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Am Ende donnert die "Internationale"

Von Peter Grubmüller, 20. Juni 2015, 00:04 Uhr
Am Ende donnert die "Internationale"
Johann Reißler, Zuzana Gallikova, Hanna Piksarv und Fabian Faltin mit dem „Ebenseer Kreuzstich“ Bild: pg

"Schichtwechsel – Hackeln in Ebensee", das Festival der Regionen (bis 28. Juni) wurde gestern eröffnet.

"Gehn S’, wissen Sie, was dieses ,Festival der Regionen‘ von uns eigentlich will?", fragt eine Frau um die 50 auf einem Parkplatz in Ebensee. Einen ganzen Haufen will es: Die ehemalige und gegenwärtige Arbeitswelt in der Traunseegemeinde bis zum 28. Juni künstlerisch verhandeln.

Gestern wurde die renommierte Kunst- und Kultur-Biennale von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) eröffnet – in der Stockschützenhalle, nicht wie ursprünglich geplant im Salzlager der Saline. "Der Winter war zu mild", sagt Festival-Leiter Gottfried Hattinger, "das Salzlager ist knallvoll, wir hätten die Leute nicht alle untergebracht." Models schritten in scheinbar altem Gewand durch den Raum – moderiert und kommentiert von Dichter Bodo Hell. Es waren von Schülern der Modeschule und Künstlerin Raja Schwahn-Reichmann neu gedachte "Fetzung"-Kreationen, wie sie einst an Mägde, Knechte und zur Arbeit auf der Alm ausgegeben wurden.

Der Festival-Slogan "Schichtwechsel" steht auf etlichen Plakaten und Häusern, eine Sirene vor dem Marktgemeindeamt meldet die Zeiten, wenn einst die Hackler abgelöst wurden – jeden Tag kommt ein Ton dazu, zum Festival-Ende wird die "Internationale" zu hören sein. Das passt zu dem traditionell unangepassten Ebensee, das sich aus einer um 1607 (Beginn der Salzproduktion) errichteten Arbeitersiedlung entwickelte. Aus dieser Zeit stammt das Misstrauen der Ebenseer gegenüber den übrigen Salzkammergut-Gemeinden – und umgekehrt. In Ebensee wurde unter widrigen Bedingungen ein Teil des Wohlstandes erwirtschaftet, von dem alle anderen profitierten.

Die Vitalität der Ebenseer entlädt sich gleich heute (19 Uhr) in einer großen Parade von Marinella Senatore. Hunderte ziehen als schrille Stadtchoreografie durch die Straßen. Wenige Schritte weiter unten am See schleicht der Geist von Anton Nußbaumer herum. Er war der einzige Tote des Februar-Aufstandes von 1934. Das Kollektiv irreality.tv dreht darüber während des Festivals eine "Soap-Opera" (alle können mitspielen).

Auf dem See schimmert von weitem ein schwimmender Berg, der – als würde er am prächtigen Panorama rütteln – auf das Ufer zutreibt. Fabian Faltin, Hanna Piksarv, Johann Reißler und Zuzana Gallikova kontrastieren die rasant beschleunigte Arbeitswelt mit Performances und einer Ausstellung über den traditionsreichen "Ebenseer Kreuzstich" samt dessen gottesfürchtiger Botschaften.

In Gartenpool der halb verfallenen Direktionsvilla auf dem Grundstück der Solvay-Werke haben Ivan Petkov und Simon Wilhelm das "Hacklerbad" mit derart hohem Salzgehalt eingelassen, dass es Badende wie das Tote Meer trägt. Und der umtriebige Kulturverein Kino Ebensee zeigt täglich (ab 14 Uhr) Filme über unterschiedlichste Arbeitswelten.

Das alles will dieses Festival von uns: Wundern, Staunen, Lernen, Beteiligung.

 

Wunderkammer

Ausstellung: Die ehemalige und heute baufällige Direktorenvilla des Solvay-Konzerns ist die Behausung für Kurioses, Triviales, Dokumentarisches und Privates aus der langen Geschichte Ebenseer Arbeitswelt. Die Spanierinnen Carme Nogueira und Desirée Vidal Juncal (Mitarbeit: Isabella Wiesauer) haben aus Archiven, Haushalten und von Vereinen etliche Exponate zusammengetragen, die auf originelle Weise Identität und den ehemaligen Arbeitsalltag der Region dokumentieren und vertiefen.

Täglich: 14–20 Uhr

Stiegenmuseum

Installation: Ein Beispiel baulicher Absurdität stellt Dirk Schlichting in den Mittelpunkt seiner Arbeit. In der Unterführung vom Ortszentrum zum Traunsee führt eine Treppe nach oben. Wer hinaufsteigt, kommt auf einer Verkehrsinsel heraus. Schlichting vergoldete die Treppe und hauste den funktionslosen Aufgang mit einer Miniatur des Ebenseer Museums ein.

Täglich: 14–20 Uhr

Ahamm

Installation: Mehr als 8000 Häftlinge starben von 1943 bis 1945 in den 7,6 Kilometer langen Stollenanlagen im KZ Ebensee. Die israelische Künstlerin Daphna Weinstein installierte nun im Gedenkstollen mehr als 1000 Gläser, in denen von Motoren angetrieben Papierfetzen rotieren. Das Ergebnis klingt, als würden Stimmen murren, flüstern, klagen.

Täglich: 14–20 Uhr

The Dream Job

Performance: Zusammen mit sechs Ebenseern kreiert die spanische Performerin Cuqui Jerez (li., mit ihrer Mitarbeiterin) aus der Choreographie von Arbeitsabläufen konzeptuelle Bühnenkunst und reflektiert auf diese Weise die Nützlichkeit des Unbrauchbaren. Aus den Produkten gestaltet sie im Anschluss eine Installation im Kino Ebensee.

19. Juni: 20–21.30 Uhr;
20. Juni: 21–22.30 Uhr

Proletenpassion

Performance: 1976 wurde Heinz R. Ungers Stück von der Band Schmetterligne bei den Wiener Festwochen uraufgeführt: 500 Jahre Klassenkämpfe in 65 Liedern. Regisseurin Christine Eder untersucht nun die Geschichte der Proleten neu – bis in die Gegenwart. Und sie stellt die Frage, ob eine Revolution zu erwarten ist.

24. Juni und 25. Juni: 19.30- 21.30 Uhr.

 

Festival der Regionen, Ebensee, bis 28. Juni, Tel: 0680/4013974, www.fdr.at

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