American Hustle: Selten war eine Gaunerei so glamourös und gut
Zum Start des zehnfach für den Oscar nominierten Films: OÖN-Kritik und Interview mit Bradley Cooper, Christian Bale und Regisseur David O. Russell.
"Einige dieser Ereignisse sind wirklich passiert." Mit großen, gelben Lettern auf schwarzer Leinwand wickelt Regisseur David O. Russell das Publikum seines zehnfach oscarnominierten Films "American Hustle" sofort um den Finger.
Was heißt hier "einige"? Und sind "die anderen" jetzt nur Lug und Trug? Russell schert sich die weiteren 138 Minuten lang einen feuchten Kehricht darum. Viel lieber spielt er vorzüglich auf vielen Ebenen mit der lustvollen Qual, die einen Unklarheit und Unsicherheit bescheren können. Die raffiniert verquickte Geschichte von Betrüger Irving (Christian Bale), seiner Frau Rosalyn (Jennifer Lawrence), seiner "Geschäftspartnerin" Edith (Amy Adams) und FBI-Steuerfahnder Richie (Bradley Cooper) lebt von ihr. Aber von vorne: Richie kommt Irving und Edith auf die Schliche und bietet ihnen den Deal "Insiderwissen gegen Strafmilderung" an. Er wird besiegelt und soll den Bürgermeister von New Jersey, Carmine Polito (Jeremy Renner), der Korruption überführen.
Russell inszeniert das Duell "Gauner gegen Gauner" als flottes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem sich alle Beteiligten Enttäuschungen und Kicks abholen, weil sie ihre Ambitionen ständig mit Gesetz, Moral und den persönlichen Überlebens-Regeln vergleichen, aber nie schlau daraus werden. Der Zuschauer fragt sich: Wer zeigt den wahren Charakter? Und: Sind die noch ganz echt?
Die Antwort auf Frage zwei: Nein! Das hochkarätige Ensemble zeigt wahnwitzige Figuren, die ihr Gesicht hinter Mode und Make-up, Gehabe und ihren Jobs verbergen. Bale mutierte vom "Batman zum Fatman": Wampe unterm violetten Samt-Sakko, auf der Glatze festgepicktes Toupet, das von seiner Genialität als Gauner ablenkt. Adams versteckt Sensibilität hinter Snobismus und offenherzigen Designerkleidern. Cooper hat Wickler für Krauselocken im Haar, weil er glaubt, mit coolem Ausschauen leicht das Sagen zu haben.
Da die Protagonisten nichts haben, an dem sie sich definitiv festhalten können, reiben sie sich aneinander. Die Folge: fehlgeleitete Energien, hysterische Explosionen, die zwar alle fantastisch darstellen, aber Lawrence am besten.
Als Rosalyn hat sie einen Pelz auf den Zähnen, Hummeln im Hintern und Feuer im Herzen. Mit Gequassel ohne Ende, aber viel Witz ist sie die fleischgewordene Entsprechung von "Hustle", auf Deutsch: Trubel und Betriebsamkeit, die bis zuletzt im Kopf der sympathischen Hudler bleibt, aber auf der Leinwand nie nervt. Disco-Glamour und 70er-Flair verströmen Lässigkeit, begleitet von Klassikern wie "Live And Let Die" und Tom Jones "Delilah". Einfach klasse!
American Hustle: USA 2013, 138 Min., David O. Russell
OÖN Bewertung:
Zum Film
Oscar: „American Hustle“ gilt neben dem Science-Fiction-Film „Gravity“ als großer Favorit bei den Oscars am 2. März. Beide Filme haben je zehn Nominierungen, „American Hustle“ u. a. in den Königskategorien bester Film, beste Regie (David O. Russell), beste Nebenrollen (Jennifer Lawrence, Bradley Cooper) und beste Hauptrollen (Amy Adams, Christian Bale).
Der Hintergrund: Der Film orientiert sich an einem US-Skandal, der sich von den späten 1970er-Jahren und bis in die frühen 1980er-Jahre zog. Er begann mit einer FBI-Operation, die das Handeln von Diebesgut verfolgte. Später wurden die Operation auf politische Korruption ausgeweitet.
Trailer:
Von strahlenden Vorbildern und Batmans Problemen
Von Ludwig Heinrich aus Berlin
Der rote Teppich der Berlinale ist alljährlich auch Laufsteg für jede Menge Oscar-Kandidaten. Bei der Vorführung von „American Hustle“ waren es gleich drei: Regisseur David O’Russell, Christian Bale (bester Hauptdarsteller) und Bradley Cooper (beste Nebenrolle). Insgesamt verzeichnet der Film nicht weniger als zehn Nominierungen.
Regisseur O’Russell will aber das Wort Oscar am liebsten gar nicht erwähnen. „Immer, wenn ich eine Rede vorbereitet habe“, lacht er, „habe ich nichts gewonnen. Also werde ich dieses Mal nicht einen einzigen Satz vorbereiten.“
„American Hustle“ erzählt eine Geschichte aus den siebziger Jahren. Im Mittelpunkt steht ein Schwindler (Christian Bale), der von einem windigen, ehrgeizigen FBI-Agenten (Bradley Cooper) erpresst wird, größere Fische wie Politiker und Mafiosi zu „fangen“.
Cooper war schon im Vorjahr, für „Silver Linings“, Oscar-nominiert, als bester Hauptdarsteller. Gewonnen hat aber Daniel Day-Lewis für seine Leistung als Abraham Lincoln. Er selbst, sagt Bradley Cooper, brauchte da nichts zu verschmerzen: „Ich hatte nie, nie damit gerechnet, zu gewinnen. Daniel war klarer Favorit und der Bessere. Ich sage es schon seit ewigen Zeiten: Er ist in diesem Beruf mein strahlendes Vorbild.“ Den FBI-Agenten Richie DiMaso habe er jetzt hart erspielen müssen: „Zu diesem Beruf würde ich nämlich nichts taugen. Ich wäre auch ein schlechter Politiker. Denn: Nichts fällt mir schwerer als lügen...“
Einer aus dem „American Hustle“-Team hat schon einen Oscar zu Hause. Christian Bale erhielt ihn, als bester Nebenrollendarsteller, für „The Fighter“ (auch da war David O’Russell Regisseur). Für diesen Streifen hatte er, ebenso wie für „The Machinist“, extrem abgenommen. Diesmal überrascht er mit einer ordentlichen Wampe und mit überkämmtem Haar, das eine beginnende Glatze verdecken soll. Seine „Batman“-Rollen sind für ihn endgültig Vergangenheit. Seinem Nachfolger Ben Affleck habe er schriftlich gute Tipps gegeben. Die besagen: Der gute Ben möge darauf achten, dass er im Kostüm noch den Kopf drehen kann. Und vor allem: Er möge sichergehen, dass er beim Pinkeln mit diesem Kostüm keine Hilfe braucht. Er, Bale, sage dies aus leidvoller Erfahrung.
nicht nur einer aus dem Team hat einen Oscar, denn neben Christian Bale hat auch Jennifer Lawrence. Interessant dass von der Nominierung Coopers vom letzten Jahr geschrieben wird, aber Lawrence' Gewinn vom letzten Jahr für den selben Film bleibt unerwähnt