Der amerikanische Albtraum, als Schwarzer geboren zu sein
Der Oscar-nominierte Dokumentarfilm "I Am Not Your Negro" zeichnet ein erschütterndes, intimes Bild sozialer Ungleichheit.
Im Zentrum des dokumentarischen Films "I Am Not Your Negro" ("Ich bin nicht dein Neger") steht der afroamerikanische Schriftsteller James Baldwin (mehr rechts).
Sollte man ihn nicht kennen, bedeutet das aber nicht, dass man die Arbeit nicht genießen kann. Denn dieser meisterhaft komponierte Film-Essay erzählt ausgehend vom Schaffen Baldwins vom aktuellen Zustand der USA, denen mit Donald Trump ein Mann vorsteht, der vieles davon verkörpert, wogegen Baldwin angeschrieben hat: strukturelle Macht, gestützt durch Geld, Radikalität, Hautfarbe (weiß) und Geschlecht (männlich).
Regisseur Raoul Peck, für "I Am Not Your Negro" 2016 Oscar-nominiert, gelingt dieser Blick auf das Momentane durch eine scharfsinnige Montage aus historischen Dokumenten. Am eindringlichsten: Baldwins Beobachtungen über das Leben als Afroamerikaner in den USA. Festgehalten in Briefen und Texten, in der Originalfassung von Samuel L. Jackson gelesen, sowie in alten Video-Aufnahmen.
Pecks Werk liefert so weniger ein Urteil ab, das von außen, über bloße Fakten erteilt wird. Es schenkt einem vielmehr die Chance, die Perspektive eines Menschen nachzuvollziehen, der weiß, wie es ist, als Schwarzer in den USA aufgewachsen zu sein. Und das in der Zeit der Bürgerrechtsbewegung. Baldwin spricht viel über seine Freunde, die Bürgerrechtler Martin Luther King, Malcolm X und Medgar Evers (mehr rechts). Darüber, dass alle drei jung ermordet wurden. Ebenso packend sind seine Einordnungen zum "amerikanischen Traum", den die Unterhaltungskultur den Nicht-Schwarzen stets als Realität versichere. Für ihn verkörperte dies speziell die blonde Doris Day. Während Ray Charles’ Gesicht den Schmerz, die Wahrheit der anderen, schwarzen USA spiegle.
Baldwins Worte sind sicher, klar, weise gewählt. Pecks Film hingegen, der die Erkenntnisse seines Protagonisten mit Bildern stützt, auch von aktueller Polizeigewalt, hinterlässt ein diffuses Gefühl. Das ist nicht schlecht, sondern stark. Die Form würdigt den Inhalt: Baldwins Leben, in dem er nie den Platz einnehmen konnte, den ihm seine Rechte zugestanden hätten.
I Am Not Your Negro: USA/F 2016, 93 Min., Raoul Peck
OÖN Bewertung:
Hintergrund
James Baldwin war ein bedeutender afroamerikanischer Autor, der sich mit Themen wie Rassismus, Sexualität, Identität auseinandersetzte. (1924, New York, bis 1987, Frankreich)
Malcolm X: Bürgerrechtler, Wortführer der „Nation of Islam“ und als solcher gegen die Strategie von Martin Luther King, der eine gewaltlose Integration innerhalb der Bürgerrechtsbewegung vertrat.
Medgar Evers war ebenso Bürgerrechtler, der als Aktivist und auf juristischer Ebene Widerstand schürte. Alle drei wurden ermordet. Malcolm X und King starben mit 39, Evers mit 38.
Ein Spitzenfilm. Hingehen, anschauen!
Werd ich macehn, .. der klingt wirklich interessant, ...