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Abgeschottet

27. Mai 2017, 00:04 Uhr
Abgeschottet
"Ja, auch ich bin ein Tier im Käfig, das sich nicht frei bewegen kann."
Ein 30-jähriger nordkoreanischer Bauer, der im Arbeitslager landet.
Bild: Reuters

Ein nordkoreanischer Dissident gibt in "Denunziation" in Geschichten, die er außer Landes brachte, seltene Einblicke in einen Alltag der Furcht und Unterdrückung.

Und wieder ein Raketentest. Wenn Nordkorea in die internationalen Schlagzeilen gerät, hat das meist mit dem Atomwaffen- und Raketenprogramm des Landes zu tun. Das Gesicht von Machthaber Kim Jong-Un, es ist das Konterfei einer ganzen Nation. Aus dem Leben der rund 25 Millionen weiteren Menschen, die in diesem von der Außenwelt völlig abgeschnittenen Staat leben, erfährt man so gut wie nichts.

Sieben unter dramatischen Umständen außer Landes geschmuggelte Erzählungen sollen das nun ändern. Verfasst hat sie ein nordkoreanischer Dissident und Schriftsteller, der sich Bandi nennt. Seine Geschichten spielen in den Jahren zwischen 1989 und 1995, also vor und kurz nach dem Tod von Staatsgründer Kim Il-Sung. Jetzt, mehr als zwei Jahrzehnte später, erreichen die Erzählungen im Werk mit dem Titel "Denunziation" auch den deutschsprachigen Leser. Wer Bandi ist, weiß so gut wie niemand. Zu gefährlich für ihn und seine Familie wäre es, seinen echten Namen zu nennen. Nur wenige Details sind bekannt: Er wurde 1950 geboren und verlor durch die große Hungersnot der 90er Jahre etliche Angehörige. Er sammelte Geschichten seiner Mitmenschen, die ans Herz gehen, obwohl sich die Echtheit der schmerzhaften Geschehnisse nicht nachprüfen lässt. Mit Hilfe einer Verwandten soll er die Geschichte nach Südkorea und damit in die freie Welt geschleust haben.

Ins Deutsche übersetzt bedeutet das Pseudonym "Bandi" so viel wie "Glühwürmchen". Dieses Glühwürmchen will mit seinen Erzählungen Licht ins Dunkel über das Leben in Nordkorea bringen. Dieses Sein ist geprägt von ständiger Angst, von Unterdrückung und Überwachung.

In Bitterkeit getränkt

Jede Erzählung an sich ist von Bitterkeit getränkt. Da ist die junge Frau, der am Nationalfeiertag in Pjöngjang die Furcht ihres Sohnes vor einem großen Abbild von Karl Marx zum Verhängnis wird. Der Journalist, der sieht, was falsch läuft in seinem Land, wegen der Zensur des örtlichen Parteikomitees aber doch nur Märchen verbreiten darf. Die Frau, die heimlich Verhütungsmittel nimmt, weil sie keine Kinder zur Welt bringen möchte, die das Leid ihrer Familie ertragen müssten. Da ist auch der 30 Jahre alte Bauer, der seine im Sterben liegende Mutter nicht besuchen darf, weil er nicht die nötigen Reisepapiere bekommt. Er landet im Arbeitslager und stellt fest: "Ja, auch ich bin ein Tier im Käfig, das sich nicht frei bewegen kann." Für diese Ohnmacht vor der allgegenwärtigen Staatsmacht finden Bandis Erzählfiguren unterschiedliche Beschreibungen. Die eine spricht von einer "Angst, die ihr Blut gefrieren ließ", ein anderer davon, dass ihn diese Ohnmacht wahnsinnig mache.

"Denunziation" wird viele Leser an George Orwells "1984" erinnern. Der größte Unterschied zwischen den beiden Werken ist, dass sich Bandis Schilderungen tatsächlich in einem echten Land abspielen. Es wird klar: Nordkorea ist mehr als Raketen und Atomwaffen und Militärparaden – Nordkorea ist ein Land voller Menschen, die ebenso lieben, lachen, tanzen und Freundschaften pflegen wollen wie alle anderen auch. (st)

Bandi: "Denunziation. Erzählungen aus Nordkorea", Piper, 224 Seiten, 20,60 Euro

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