"Blue & Lonesome": Die Rolling Stones haben den Blues – und das ist gut so!
Aus einer Spielerei im Proberaum entstand das beste Stones-Album seit Ewigkeiten.
Bevor sie zur größten und einflussreichsten Rockband des Planeten aufstiegen, waren die Rolling Stones nur eine ruppige, kleine Rhythm&Blues-Truppe aus England, die eifrig Songs von US-Blues-Heroen wie Willie Dixon, Robert Johnson und Jimmy Reed nachspielte. Mit "Blue & Lonesome" kehren die Herren Jagger, Richards, Wood und Watts jetzt zu diesen musikalischen Wurzeln zurück – und legen dabei ihr lässigstes, mitreißendstes und stimmigstes Werk seit Ewigkeiten vor!
Dass das 25. Studioalbum der Stones zu keiner Fingerübung in Nostalgie oder einem kreuzbraven Tribute-Album verkommen ist, ist sicher auch den ungewöhnlichen Begleitumständen geschuldet. Eigentlich hatte das legendäre Quartett geplant, in den Londoner British Grove Studios ein paar neue Jagger/Richards-Kompositionen einzuspielen. Zum "Warmwerden" vor den Sessions schlug Keith Richards spontan vor, sich doch gemeinsam ein paar alte Blues-Hadern vorzunehmen.
Ein genialer Proberaum-Spaß
Eine grenzgeniale Idee, die die Spielfreude der Stones neu entfachte. Aus dem Proberaum-Spaß wurde Ernst – und in nur drei Tagen ein fixfertiges Album mit zwölf Blues-Coverversionen. Angetrieben von Mick Jaggers furiosem Mundharmonika-Spiel, demonstrieren die Stones auf "Blue & Lonesome", wie viel Kraft, Virilität und musikalische Relevanz in dieser Band auch im bereits 55. Jahr ihres Bestehens noch steckt.
Die Version von Howlin’ Wolfs "Commit A Crime" ist schlichtweg sensationell, ebenso wie ihre rauen Deutungen von "All Of Your Love" (im Original von Magic Sam), des "Hoo Doo Blues" (Lightnin’ Slim) und des 1949 von Memphis Slim geschriebenen Titelsongs. Ebenfalls sehr fein: die erste Single "Ride ‘Em On Down". Lediglich "Little Rain" und "I Gotta Go" zünden nur bedingt. Für die famosen "Everybody Knows About My Good Thing" und Willie Dixons "I Can’t Quit You Baby" haben sich die Stones als Verstärkung sogar Eric Clapton ins Studio geholt.
Eine feine Draufgabe, aber auch ohne den Gitarren-Gott ist "Blue & Lonesome" ein Volltreffer. Schön, dass man so etwas noch einmal über ein neues Stones-Album sagen darf.
CD-Kritik: The Rolling Stones "Blue & Lonesome" (Universal)
OÖN Bewertung: