Droht wirklich die Rückkehr der Seuchen in Europa?
Tagung der Tropenmediziner in Linz will die Fakten zurechtrücken.
Jedes Jahr sterben 15 Millionen Menschen weltweit an Infektionskrankheiten. Das ist die zweithäufigste Todesursache nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen. "Allerdings kommt es sehr darauf an, wo man lebt", sagt Herwig Kollaritsch, Präsident der Gesellschaft für Tropenmedizin. Die 51. Jahrestagung findet aktuell in Linz statt. In den vergangenen 30 Jahren seien 40 neue oder bereits totgeglaubte Infektionen wieder aufgetreten. "Dazu gehören Vogelgrippe und der Zika-Virus, aber auch die Pest, die jüngst in Madagaskar ausgebrochen ist."
Drei Entwicklungen in diesem Jahrhundert können Krankheiten mitbringen: der Klimawandel, der Zuwachs der Bevölkerung und die Globalisierung, mit der auch die Migration einhergeht. "All das bedeutet eine zunehmende Verschleppung von Krankheitserregern und von Überträgern", sagt Horst Aspöck von der Medizinischen Universität Wien.
Video: Viele der bewältigt geglaubten Infektionskrankheiten wie Masern oder Tuberkulose sind auf dem Vormarsch.
"Es geht darum, zu sensibilisieren, aber nicht hysterisch zu werden", sagt Martin Haditsch, Tropenmediziner aus Leonding. Beispiel Ebola: "Der Ausbruch 2014 in Westafrika mit insgesamt 30.000 Fällen führte zu Spekulationen über weltweite Konsequenzen und zu Fehlinformationen", sagt Haditsch. Fakt ist: Es ist eine schwere Krankheit, mehr als 27.000 Fälle und knapp 12.000 Tote wurden dokumentiert. "Ebola ist aber keinesfalls hochinfektiös." Masern beispielsweise sei zehnmal infektiöser. "Jährlich sterben 100.000 Kinder daran", sagt Kollaritsch.
Es gibt laut Schätzungen der WHO jedes Jahr 400 Millionen Dengue-Infektionen; vom Zika-Virus sind 70 Länder betroffen. Den unaussprechlichen Chikungunya gibt es seit 2013 in Amerika, aber auch in Frankreich und Italien. Das West-Nil-Virus hat sich seit 2009 in den USA flächendeckend verbreitet. Es gibt aber auch Fälle in Italien, Griechenland, Serbien und Österreich.
Vorsorge ist möglich
Viele der Krankheitserreger werden durch Stechmücken übertragen. "In Österreich gibt es derzeit 50 Arten, neue werden eingeschleppt", sagt Aspöck. Impfstoffe gegen die Erreger gebe es nur wenige: gegen Gelbfieber, FSME und Japan-Enzephalitis. Am Malaria-Impfstoff wird intensiv gearbeitet (siehe Kasten). "Es ist jederzeit ein Ausbruch von exotischen Erregern auch in Europa möglich", sagt Kollaritsch. Welche Viren und welche Intensität könne man aber nicht sagen. Die Tropenmediziner warnen vor Hysterie. "Man sollte das Bewusstsein hochhalten und Vorsorgemaßnahmen beachten wie etwa Hände waschen und Mückenschutz verwenden", sagt Haditsch. (ried)
Video: Zum Thema "Rückkehr der Seuchen" war Herwig Kollaritsch, Tropenmediziner an der Universität Wien zu Gast im ORF-Oberösterreich-Studio.
Malaria-Impfstoff:
An der Universitätsklinik Tübingen arbeitet man derzeit intensiv an einem Malaria-Impfstoff. Dabei werden lebende Malariaerreger verabreicht, zur Abschwächung wird gleichzeitig ein Malariamedikament gegeben. Die ersten Versuche mit Menschen zeigen, dass man mit dem Impfstoff auf einem guten Weg sei, sagt Peter Kremsner, führender Malariaforscher und Institutsleiter in Tübingen. "Derzeit wirkt die Impfung zehn Wochen lang." Nun werde weiter untersucht. Wann die Malaria-Impfung marktreif sein wird, kann er nicht sagen.
Und die Bibel hat doch recht!
Matthäus 24, 7