Wie man die "Bombe im Kopf" entschärfen kann
LINZ. Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe der JKU.
"Bombe im Kopf". Ein martialischer Ausdruck für eine Fehlbildung im Gehirn, die Arteriovenöse Malformation (AVM). Im Hirn-Scan hebt sie sich als auffälliger dunkler "Klotz" inmitten der filigran verästelten Mikrostrukturen des Gehirns ab. Die Fehlbildung entsteht, wenn sich Arterie und Vene "verknäueln". Der hohe Blutdruck der Arterie geht dabei direkt in die Vene über, die schwammartige Dimensionen annimmt und jederzeit platzen kann. Zwei Prozent der Bevölkerung tragen eine AVM in sich.
Wie kann man die "Bombe im Kopf" entschärfen? Muss man das überhaupt? Um diese Fragen ging es zum Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe des Kepler Uniklinikums mit dem Titel "Neurochirurgie Linz Committed (=verpflichtet) to Excellence – Senior Fellows im Gespräch".
Premiere mit 19 Top-Medizinern
19 internationale Top-Mediziner, die gleichzeitig Ehrenmitglieder (=Fellows) der JKU sind, haben sich zu der von Andreas Gruber, Vorstand der Uniklinik für Neurochirurgie, geleiteten Reihe angemeldet. Als Ersten konnte Jens Meier, Dekan für Forschung der JKU, jetzt den Mailänder Neurochirurgen Marco Cenzato im Uni-Center begrüßen.
Unter Cenzatos Leitung haben europäische Neurochirurgen 2016 den Verlauf der AVM bei mehr als 500 Patienten untersucht. Die Ergebnisse widersprechen einer älteren US-Studie, veröffentlicht im Magazin "Lancet". Die US-Mediziner hatten sich mit Hinweis darauf, dass sich die Fehlbildung von selbst auflösen könne, für Abwarten und gegen chirurgische Eingriffe ausgesprochen. Cenzato kritisierte das in Linz als "therapeutischen Fatalismus". Die Top-Experten in Europa seien sich hingegen einig, "dass eine AVM irgendwann blutet und das Risiko dafür ab 40 Jahren steigt." Bei 2,4 Prozent der Betroffenen passiert das sogar binnen eines Jahres nach der Diagnose. Bei jedem Dritten sind die Folgewirkungen dramatisch.
Solange die "Bombe" tickt, gibt es drei Optionen: Operation (Standard in Linz), Embolisieren (über einen Katheter werden die Blutgefäße mit flüssigem Kunststoff verschlossen) und Gamma Knife (dabei lassen Gammastrahlen den Blutpfropf zerbröseln). Welche den größten Erfolg verspricht, müssen Experten aller drei Fachgebiete im Einzelfall gemeinsam klären.
Lange warten sollte man jedenfalls nicht, sagte Cenzato. Denn wenn die "Bombe im Kopf" tatsächlich hochgeht, erleiden 35 Prozent der Betroffenen irreparable Hirnschäden. Nach einer Operation liegt dieses Risiko hingegen nur bei 4,5 Prozent. Und spätestens nach sechs Jahren sind die Patienten in der Regel völlig beschwerdefrei.
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