Jugend von heute: Cool, aber ohne Plan

Von Valerie Hader   09.August 2014

"Die junge Generation jongliert ohne großen Plan durchs Leben, lässt sich alle Optionen offen und lebt nach dem Motto: Einfach mal schauen, was geht", sagt Beate Großegger. "Und zwischendurch werden Partys gefeiert, um den Zumutungen des Alltags zu entfliehen. Jugendliche sind coole Lifestyle-Kids, zugleich aber politisch desillusioniert und beruflich verunsichert – und vor allem die großen Verlierer der Krise." Warum das so ist, erklärt Beate Großegger, Autorin des Buches "Kinder der Krise" und Leiterin des Wiener Jugendkulturinstituts, im OÖNachrichten-Interview.

 

Was macht den Jugendlichen heute am meisten zu schaffen?

Beate Großegger: Junge Menschen sind heute wahrlich in keiner einfachen Situation. Die Krise, die uns seit 2008 nicht loslässt, hat gezeigt, dass unsere Gesellschaft an einem Wendepunkt steht, gewohnte Sicherheiten bröckeln. Was morgen kommen wird, ist unvorhersehbar. Nur eines ist klar: Das Alte ist obsolet geworden und das Neue beängstigend.

Welche Strategien haben die Jungen dagegen entwickelt?

Diese Generation ist eigentlich immer am Sprung. Sie hält sich alle Möglichkeiten offen, bleibt unverbindlich und versucht, auf die sich ständig wandelnden Herausforderungen flexibel zu reagieren. Als Kinder der Krise lernen Jugendliche früh, dass es besser ist, nicht langfristig zu planen, weil es meist anders kommt, als erhofft.

So heißt es also Resignation statt Rebellion?

Die Jugend hat gelernt, dass man in Zeiten wie diesen leichter lebt, wenn man strikte Prinzipien über Bord wirft, sich nicht festlegt, sondern Optionen offenhält: Nach dem Motto: "Einfach einmal schauen, was geht." Anstatt Utopien einer besseren Gesellschaft zu entwerfen, ringt sie darum, in der wettbewerbsorientierten Welt selbst am Ball zu bleiben.

Aber die jungen Leute haben wohl auch Ziele und Träume?

Was Lebensperspektiven betrifft, sind Jugendliche eher unspektakulär: Sie wollen ein gutes Leben führen, neben Schule und Ausbildung genug Zeit für Freizeit und Freunde haben, später einmal einen Job finden, der halbwegs Spaß macht und ein solides Einkommen garantiert. Das sind simple Wünsche, die sich aber nicht immer einfach verwirklichen lassen. Und das wissen die Jugendlichen auch.

Was können Eltern tun, um ihre Kinder auf die großen Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten?

Sie dürfen vor allem nicht mehr darauf vertrauen, dass gute Ausbildung automatisch ein gutes Leben garantiert, denn die sozialen Bruchkanten werden schärfer, und der Absturz ist heute von überall aus möglich. Im Zusammenhang mit der Berufsausbildung wäre daher vermutlich die Förderung eines "zweiten Standbeines" sinnvoll.

Buchtipp: Beate Großegger, "Kinder der Krise", Archiv Verlag, 18 Euro

 

Liebe, Eltern, Kleidung

Das denken junge Leute über ...

Die Liebe: Viele Jugendliche träumen von der großen, romantischen Liebe. Und doch gestalten sie ihre Beziehungen meist völlig anders, „realistischer“, sagt Beate Großegger. Wer die große Liebe nicht gleich gefunden hat, wartet nicht. Man zieht zusammen, wenn man sich gut leiden kann – und hofft, dass „der Richtige“ noch auftaucht.

Die Eltern: Nicht selten verstehen sich junge Mädchen und Burschen mit ihren Eltern ausgesprochen gut. Doch auch wenn der Generationenkonflikt weitestgehend verschwunden ist, hat das nicht unbedingt zu mehr Miteinander geführt. „Wir beobachten vielmehr ein zwar konfliktfreies, aber alles in allem eher gleichgültiges Nebeneinander“, sagt Großegger. Auch das Hotel Mama ist in Zeiten prekärer Arbeitsverträge und horrende Mieten nicht mehr so uncool wie früher, sondern voll akzeptiert.

Kleidung: Die heutige Jugend ist in eine Konsumgesellschaft hineingeboren und hat gelernt, Marken „zu lesen“ und für sich zu nutzen. Die Botschaft ist: Coole Marken werden von coolen Menschen getragen.

Die Politik: Junge Menschen begegnen Politikern mit Skepsis, sind desillusioniert und fühlen sich schlecht vertreten. Sie sind nicht an Ideologien interessiert, sondern wollen nur, „dass die Dinge funktionieren“.

 

Anforderungen an Jugendliche steigen

"Nach dem Bachelor in Öko-Energietechnik studiere ich jetzt noch weiter, denn eine gute Ausbildung ist wichtig. Wie die Zukunft dann aussieht, ist aber unmöglich zu sagen.“
Michaela Herber, 21, Studentin aus Pucking

"Ich will einmal einen guten Job bekommen. Die Anforderungen werden aber größer. Darum gehe ich auf jeden Fall studieren.“
Laurenz Kulmer, 17, Schüler aus Wels

"Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche hatte ich Gott sei Dank keine. Viele meiner Freunde müssen allerdings sehr kompromissbereit sein.“
Viktoria Schapfl, 18, Pfarrsekretärin aus Eferding

"Ohne Matura geht’s heute fast nicht mehr. HTL-Absolventen in Elektrotechnik sind aber immer gefragt. Ich mache mir keine Sorgen, bald einen Job zu finden.“
Martin Dumfart, 20, Arbeitssuchender aus Eidenberg