Eisstock-WM: Austria ist großer Favorit und hilft Australien an der Bande aus
AMSTETTEN. Steyrer Hans Samwald coachte Damen und Jugend von "Down Under" zur Bronzemedaille.
Im Stocksport ist Österreich mit 107.000 Aktiven eine Großmacht wie die Kenianer im Marathon. Während sich die "kleinen Nationen" auf den Kehren in der Amstettner Eishalle teils abmühten, mit gutem Maß ihre Stöcke an die Daube zu stellen, legte die österreichische Moarschaft eine Aufwärmrunde hin. Meistens matcht sich das rot-weiß-rote Quartett mit dem Viergespann aus Deutschland um die Goldmedaille, ein paar Mal schnappte Italien den Erzrivalen den WM-Titel weg.
So hoch wachsen die Bäume nicht beim Rest der Welt, der bei der elften Weltmeisterschaft in Amstetten und Winklarn 21 Länder umfasst. In Kenia - darauf ist Verbandspräsident Tim Ngugi stolz - wurde die Länderorganisation des Stocksports von Schwarzafrikanern aus der Taufe gehoben und ist keine Gründung von Auswanderern wie in Namibia oder Brasilien. Nur 18 Eisstöcke samt Belagsscheiben stehen Kenias 40 Aktiven auf Asphalt zur Verfügung. "Die Umstellung auf Eis ist kein Problem", sagte Ngugi. Seine Moarschaft hat dann aber gegen Kolumbien Pflichtpunkte vergeigt. Immerhin bezahlt das Sportministerium von Kenia für die WM-Teilnahme Flugtickets und Hotel.
Davon kann Manfred Stöghofer (55) nur träumen. Der australischen Regierung fällt nicht ein, für eine Equipe der Stockschützen aus "Down Under" nur einen Cent auszugeben. Dabei ist der Verband gut aufgestellt, seitdem Stöghofer, der vor 30 Jahren von Amstetten ausgewandert ist, als Präsident das Heft in die Hand genommen hat. Der Elektrotechniker, der in Melbourne erfolgreich mit Satellitenanlagen für Wohnwagen und Trailer handelt, hat die Mannschaft mit gelben Shirts und Kängurus drauf auch schon zur Bronzemedaille der Damen 2016 in der B-Weltmeisterschaft geführt. Ein Mann hinter der Bande war daran mit seinen Ratschlägen nicht unmaßgeblich beteiligt: Hans Samwald vom Steyrer Stockschützenverein SV Forelle gibt die Taktik vor, seitdem man sich 1997 bei einem Turnier kennengelernt hatte. Gestern hatte das Nationalteam einen Ast und verlor auch gegen Slowenien zum Ärgernis just mit dem allerletzten Schuss.
"Wenigstens reiste das Juniorenteam bereits mit Bronze im Weitenbewerb um den Hals nach Melbourne zurück", sagt Stöghofer zufrieden. Die Medaillengewinner Max, Richard und Perry sind seine Söhne. Bei den Erwachsenen, bei denen sich Englisch als Teamsprache durchgesetzt hat, richtet sich der Blick nach vorn. "Edelmetall ist weg", sagt Stöghofer, "jetzt geben wir alles, um um den fünften Platz mitzuspielen."
Samstag ist Schlüsseltag für "Olympiaqualifikation"
Zumal Curling olympische Disziplin ist, bestehe kein Grund, dem Stockschießen als Präzisions- und Kraftsport die Ehre der fünf Ringe zu verweigern: Der Präsident der internationalen Federation Icestock (IFI), Manfred Schäfer, hat eine 600 Seiten dicke Expertise erstellen lassen, die beweisen soll, dass dem Stocksport längst die Aufnahme bei den Olympischen Spielen gebühre. Bisher hat es die Sportart bei Olympia nur zu zwei Vorführbewerben in Berchtesgaden (1936) und Innsbruck (1964) gebracht. Am Samstag wird eine hochrangige Delegation des Internationalen Olympischen Komitees zur Entscheidungsfindung die Eisstock-WM in Amstetten/Winklarn besuchen.