39-Jährige soll ihren Freund getötet haben
WIEN. Der Mordprozess gegen eine 39-Jährige, die am 15. Juli 2017 auf der Donauinsel ihren um zehn Jahre jüngeren Lebensgefährten mit einer abgebrochenen Bierflasche vorsätzlich getötet haben soll, ist am Montag am Wiener Landesgericht fortgesetzt worden.
Da die notwendigen Zeugen diesmal von der Polizei vorgeführt wurden, sollte am Nachmittag ein Urteil gegen die leugnende Angeklagte gesprochen werden.
Die ausgebildete Sozialarbeiterin und Krankenschwester war ins Obdachlosenmilieu abgeglitten, nachdem sie sich zur Alkoholikerin entwickelt hatte. Im vergangenen Juli nächtigte sie gemeinsam mit ihrem aktuellen und ihrem früheren Partner - beide ohne Bleibe - auf der Donauinsel. Man trank untertags reichlich Wodka, Cointreau und Bier und legte sich ihren Angaben zufolge nach Einbruch der Dunkelheit mit ihrem 29-jährigen Freund schlafen. Mitten in der Nacht sei sie dann aufgewacht, weil dieser mit einer klaffenden Wunde auf sie gefallen sei. Für ihn kam jede Hilfe zu spät. Er verblutete.
Der Sterbende hätte in ihren Armen wiederholt "Fritzl" geflüstert, den Namen ihres eifersüchtigen Ex-Freunds: "Da war für mich klar, dass es nur der sein kann. Er war krankhaft eifersüchtig, und er hat es ein paar Mal angekündigt." Die Staatsanwaltschaft geht demgegenüber aufgrund der Beweislage davon aus, dass die 39-Jährige mit der abgebrochenen Flasche gegen den Partner vorgegangen war, nachdem es zwischen den beiden offenbar zu einem Streit gekommen war. Sie soll vor ihrer Festnahme die Bluttat zwei Bekannten gestanden haben.
Obwohl die Beschuldigte ihren Ex-Freund als Täter angab, nahm dieser die 39-Jährige weiterhin in Schutz, was Richter Ulrich Nachtlberger durchaus verwunderte. "Haben sie schon einmal geliebt?", fragte der sichtlich von seinen Gefühlen übermannte Obdachlose daraufhin den Vorsitzenden des Schwurgerichts. "Das ist eine sehr persönliche Gegenfrage", meinte Nachtlberger und blieb die Antwort schuldig.
Das tat auch der 35-Jährige, als er trotz zahlreicher Beteuerungen, die Wahrheit zu sagen, nicht erklären konnte, warum sich seine Aussagen bei der Polizei immer mehr zugunsten der Angeklagten verändert hatten, bis er nun vor Gericht gar von Notwehr und einem Unfall sprach. Laut seinen ersten Angaben habe die 39-Jährige nach einem Saufgelage im Zuge eines Streits um eine Flasche Wodka das Opfer mit einer abgebrochenen Bierflasche angegriffen und erstochen. Nach der jüngsten Version wäre der 29-Jährige der Angreifer gewesen, und die Beschuldigte hätte lediglich ihn und sich selbst verteidigt. Bei einem Gerangel wären alle drei gestürzt, wodurch der Tobende versehentlich ums Leben kam.
Der Richter zeigte sich angesichts dieser Variante verwundert: "Wie Sie das schildern, ist das neu." Denn zuvor hatte der 35-Jährige nie erwähnt, dass das Opfer ebenfalls mit einer abgebrochenen Gösser-Bierflasche bewaffnet gewesen sei. Auch sei diese nicht am Tatort gefunden worden, im Gegensatz zu jener Wieselburger-Bierflasche, mit der der Mann getötet worden war. Dieser Flaschenrest weist auch die DNA-Spuren der Angeklagten und das Blut des Opfers auf. Auf einem Käsemesser, das der Verteidigungsstrategie zufolge die Tatwaffe gewesen sein soll, fanden sich allerdings weder Blutspuren noch Hinweise auf DNA-Spuren des Toten, die zwangsläufig vorhanden hätten sein müssen. Dieses sei laut Gutachter "als mögliches Tatwerkzeug auszuscheiden".
Während einer kurzen Unterbrechung wurden vom Richtersenat die Fragen an die Geschworenen ausgearbeitet. Anschließend sollten die Plädoyers folgen und die Beratung der Laienrichter beginnen.
In Wien, wo sonst?