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Der dumpfe Nachhall des Echos

Von Julia Evers, 19. April 2018, 00:04 Uhr
Der dumpfe Nachhall des Echos
Gangsta-Rap-Gesten, ironiebefreit: Kollegah wünschte bei der Echo-Verleihung einen "bosshaften Abend". Bild: Reuters

Thomas Rabitsch über umstrittene Preisverleihung: "Das schlägt über alle Normen".

Eine Woche ist die Verleihung der Echos, der deutschen Musikpreise, jetzt schon her, doch die Empörung über das, was dort geschehen ist, steigt, anstatt zu verebben.

Farid Bang und Kollegah, zwei, die als Gangsta-Rapper die Verkaufszahlen in der Kategorie "Hip-Hop-Urban National" anführen, haben für ihr Album "Jung, brutal, gutaussehend 3" einen Echo erhalten – und das trotz Textzeilen wie "Mein Körper definierter als von Ausschwitzinsassen" und "Mache wieder mal ‘nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow".

"Neue Stufe der Verrohung"

Weil die hauptsächliche Orientierung an den Verkaufszahlen bei der Preisvergabe die Echo-Verantwortlichen 2013 schon einmal vor Probleme stellte, als die Rechts-Rocker von "Frei.Wild" nominiert waren, wurde damals ein Ethikrat ins Leben gerufen. Der sah im Fall der Texte von Farid Bang und Kollegah lediglich einen "absoluten Grenzfall zwischen Meinungs- und Kunstfreiheit und anderen elementaren Grundrechten". Bei der Gala durften die beiden dann sogar live auftreten. Als "Tote Hosen"-Sänger Campino bei der Verleihung mit zitternden Händen seine Rede vorlas, in der er sich als Einziger dagegen aussprach und eine Diskussion darüber erhoffte, "was als Provokation noch erträglich ist und was nicht", klatschte das Saalpublikum. Jetzt wird der dumpfe Nachhall der diesjährigen Echos von Tag zu Tag lauter. Immer mehr Künstler geben ihre Echos zurück, wie Musiker und Grafiker Klaus Voormann, das Notos Quartett, Pianist Igor Levit und Dirigent Enoch zu Guttenberg.

Marius Müller-Westernhagen trennte sich gar von sieben Stück. "Die Verherrlichung von Erfolg und Popularität um jeden Preis demotiviert die Kreativen und nimmt dem künstlerischen Anspruch die Luft zum Atmen", schrieb der Musiker: "Eine neue Stufe der Verrohung ist erreicht."

"Zurückgeben ist die richtige Reaktion", sagt auch ORF-Musikexperte Eberhard Forcher: "Es ist skandalös, damit schafft sich der Echo selbst ab. Das kann man in Zeiten wie diesen nicht allen Ernstes durchziehen, dass man Künstlern – unter Anführungszeichen –, die nur durch Provokation, Antisemitismus und frauenfeindliche Texte auffallen, vor versammeltem Fernsehpublikum den Echo überreicht."

Auch Musikproduzent und -Experte Thomas Rabitsch findet, dass die Aufregung um den Echo zu Recht nicht nachlässt: "Das schlägt über alle Normen." 1990 produzierte der Wiener das erste österreichische Hip-Hop-Album "Swound Vibes" von "The Moreaus". Jetzt sei es höchste Zeit, dass Leute draufkommen und aufwachen, "dass die Gangsta-Rap-Geschichte eine ziemlich stumpfsinnige Angelegenheit ist – minderheitenfeindlich, homophob, frauenfeindlich – und auf stumpfe Triebe abzielt", sagt Rabitsch: "Einfach Stumpfsinn auf Kosten von Minderheiten."

Saft-Hersteller Voelkel kündigte gestern seinen Rückzug als Sponsor des Musikpreises an. Der Bundesverband Musikindustrie hat den Preis für das Rap-Album mittlerweile als Fehler bezeichnet und will die Verleihung überarbeiten. Nach dem Rückzug des Deutschen Kulturrats kündigte gestern auch der Präsident des Deutschen Musikrates, Martin Maria Krüger, seinen Austritt aus dem Echo-Beirat an. Die Entscheidung, das Album nicht aus dem Rennen zu nehmen, sei ein Fehler gewesen.

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4  Kommentare
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SanctiAnima (851 Kommentare)
am 19.04.2018 09:01

Der Echo war schon immer eine Hure. Jetzt sich darüber zu beschweren ist einfach nur heuchlerisch.

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Stonie (2.421 Kommentare)
am 19.04.2018 09:37

Es wurden bisher aber noch keine Antisemiten-Prolos geehrt. Warum ist die Kritik also heuchlerisch?

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Karlchristian (4.584 Kommentare)
am 19.04.2018 08:12

Für sexuelle Belästigung von Frauen gibt es Gott sei Dank jetzt Nulltolereanz.
Rassismus wird nicht mehr toleriert.
Dafür werden Aufrufe zu Gewalt, Mord und Frauenversklavung in heiligen Büchern respektiert.
In der "Kunst" werden heute solche Texte akzeptiert -
- nein, sogar geehrt.
Ein Hoch unseren degenerierten Gesinnung und Werte !

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Stonie (2.421 Kommentare)
am 19.04.2018 07:39

Das ist wirklich bezeichnend für den heutigen Zustand unserer Gesellschaft: Nur weil sie geschäftlich erfolgreich sind, verzeiht man arroganten Rüpelrappern ihre antisemitischen Ausfälle und ehrt sie auch noch für ihre zweifelhafte Kunst. Bei Normalos, die sich im Ton vergreifen, ist man selten so "tolerant".
Der Echo und seine Macher sind nur mehr zum Kotzen.

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