Der erste Märtyrer der Schwulen
Künstler, Dandy, Humorist, Lebemensch – das alles hat die feine Londoner Gesellschaft an Autor Oscar Wilde (1854–1900) geliebt. Dass er schwul war, das wurde ihm nicht verziehen.
Der vermögende Vater seines jungen Liebhabers zerrte Wilde wegen Unzucht vor Gericht, wo er zu zwei Jahren Gefängnis samt Zwangsarbeit verurteilt wurde. Wieder entlassen, halfen ihm wenige verbliebene Freunde, nach Paris zu flüchten, wo er absolut verarmt und gesundheitlich schwer angeschlagen mit 46 Jahren gestorben ist.
Diesem letzten Lebensabschnitt widmet Rupert Everett sein nach Wilde’s Märchen "The Happy Prince" benanntes Regiedebüt, in dem er sich auch als Hauptdarsteller einsetzt. Der fesche Everett zeigt Mut zur Hässlichkeit und präsentiert auch die unschönen Seiten von Wilde, der den ihn aufrichtig liebenden Robbie (Edwin Thomas) abweist, seine Frau (Emily Watson), mit der er zwei Söhne hatte, für den 16 Jahre jüngeren Liebhaber (androgyn und snobistisch Colin Morgan) stehen gelassen hat. In feiner Nebenrolle zu sehen: Colin Firth.
Everett entwickelt ein intensives Porträt mit unbekannten Seiten des Dichters. Und er kann dem alternden, verfetteten Lebemann noch Charme und Humor geben. Everett sieht in Wilde den "ersten Märtyrer der Schwulenbewegung". Es war ihm Anliegen, diesen zu würdigen: Das ist ihm, wenn manchmal auch etwas schwülstig und melodramatisch, gelungen.
"The Happy Prince", D/GB/B/I 2018; 110 Min.
OÖN Bewertung: