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Drei Methoden, zwei Forscher, eine Aufbruchsstimmung in der Genetik

Von Klaus Buttinger, 28. November 2015, 00:04 Uhr
Drei Methoden, zwei Forscher, eine Aufbruchsstimmung in der Genetik
Josef Penninger, Markus Hengstschäger (v. l.): Oberösterreichs Vorzeige-Wissenschafter in Diskussion. Bild: hermann wakolbinger

Die heimischen Spitzenforscher Josef Penninger und Markus Hengstschläger geben Einblick in die modernsten Methoden der Gentherapie und relativieren die Hoffnungen auf schnelle Heilerfolge.

Österreichs führende und Oberösterreichs prominenteste Spitzenforscher in Sachen Genetik absolvierten diese Woche einen Paarlauf im Schloss Linz. Geladen hatte die Academia Superior in Person ihres Leiters, des Linzer Forschers Markus Hengstschläger (Meduni Wien, Bioethikkommission), zu Gast war der aus Gurten stammende Genetiker Josef Penninger (Institut für Molekulare Biotechnologie). Die OÖN luden zur Doppelconférence.

OÖN: Was ist derzeit die heißeste Sache in der Genforschung?

Hengstschläger: Gentherapie. Unter dem Begriff Genom Editing (s. u.) gibt es neue Technologien, die ursprünglich aus Bakterien stammen und die man so adaptiert hat, dass man sie auch zur Veränderung eines Säugetiergenoms verwenden kann, etwa CRISPR-Cas9 (s. u.). Damit sehen wir die Möglichkeit, genetische Veränderungen durchzuführen, die heilenden Charakter haben. Vorstellbar wäre etwa eine Behandlung von Schmetterlingskindern.
Penninger: Wir arbeiten mit CRISPR-Cas9 jeden Tag. Damit geht vieles einfacher und billiger. Schmetterlingskinder haben ja eine fürchterliche Hauterkrankung. Kürzlich hatte ich eine Patientin, die mir sagte, sie brauche jeden Morgen zwei Stunden, um die Wunden zu verbinden, die sie sich durch das Umdrehen im Bett zugezogen hat. Diese Menschen haben eine bestimmte Genmutation, die wir kennen. Eine Idee wäre, hier mit rückprogrammierten und per CRISPR-Cas9 reparierten Stammzellen zu arbeiten. Dann braucht es noch clevere Doktoren, die das dann wieder zurückbringen in die Kinder, eventuell in Kombination mit Tissue Engineering (s. u.), damit man eventuell eine Heilung bewirkt.

Etliches aus der Welt der Gentechnik wurde mit Heilsversprechungen konnotiert. Nähern wir uns denn nun jenen Hoffnungen, die seit Jahren im Raum stehen?

Hengstschläger: Ich glaube ja. Die nächsten zehn Jahre werden diesen Schritt bringen. Es gab viele Rückschläge in der Gentherapie, die auf ungelöste technische Probleme zurückzuführen waren. Mit CRISPR-Cas9 schaut das jetzt anders aus, jetzt haben wir eine klare Reproduzierbarkeit und günstige Preise, um genetische Erkrankungen anzugehen.
Penninger: In den 1990er-Jahren war ich in Kanada, wo viele Gentherapie-Zentren eingerichtet wurden. Die haben fast alle wieder zugesperrt. Das war ein Hype. Es gab die ersten Rückschläge, no na, und dann ging erst die harte Arbeit los über zwanzig Jahre. Jetzt sind wir so weit, das anzuwenden. Der Grund, warum es nicht früher geklappt hat, war, dass man die Viren für den Gentransport nicht exakt genug kontrollieren konnte. Es gibt erste Erfolge, bei denen Gentherapie zur Heilung geführt hat, etwa bei Hämophilie (Bluterkrankheit, Anm.). Für diese Therapie gibt es auch schon die Zulassung in den USA und Europa. Für Volkskrankheiten ist die Gentherapie aber noch relativ weit weg.

Auch in Sachen Krebsbehandlung wurde häufige falsche Hoffnung auf Heilung verbreitet. Ist die Wissenschaft manchmal zu schnell mit der PR?

Penninger: Das geht zurück bis Richard Nixon und seinen "Fight against cancer". In fünf Jahren – so hieß es – könnte man alles heilen, wenn nur das Fundraising stimme. Seither ist tatsächlich viel passiert in der Krebsbehandlung, leider nicht so viel, wie wir uns alle erhofft haben. Was aber jetzt mit der Immunkrebstherapie passiert, ist so, als habe Gott auf uns herabgeblickt und gesagt: "Probiert es!" Bei bestimmten Tumoren, nicht bei allen, gibt es erstaunliche Ergebnisse.
Hengstschläger: Wir verfügen aber heute vielfach über Diagnosemöglichkeiten, um Krebs sehr früh zu erkennen. Auch das ist Ergebnis der Forschung.

Herr Hengstschläger, Sie sind in der Altersforschung sehr aktiv. Hat man sich hier nicht auch von der Gentechnik mehr erwartet?

Hengstschläger: Beim Kriterium, gut aufzupassen, was man sagt, um nicht zu viel Hoffnung in der Bevölkerung zu schüren, da sind der Josef und ich absolut dabei. Gerade uns, die wir viel mit Medien interagieren, ist das bewusst. Aber es gibt zwei Seiten. Man soll nicht übertreiben, aber sobald man nicht kommuniziert, könnte jemand auf die Idee kommen, Geld aus der Wissenschaft abzuziehen mit dem Argument, es schaue eh nicht viel heraus. Da wehre ich mich. Wenn die Fußballnationalmannschaft wieder einmal das Tor trifft, gehen Abermillionen in diese Sparte. Wenn ein Wissenschafter einen Erfolg verbuchen kann, muss er immer noch um Mittel für seine Forschung raufen.
Penninger: Obwohl: Das Logo von unserem Institut ist auf den Trainingsleiberln von Champions-League-Kickern drauf (lacht).

Herr Penninger, Sie haben vor 17 Jahren gesagt, Sie bräuchten im Grunde nur ein Haar und könnten daraus einen neuen Organismus machen. Das klingt in manchen Ohren vielleicht ein wenig frankensteinesk. Würden Sie das so heute wiederholen?

Penninger: Ja, absolut. Es ist zwar flapsig, aber es geht ja auch darum, dass die Leute über unser Thema diskutieren. Ich mache bewusst launige Aussagen. In unserer Welt voller Getwitter hat man oft nur zehn Sekunden, damit jemand mitkriegt, was man so tut.
Hengstschläger: Auch die Wissenschaft muss sich im Konzert der Aufmerksamkeit behaupten. Da gibt es eine gewisse Bringschuld der Wissenschaft gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit, um darzulegen, was am Ende den Menschen zugute kommt.

Darüber hinaus herrscht große Konkurrenz der Institute um Förderungen und Grants, oder?

Hengstschläger: Das ist nicht unser tatsächliches Problem. Wir haben viele gute Wissenschafter, für die der Gesamtfinanzstock erhöht werden müsste. Das muss möglich sein. Die Milliardensumme, die wir über Nacht der Hypo-Alpe-Adria gegeben haben, war ja auch machbar.
Penninger: Wir forschen ja nicht nur mit Steuergeld. Nur acht Prozent aller in Österreich ausgebildeten Doktoranden bleiben im universitären System, für den Rest müssen Stellen durch den privaten Sektor geschaffen werden.

Was sagen Sie zum Satz: "Wer Grundlagenforschung betreibt, hat keine Idee, wonach er sucht?"

Penninger: Demnach habe ich keine Idee. Aber wenn ich immer wissen wollte, was am Ende herauskommt, wäre ich Museumsdirektor geworden.

 


Genom Editing, CRISPR-Cas-System und Tissue Engineering

Das CRISPR/Cas-System (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) ist eine molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern (Genome Editing). DNA-Sequenzen können entfernt und durch andere DNA-Sequenzen an dieser Stelle ersetzt werden. Das CRISPR/Cas-System entstammt einem antiviralen Mechanismus aus Bakterien.

Beim Tissue Engineering (Gewebekonstruktion, Gewebezüchtung) werden einem Spender Zellen entnommen und im Labor in vitro je nach Bedarf zweidimensional (auf einem „Tuch“, engl. tissue) oder dreidimensional vermehrt. Dann kann die Zellkultur dem Spender (re-)transplantiert werden.

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1  Kommentar
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capsaicin (3.802 Kommentare)
am 28.11.2015 13:27

gscheite herren - keine frage !

aber auch vom tippsler der obigen zeilen, durfte man eine ganz originelle wortkreation kennenlernen:

* frankensteinsek !!

conclusio: halleluja...

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