Aus Volker Derschmidts Leben: A Geign, a Gstanzl und a Juchza
Der Volksmusikforscher und Musiker Volker Derschmidt wird am Montag 80 Jahre alt.
"Wennst beim Landler mit einem G’stanzl ang’sungen wirst, kann das ziemlich brutal sein. Es ist aber ratsam, dass d’ nicht beleidigt bist, sondern der Musi ein bis zwei Liter zahlst."
Also spricht Volker Derschmidt und unterstreicht die Botschaft mit einem schelmischen Grinser. Der Gunskirchner muss es schließlich wissen. Er, der am Montag 80 Jahre alt wird, hat gemeinsam mit Walter Deutsch eine Art Landler-Bibel verfasst. Mit Noten, Texten und Schrittfolgen. Was ein echter Landler ist, wird nämlich gespielt – mindestens mit zwei Geigen und einer Bassgeige – g’sungen und taunzt. "Ob Steinhauser, Krenglbacher, Goiserer oder Liebenauer – jeder Landler ist anders. Wir sind zu alten Bauernehepaaren gefahren, die haben uns vorgetanzt, wir haben das gefilmt und niedergeschrieben."
Drahn, paschn und juchzn
Und so stehen dann die Anweisungen im Buch: "Drahn, einiziagn, eindrahn, Achsl einspringen, paschn, Juchzer! Gespielt wird der landestypische Tanz im Dreivierteltakt, aber derart verzogen, dass es fast wie zwei Viertel klingt. Ursprünglich war der Landler ja was ziemlich Patriarchalisches. Im Innviertel ist das fast zwangsläufig in eine ordentliche Rauferei ausgeartet. Derschmidt (wieder mit Spitzbubenlachen): "Die Dirndln dürfen halt auch mithatschn."
Warum er forscht und forscht und forscht? "Weil’s ausstirbt, wenn niemand was tut." Etwa 10.000 Seiten Notenmaterial hat er in "gestochener" Handschrift erfasst – bis er auf adäquate Computerprogramme umgestiegen ist.
Lieber musizieren als leischn
Der ehemalige Leiter des Volksliedwerk-Archivs ist nicht nur ein Forscher, der das Lebenswerk seines Vaters Hermann fortsetzt. Er ist auch aufgewachsen mit der Musik. Die Eltern und haben oft und viel und auf hohem Niveau mit den acht Kindern musiziert: "Das war uns lieber, wie auf d’ Nacht leischn zu gehn."
Das hat sich im Laufe der Jahre geändert, und der Jubilar in spe ist heute noch schwer aktiv, etwa bei den Haus- und Hofmusikanten, den Fallsbacher Angeigern, der 4kanter Geigenmusik und beim Volleyballspiel, einmal die Woche.
Der im Jahr 1997 verstorbene Vater war und ist ihm Vorbild: "Er war streng, hatte aber auch einen guten Humor." Und er hatte auch eine Vergangenheit. "Ja, der Vater war Parteimitglied in der Nazi-Zeit. Das hat sich aber fast ausschließlich auf den musikalischen Bereich beschränkt. Nach dem Krieg hat er diesen Umstand schwer bereut", sagt Volker Derschmidt. 1948 gründete er mit Freunden und Geschwistern die vielseitige Chor-, Tanz- und Musikergemeinschaft Welser Rud – die es heute noch gibt: "Einmal im Jahr veranstalten wir den Kathreintanz. Aber es wird schon ein bissl mühsam."
Wenn einer ’s Maul aufmacht...
Auch das Jodeln ist dem Vater von fünf Kindern, der mit seiner Frau Gerlinde im ehemaligen Kuhstall eines Bauernhofs in Fallsbach bei Gunskirchen lebt, heilig. Nicht Kehlkopfakrobatik, denn das sei keine Volksmusik. "Unsere Jodler sind langsam und stark auf Klang und Weite ausgerichtet." Dann singt er den "Kuahmelcher vom Wolfgangsee" an, und man weiß, wie es gemeint ist. Das Grundprinzip sei relativ einfach: Wenn einer ’s Maul aufmacht, muss der andere schon wissen, wie es weitergeht. Ein Buch mit 190 Jodlern hat er vor drei Jahren herausgegeben.
Eine Mozart-Sensation
Pötzlich zaubert "VD", wie er branchenintern genannt wird, noch eine Sensation heraus: "Das hat der Vater 1937 am Dachboden der Seisenburg bei Pettenbach gefunden", sagt er und hält die älteste erhaltene Abschrift für Bassetthorn-Trios eines gewissen Herrn Mozart aus dem Jahr 1791 in Händen (Bild links). "Wenn das bei Sotheby’s versteigert wird, würd’s viel bringen. Aber ich mache das nicht zu Geld, daran liegt mir nichts." Auch aus seinem 80er am 22. Dezember will er keine große Sache machen. Am 10. Jänner folgt ein echtes Volksmusikanten-Treffen im Welser Stadtpfarrsaal. Da wird dann g’spüt und taunzt. Und g’stanzelt. Aber der VD weiß ja, wie er damit umzugehen hat.
Volker Derschmidt:
Vita: Volker Derschmidt wurde am 22. Dezember 1934 als zweites von acht Kindern geboren. Mit seinen Eltern und Geschwistern musizierte er schon früh, erlernte zahlreiche Instrumente, viele davon autodidaktisch. Nach der Schule wurde er Lehrer. Knapp drei Jahre leitete er das Archiv des oö. Volksliedwerks.
17 Jahre lang war Derschmidt Dozent für Volksmusikkunde am Brucknerkonservatorium: „Bei mir waren die ersten fünf Doppeleinheiten immer ein Volkstanzkurs. Da haben s’ geschaut.“
Volker Derschmidt publizierte unzählige Notenwerke und Lehrbücher, darunter „Der Landler“.
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