Cameron veranlasste Razzia beim „Guardian“

21.August 2013

Auf diese Weise sollten weitere Enthüllungen über die Machenschaften von Geheimdiensten in den USA und Großbritannien verhindert werden, schreibt "The Independent" unter Berufung auf hochrangige Regierungsquellen.

Nach Informationen des "Independent" hatte Premierminister Cameron seinen Kabinettschef, Jeremy Heywood, beauftragt, den "Guardian" zu kontaktieren. Regierungskreise bestätigten der Zeitung den Kontakt. Es habe sich jedoch nicht um eine Bedrohung gehandelt.

Es seien die „bizarrsten Momente in der langen Geschichte des ,Guardian’“ gewesen: Die britische Regierung habe die Zeitung dazu gezwungen, Daten des Whistleblowers Edward Snowden zu löschen, schreibt „Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger am Montagabend. Agenten des Geheimdienstes GCHQ (Government Communications Headquarters) überwachten demnach persönlich, wie im Keller des Zeitungshauses Festplatten und ein MacBook Pro zerschmettert wurden. Die Regierung hatte schon davor gedroht, juristisch gegen die Zeitung vorzugehen. Der Guardian enthüllt seit Wochen neue Details über die weltweite Internet-Überwachung durch Geheimdienste.

Im Juni, mitten in der Arbeit der Redaktion an den Dokumenten des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, sei Rusbridger von „einem sehr hochrangigen Regierungsvertreter, der angab, die Meinung des Premierministers zu vertreten“, kontaktiert worden. Daraufhin habe es zwei Treffen gegeben, in denen „er die Herausgabe oder Zerstörung von allem Material forderte, an dem wir arbeiten“. Später, schreibt Rusbridger weiter, seien weitere Mitarbeiter aus dem Regierungsapparat aufgetaucht. Die Botschaft sei immer die gleiche gewesen: „Gebt das Snowden-Material zurück oder zerstört es.“

Vor etwas mehr als einem Monat habe er einen Anruf der Regierung erhalten, in dem ihm mitgeteilt worden sei: „Ihr hattet euren Spaß: Jetzt wollen wir das Zeug zurückhaben.“ Bei weiteren Treffen sei die Forderung dieselbe geblieben. Soweit zu den Drohgebärden vor dem Eindringen des Geheimdienstes in die Redaktionsräume.

Rusbridger kündigte nun an, trotz der Gängelei über die Internet-Überwachung zu schreiben. „Wir werden weiterhin akribisch berichten, nur nicht mehr von London aus.“ Die Zerstörung einzelner Datenträger wertete er als „sinnlose Symbolik, die eine große Unkenntnis des digitalen Zeitalters offenbart“. Er spielte damit darauf an, dass der Guardian vermutlich alle Informationen der nun zerstörten Datenträger bereits vervielfältigt hat.

Der Bericht von Rusbridger erfolgte nur zwei Tage nachdem der Lebensgefährte des für den „Guardian“ arbeitenden US-Journalisten und Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald neun Stunden lang von der britischen Polizei festgehalten worden war. David Miranda wurde auf Grundlage von Anti-Terror-Gesetzen auf dem Flughafen London-Heathrow befragt, er war auf der Durchreise von Berlin nach Rio de Janeiro.

Das Weiße Haus in Washington hat sich vom Vorgehen der britischen Regierung gegen die Zeitung "The Guardian" distanziert. Auf die Frage, ob Regierungsmitarbeiter in ein Medienunternehmen gehen würden, um dort Festplatten zu zerstören, antwortete der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest: "Es ist sehr schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem das angemessen wäre".