Der andere Falstaff vom anderen Mozart
Theater an der Wien: Antonio Salieris Oper in der Regie von Torsten Fischer.
In den Köpfen mancher geistert Antonio Salieri noch immer als gewiefter Mozartmörder herum, doch hätte – wenn je etwas dran sein sollte – es genau umgekehrt passieren müssen. Denn Salieri bekleidete als Hofkapellmeister das höchste Amt am Wiener Hof. Im Bereich der Oper war Salieri jener, der den Nerv seines Publikums voll traf. Mozart war hingehend seiner Zeit weit voraus – seine Musik wurde nicht von allen verstanden, Salieris schon.
Gesellschaftskritik
Dessen Falstaff stellt weniger den lüsternen Gecken in den Mittelpunkt als jene krankhafte Eifersucht, die Falstaff auslöst. Torsten Fischer sieht in dieser Figur die Verkörperung des Zeitgeists einer nimmersatten, reichen Gesellschaft. Falstaff ist mit seiner Leibesfülle nicht unbedingt ein Außenseiter, sondern bitterböse Gesellschaftskritik. Dass das heute nicht anders ist, liegt auf der Hand. Fischer verlegt die Handlung ins Heute und lässt "Queen Elizabeth" als Parodie einer Königin durch die monumentale Bühnenarchitektur von Vasilis Triantafillopoulos und Herbert Schäfer huschen.
Salieris Musik ist auf der Höhe seiner Zeit, spielt mit allen Registern des damals Machbaren und erfindet für die einzelnen Charaktere nicht minder psychologisierte Phrasen. René Jacobs hat mit der Akademie für Alte Musik Berlin die Partitur perfekt reanimiert und liefert ein optimales Fundament für das ebenso ideal ausgewählte Solistenensemble. Allen voran Christoph Pohl, der Salieris Falstaff inhaliert hat und sängerisch und auch schauspielerisch restlos begeisterte. Robert Gleadow war der vom Geschlagenen und Getretenen zum Aufbegehrenden mutierende Diener und begeisterte ebenso mit einer gelungenen Gesamtleistung.
Anett Fritsch war die ideale Besetzung der Alice Ford, die die wohl unterschiedlichsten Affekte auf die Bühne zu bringen hat – dies allerdings immer mit dem Augenzwinkern der Komödie. Maxim Mironow spielte den vor Eifersucht wahnsinnigen Ford mit Bravour und begeisterte mit seinem Rossini-geschulten Tenor. Ebenso ideal besetzt waren Alex Penda (Mrs. Slender), Arttu Kataja (Mr. Slender) und Mirella Hagen (Betty), die mit dem wie immer perfekt in den Gesamtablauf integrierten Arnold Schönberg Chor überzeugten.
Theater an der Wien: "Falstaff" von Antonio Salieri, Regie: Torsten Fischer, 15. Oktober.
OÖN Bewertung: