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Tod in Schubhaft: Zwei Amtsärzte verurteilt

Von nachrichten.at/apa, 17. März 2014, 15:03 Uhr

WIEN. Verurteilt wurden am Montag zwei Ärzte wegen fahrlässiger Tötung. Ein Asylwerber (35) war zwei Tage, bevor er nach Russland abgeschoben hätte werden sollen, am 27. September 2012 in Schubhaft an einem Herzinfarkt gestorben.

Richterin Margaretha Richter erlegte den beiden Veruteilten eine Geldstrafe von je 15.000 Euro (150 Tagessätze zu je 100 Euro) auf. Zudem müssen sie die Kosten des Strafverfahrens tragen.

Wie Richterin Margaretha Richter in ihrer Urteilsbegründung darlegte, hätten die beiden schuldig erkannten Ärzte die Durchführung einer EKG-Untersuchung unterlassen und damit fahrlässig den Tod des tschetschenischen Asylwerbers mit herbeigeführt. "Da war eine Verantwortung gegeben", verwies die Verhandlungsleiterin darauf, dass trotz geltend gemachter Brustbeschwerden bei Untersuchungen 13 bzw. elf Tage vor dem Ableben des Schubhäftlings diesen mittels eines zur Verfügung stehenden EKG-Geräts nicht näher nachgegangen wurde. "Es ist keine Maßnahme gesetzt worden", monierte Richter.

Erkrankung des Asylwerbers nicht nachgegangen

Drei Amtsärzte und ein Psychiater mussten sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten, weil sie auf eine Erkrankung am Herzen hindeutenden Symptomen nicht nachgegangen sein sollen und sich damit am Tod des Mannes mitschuldig gemacht haben sollen. Zelimkhan Isakov war am 30. Juni 2012 verhaftet worden, weil er bei einer Polizeikontrolle keinen gültigen Ausweis vorweisen konnte und sich im weiteren Verlauf herausstellte, dass es gegen ihn einen negativen Asylbescheid gab.

Dem Mann hatten in der Schubhaft offenbar erhebliche gesundheitliche Beschwerden zu schaffen gemacht. Zwischen dem 26. Juli und dem Tag seines Ablebens suchte er im PAZ nicht weniger als 60 Mal ärztliche Hilfe auf. Vorrangig klagte der 35-Jährige bei den Amtsärzten über ein urologisches Problem - abklingenden Herpes im Unterleibsbereich - und psychische Schwierigkeiten, wiederholt wies er aber auch auf Brustbeschwerden hin. Dennoch hielt es keiner der drei Amtsärzte, die mit Isakov zu tun hatten, für notwendig, ein Elektrokardiogramm anzufertigen, obwohl in dem Untersuchungszimmer ein EKG-Gerät zur Verfügung gestanden wäre.

Am häufigsten bekam eine 55-jährige Medizinerin, die ausschließlich als Amtsärztin für die Polizei arbeitet, Isakov zu sehen. Die aus Osteuropa stammende Ärztin konnte sich sogar auf Russisch mit dem Asylwerber unterhalten. Sie habe diesen für "sehr krank" gehalten, räumte sie nun vor Richterin Margaretha Richter ein: "Es war eine sehr große Belastung für ihn, im Polizeianhaltezentrum zu sein." Seine Unterleibsbeschwerden habe sie auch auf die mit der Schubhaft verbundene Trennung von seiner Frau und die erzwungene "Enthaltsamkeit" zurückgeführt, meinte die Amtsärztin. "Für mich war er haftfähig."

Ärzte übernahmen Verantwortung

Im Unterschied zu ihrer weiblichen Kollegin räumten die beiden Amtsärzte im Nachhinein ein, dass eine EKG-Untersuchung bei dem tschetschenischen Asylwerber geboten gewesen wäre. Der mitangeklagte Psychiater erklärte sich demgegenüber für "nicht schuldig".

Der ältere der beiden Amtsärzte, ein auf Sportmedizin spezialisierter praktischer Arzt, hatte Zelimkhan Isakov am 1. Juli 2012 untersucht und diesem Haftfähigkeit bescheinigt. Den zweiten Kontakt zu dem 35-Jährigen hatte dieser Arzt eineinhalb Monate später, als ihm der Schubhäftling am 14. September neben Schmerzen im Unterleib auch von Beschwerden im Brustbereich berichtete. "Seit drei Tagen Schmerzen in Brust", vermerkte der Amtsarzt in der Krankengeschichte. Das EKG-Gerät kam trotzdem nicht zum Einsatz, um diesen näher nachzugehen. Der Mann habe "diffuse Schmerzen" geltend gemacht und mit den Händen vor allem Gesten Richtung Unterleib gemacht, sagte der Sportmediziner. Da sich keine Symptome in Richtung Herzbeschwerden zeigten, sei er davon ausgegangen, dass diese im Vordergrund standen, bemerkte der Angeklagte: "Ich muss darauf vertrauen, was der Patient sagt. Ich hätte reagiert, wenn er mit seiner Gestik wieder nach oben gedeutet hätte."

Der Psychiater, der mit dem Tschetschenen insgesamt drei bis vier Mal zu tun hatte - der Mann hatte vor seiner Abschiebung und der erzwungenen Rückkehr in seine Heimat Angst und litt aufgrund dessen unter Depressionen -, bekam den 35-Jährigen noch am selben Tag zu Gesicht. Auch dem Psychiater erzählte Isakov am 14. September von Schmerzen in der Brust. Dieser hielt das für Begleiterscheinungen einer "negativen somatischen Befindlichkeit", wie er nun Richterin Margaretha Richter darlegte. Eine EKG-Untersuchung falle nicht in seine Zuständigkeit. Zudem habe er aus der Krankengeschichte ersehen, dass bereits die Amtsärzte mit dieser Problematik vertraut waren. Weil der Häftling dann beim nächsten Termin ausdrücklich erklärte, schmerzfrei zu sein, habe er keine Veranlassung gesehen, weiter etwas zu unternehmen, hielt der Psychiater fest.

Ärztin und Psychiater freigesprochen

Die mitangeklagte Amtsärztin wurde freigesprochen, weil - gestützt auf ein kardiologisches Gutachten - nach Ansicht des Gerichts im Zweifel davon auszugehen war, dass bei ihrer Untersuchung zweidreiviertel Stunden vor dem Ableben des Mannes der Infarkt auch mit einer EKG-Testung nicht mehr zu verhindern gewesen wäre. Auch ein zur Anklage gebrachter Psychiater wurde freigesprochen.

In seinem schriftlichen Bericht hatte allerdings auch dieser Amtsarzt Schmerzen in der Brust notiert. "Das war unglücklich formuliert", erklärte er. Es sei "halt kürzer formuliert worden, ich hab' ja keine Schreibkraft".

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