachholbedarft der Jahrzehnter hinter der Zeit hinkt. Die Wiener Gruppe hat Handke seinen Erfolg nie verzeiht - weinerlich? Pathos zu einer Zeit, aber wohl berechtigt. Manchmal luegt der Handkem das hilft der Sache nicht, ansonstens ist er oft einer der ganz Grossen. http://handke-magazin.blogspot.com/2010/06/handke-magazine-is-over-arching-site.html

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