Nie wieder Kreuzweh!

Jeden zweiten Oberösterreicher zwickt’s zumindest einmal pro Jahr im Kreuz – am häufigsten sind Menschen in der Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahren betroffen. Die gute Nachricht: Rund 90 Prozent aller Rückenschmerzen sind unkompliziert.

Zu den häufigsten Gründen gehören Verspannungen. Der Rücken ist bei vielen Menschen so etwas wie ein Spiegel ihres Wohlbefindens, sagt Gunther Mittermayr, leitender Physiotherapeut im Landeskrankenhaus Rohrbach, der beim Auftakt der „Gesundheits-Tour“ am Donnerstag, 21. Mai, Rede und Antwort stehen wird. Im Interview mit den OÖNachrichten räumt er mit vielen Mythen rund um Kreuzschmerzen auf und verrät, dass die beste Medizin gegen Kreuzweh die Bewegung ist.

1 Was ist das Schlimmste, was wir unserem Rücken antun können?

Die Antwort ist sehr einfach: Keine Bewegung, also das Dasein als Couch-Potatoe, ist für die menschliche Wirbelsäule das absolut Schlimmste. Wer sich schont, wird mit Kreuzweh belohnt! Aber auch einseitige Belastungen ohne Ausgleich schaden dem Kreuz, das heißt: Wer in der Arbeit immer sitzt, sollte sich zum Ausgleich bewegen.

2 Kann die richtige Matratze Rückenschmerzen lindern oder verhindern?

Diese Frage lässt sich auf seriöse Weise nicht beantworten: Der eine schwört auf weiche Matratzen, der andere liegt lieber hart. Hier stehen individuelle Vorlieben im Vordergrund. Wissenschaftliche Beweise gibt’s – soweit ich weiß – keine.

3 Sind Sportler gegen Kreuzschmerzen gefeit?

Leider nein. Trotzdem muss man sagen, dass Menschen, die viel Sport betreiben, meist einen gut trainierten Körper haben. Manche reizen allerdings auch sportlich die einseitige Belastung derart aus und ziehen sich so gesundheitliche Probleme zu.

4 Kann man sich das Kreuz wirklich verkühlen?

Viele Patientinnen und Patienten, die zu uns kommen, sagen, dass sie sich das Kreuz verkühlt haben, was eigentlich unmöglich ist. Es kann natürlich sein, dass jemand auf Zugluft empfindlich reagiert und sich dadurch verspannt. Einen „Schnupfen“ im Kreuz gibt’s aber nicht.

5 Stimmt es, dass Rückenschmerzen oft mit der psychischen Verfassung zusammenhängen?

Rückenschmerzen hängen immer eng mit der Psyche zusammen, wobei man oft nicht weiß, was zuerst da war. Wer chronische Beschwerden im Kreuz hat und immerzu an Schmerzen leidet, ist automatisch auch psychisch belastet. Und dann gibt es Menschen, die alles perfekt machen wollen. Dieses Ziel führt zu ständiger Überbeanspruchung von Strukturen wie Bändern und Sehnen. Die Psyche löst körperliche Prozesse aus. Aus dem Verhalten entsteht so Schmerz. Depressive Menschen haben oftmals eine gekrümmte Körperhaltung, die zu extremen Verspannungen im Nacken führt.

6 Ist Sitzen tatsächlich Gift fürs Kreuz, wie in vielen Ratgebern behauptet wird?

Sitzen ist eine einseitige Belastung – besonders dann, wenn man es stundenlang macht. Deshalb sollte man nicht stundenlang sitzen, sondern beim Telefonieren beispielsweise aufstehen oder auch auf Stehtischen arbeiten. Problematisch ist Sitzen dann, wenn keine Abwechslung geschieht.

7 Viele Menschen schieben ihre Rückenschmerzen auf die Bandscheiben. Sind diese tatsächlich so oft die Übeltäter?

In 90 Prozent der Fälle handelt es sich um so genannte banale Rückenschmerzen, die keine wirklich spezifische Ursache haben, also nicht der Bandscheibe oder der Muskulatur zugeordnet werden können. Mittels bildgebender Maßnahmen wie beispielsweise des MRT stellen wir aber immer wieder fest, dass fast alle 40-Jährigen bereits einen Bandscheibenvorfall haben, den sie sehr, sehr oft gar nicht bemerken, weil er keine Beschwerden macht.

8 Haben Frauen wirklich öfter Probleme mit der Wirbelsäule als Männer?

Das kann man so nicht sagen. Meiner Meinung nach leiden Männer früher an diesen Beschwerden, nämlich sehr stark im Alter zwischen 35 und 45. Frauen haben mit der Wirbelsäule oft erst zwischen 50 und 60 Jahren zu tun.

9 Früher hieß es, dass man sich schonen muss, wenn man Rückenschmerzen hat. Hat dieser Ratschlag heute noch Gültigkeit?

In den meisten Fällen nicht. Wir raten allen Menschen, unbedingt in Bewegung zu bleiben. Auch bei Abnützungen und Knorpelschäden ist Bewegung dringend anzuraten. Wir wissen heute, dass wochenlange Schonungsphasen die Belastbarkeit und die Muskulatur massiv schwächen.

10 Sind Rückenschmerzen wirklich eine Alterserscheinung?

Abnützungen sind Alterserscheinungen, aber Abnützung heißt nicht unbedingt, dass Schmerzen vorhanden sein müssen. Es ist so, dass jeder 90-Jährige degenerierte Bandscheiben hat, aber nicht jeder hat starke Kreuzschmerzen.

11 Muss ein Bandscheibenvorfall eigentlich immer operiert werden?

Nein. Operiert wird nur in Ausnahmefällen. Neurochirurgen empfehlen eine Operation nur bei grobmotorischen Ausfällen, also Lähmungserscheinungen. Aber auch bei unwillkürlichem Harnabgang und Sensibilitätsstörungen im Genital- und Analbereich muss wirklich rasch gehandelt werden.

 

Wir bringen Gesundheit zu den Menschen

Die OÖNachrichten-Gesundheits-Tour startet am Donnerstag, 21. Mai, im Landeskrankenhaus Rohrbach, um 18 Uhr mit dem Thema: „Alles für den gesunden Rücken“

Eintritt frei: Der Eintritt zu allen Veranstaltungen dieser Vortragsreihe „Gesundheits-Tour“ ist frei! Im Anschluss wird ein gesundes Buffet der Krankenhausküche gereicht. Um Anmeldungen wird gebeten unter 05 055477-22250 oder per Mail: regina.schnellmann@gespag.at

Die OÖNachrichten haben in Kooperation mit den gespag-Krankenhäusern, der UNIQA und Wozabal die Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen mit dem Ziel, Gesundheit direkt zu den Menschen zu bringen.

Nächste Termine:

Donnerstag, 11. Juni: „Sport und Übergewicht – kein Widerspruch“ im Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck;
Donnerstag, 25. Juni: „Sportverletzungen vermeiden“ im Salzkammergut-Klinikum Gmunden