Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Der mächtigste Strippenzieher der Kunstwelt in Linz

Von Peter Grubmüller, 08. September 2017, 00:04 Uhr
Bild 1 von 13
Bildergalerie Ars Electronica: Rundgang durch die PostCity
Bild: (Alexander Schwarzl)

Ars Electronica Festival: Hans Ulrich Obrist erwartet die digitalen Kunstwerke von morgen wie sich ständig verändernde Lebewesen.

Wenn dieser Schweizer in Ausstellungen ein Kunstwerk um wenige Minuten länger als andere betrachtet, hat sich dessen Wert verzehnfacht. Hans Ulrich Obrist ist künstlerischer Leiter der Londoner Serpentine Galleries und der einflussreichste Kunstkurator der Welt. Diesen Titel hat er mit Brief und Siegel, er wurde ihm vom weltweit führenden Kunstmagazin "ArtReview" 2016 schon zum zweiten Mal zuerkannt. Beim Linzer Ars Electronica Festival sprach der 49-Jährige gestern im Rahmen der "Gluon Session" über Modelle einer Zusammenarbeit von Künstlern und Wissenschaftern.

Obrist denkt über seine Bedeutung als Strippenzieher der Szene nicht nach – auch nicht über die Macht, die er mit seinen Einschätzungen ausübe. "Ich erledige bloß meine Arbeit, aber ich freue mich, wenn diese Arbeit nützlich ist", sagt er im Gespräch mit den OÖN.

Im Alter von elf Jahren hat er sich in Giacomettis großartig ausgemergelte Bronze-Figuren verliebt, ab 15 suchte er obsessiv nach Begegnungen mit Künstlern. 1993, als er 24 war, überredete Obrist 70 der gefragtesten Künstler dazu, ihre Werke auf den zwölf Quadratmetern seines Zimmers in einem Pariser Zwei-Sterne-Hotel auszustellen. Heute rennen ihm die Kunststars hinterher.

50 Tassen Espresso pro Tag

Durch die Linzer Postcity – das pochende Herz des Festivals – schlendert Obrist halbwegs unbelästigt, aber nicht entspannt. Einer wie er jagt in einem fort das Neue. Wachsein ist oberstes Gebot in der Kunstwelt, und weil Obrist sein Vielflieger- und Vielredner-Pensum durchhalten muss, habe er einst auf die Balzac-Methode (50 Tassen Espresso pro Tag) vertraut. Nach seinem Zusammenbruch im Anschluss eines von ihm initiierten 24-Stunden-Interview-Marathons stellte er auf Leonardo da Vincis Gewohnheiten um: alle drei Stunden 15 Minuten Schlaf.

"Wer die Kunst der Gegenwart verstehen will, der muss wissen, was in der Wissenschaft passiert, der muss auch von Musik genauso Ahnung haben wie von Literatur. Es geht nicht mehr darum, die Arbeiten von Künstlern auszustellen, sondern wer das 21. Jahrhundert verstehen will, muss alle Disziplinen zusammenbringen", sagt Obrist, der auch mit der Wiener Lyrikerin Friederike Mayröcker zusammengearbeitet hat.

Das Spannende am Einsickern der Digitalisierung in die Kunst seien sich auf Algorithmus-Basis ständig verändernde Arbeiten. Natürlich öffne sich auf diese Weise auch ein neuer Kunstmarkt. Kein Mensch werde sich einen "Loop" (Film in Endlosschleife) der bisherigen Medienkunst daheim aufstellen, sondern eher Werke des US-Amerikaners Ian Cheng. Obrist: "Seine Arbeiten entwickeln sich über 20, 30 Jahre wie ein Lebewesen, weil seine Simulationen lernen und sich ändern." Obrist bevorzugt es, diese Kunst kostenfrei – dem Ursprungsgedanken des World Wide Web folgend – zugänglich zu machen. "Auf unserer Homepage serpentinegalleries.org kann jeder gratis Chengs App ,Corgi‘ herunterladen. Corgi ist ein Hund, der nicht wirklich tut, was man von ihm will – lassen Sie sich überraschen", sagt Obrist. "Und große, wichtige Kunst macht aus, dass man sie immer wieder anschauen will."

Wohin die digitale Kunstreise geht, vermag Obrist dennoch nur zu erahnen. "Stellen wir uns vor", sagt er, "wir sitzen im 19. Jahrhundert in der Oper und plötzlich kurbeln Menschen per Hand ein Bühnenbild an uns vorüber. Quasi als Vorstufe des Kinos. In dieser Kurbel-Phase befinden wir uns in der digitalen Kunst. Aber ich versichere, es wird spannend."

Film-Rundgang durch die Linzer Postcity:

mehr aus Kultur

Meister des Stahls: Richard Serra ist tot

Anton Bruckners Meistersinger

"One Life": Wie Nicky Winton 669 Kinder vor Hitler rettete

Wolfgang Gurlitt: Kunsthändler und Profiteur

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen