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Legende aus Linz: Flüchtlingshelferin Ute Bock ist tot

Von Christoph Kotanko, 19. Jänner 2018, 11:07 Uhr
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Bildergalerie Flüchtlingshelferin Ute Bock ist tot
Bild: ROBERT JAEGER (APA)

Sie konnte unfreundlich, grob und gereizt sein; diffuse Nettigkeit war für Ute Bock ein Greuel. Als Flüchtlingshelferin kannte sie keine Furcht vor Autoritäten. Kompromisslos setzte sie sich für ihre Schützlinge ein. Ein Nachruf von Christoph Kotanko.

Geboren am 27. Juni 1942 in Linz, wurde die Erzieherin zu einer Symbolfigur des staatlichen Versagen in der Asylpolitik – und zur „Mama Bock“ der Willkommenskultur. Sie war buchstäblich Tag und Nacht in ihren Wohnprojekten für Obdachlose im Einsatz. Dieser Lebensstil hatte im Dezember 2013 einen Schlaganfall zur Folge.

In der Nacht zum Freitag starb Ute Bock in Wien. „In tiefster Betroffenheit müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass uns Frau Bock heute verlassen hat. Nach kurzer schwerer Krankheit ist sie heute um 4:40 Uhr im Kreise ihrer Schützlinge im Ute-Bock-Haus verstorben", gab Katja Teichert, die Geschäftsführerin des Flüchtlingsprojekts Ute Bock, bekannt. "Bis zur letzten Sekunde drehte sich ihr ganzes Denken und Handeln um das Wohlergehen geflüchteter Menschen. Der Erfüllung ihres größten Wunsches, eines Tages überflüssig zu werden, sind wir gerade in Zeiten wie diesen ferner denn je. Tugenden wie Zivilcourage, Solidarität und Menschlichkeit hat uns Frau Bock zeit ihres Lebens gelehrt. Ohne viele Worte hat sie einfach gehandelt, sich selbst hat sie dabei nie geschont", heißt es in der Aussendung weiter.

„Frau Bock“ war eine Marke, eine moralische Instanz, geliebt von ihren Anhängern, gehasst von ihren Gegnern vor allem im rechtsextremen Lager. Geboren wurde sie in kleinbürgerlichen Verhältnissen. In der Familie herrschte laut Bock-Biografin Cornelia Krebs ein rauer Ton, der Vater hatte Sympathien für die Nazis und war ein "grausamer, selbstherrlicher Mensch".

Nach der Matura ließ sich Bock auf Drängen ihres Vaters, der einen „abgesicherten Beruf“ für die Tochter wollte, bei der Stadt Wien zur Erzieherin ausbilden. Sie wurde in ein Heim für Sonderschüler im Biedermannsdorf (Niederösterreich) geschickt. Die Buben, so erzählte sie, seien durch die "tristen Verhältnisse" in ihren Familien zu Sonderschülern geworden;  dumm waren sie nicht.

1969 wurde sie "Heimmutter" im Gesellenheim der Stadt Wien in Favoriten. Ihre Erziehungsmethoden waren, der damaligen Zeit entsprechend, rabiat, mancher Zögling bekam eine Ohrfeige. Das benützten ihre Feinde später, um sie als „Prüglerin“ zu beschimpfen. Bock selbst gab  unumwunden zu: „Es war sicher auch nicht alles in Ordnung, was ich gemacht habe. Schrecklich, aber es war so.“

Das Heim in der Zohmanngasse wurde ab den Neunzigerjahren die Anlaufstelle für Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, später auch aus Afrika und Asien. Bock war die erste Adresse für „hoffnungslose Fälle“ ohne staatliche Unterstützung. Finanzielle und juristische Schwierigkeiten gab es immer, besonders 1999 nach einer Polizeiaktion („Operation Spring“) im Heim.

Der Zeitpunkt kurz vor der Nationalratswahl war wohl nicht zufällig, die FPÖ hatte Hochkonjunktur und viele Anhänger im Wiener Polizeiapparat. 30 junge Afrikaner wurden unter dem Verdacht der Bandenbildung und des Drogenhandels  festgenommen, Bock zeitweise vom Dienst suspendiert. Eine Anklage wurde später fallengelassen, sie durfte allerdings keine weiteren Asylwerber aus Afrika beherbergen.

Nach ihrer Pensionierung im Jahr 2000 begann sie mit dem Flüchtlingsprojekt Ute Bock. 2002 gründete sie mit Michael Havel den "Verein Ute Bock – Wohn-und Integrationsprojekt". Dieses war für Obdachlose auch die Zustelladresse für Behördenschriftstücke, die  sie sonst nicht erreicht hätten.

In Geldnot war „Mama Bock“ immer. 2008 bewahrte sie der Industrielle Hans Peter Haselsteiner vor der Pleite. Bis zuletzt lebte sie in einer kleinen Wohnung im ihrem Flüchtlingsquartier.

Die Anerkennungen für ihr unermüdliches Wirken kamen spät.  2002 bekam sie den Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte, 2012 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich.   

Familie lehnt Angebot für Ehrengrab ab

Die verstorbene Flüchtlingshelferin Ute Bock wird nicht in einem Ehrengrab beigesetzt. Die Familie habe das entsprechende Angebot der Stadt Wien "aus Gründen der Privatheit" abgelehnt, informierte das Büro des zuständigen Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) die APA. 

Video: Die bekannte Flüchtlingshelferin Ute Bock ist am Donnerstag im Alter von 75 Jahren nach kurzer Krankheit in Wien verstorben.

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