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Chat zum Thema Essstörungen mit Michaela Schöny

Von nachrichten.at, 13. März 2014, 13:18 Uhr
Chat Essstörungen Michaela Schöny
Psychologin Michaela Schöny (l.) mit den Redakteurinnen Andrea Endt und Claudia Riedler Bild: OÖN/bar

Michaela Schöny, Psychologin an der Landesnervenklinik Linz, gab im OÖN-Chat Antworten auf Fragen zum Thema Essstörungen.

Gast6528: Liebe Frau Schöny, Ich habe eine 13-jährige Tochter, die in der Klasse wegen ihrer Figur verspottet wird. Deshalb isst sie kaum noch. Wie soll ich mich verhalten?
Michaela Schöny: Versuchen Sie, das Thema Essen mit Ihrer Tochter anzusprechen und Ihre Sorge diesbezüglich zum Ausdruck zu bringen. Wenig hilfreich ist es, das Essverhalten der Tochter zu kontrollieren, ständig ihre Lieblingsspeise zu kochen, selber versuchen, als Mutter das Essverhalten anzupassen... Versuchen Sie auch, den Stellenwert von Figur und Gewicht in einem realistischen Maß zu thematisieren. Die meisten Essstörungen entstehen in der Pubertät, deshalb ist es von Bedeutung, Ihrer Beobachtung zu folgen und das Thema Essen anzusprechen. Falls es zu einer großen Gewichtsabnahme kommt, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Gast8216: Sind wirklich, wie oft behauptet, das von Medien und Modeindustrie propagierte Schönheitsideal Schuld an einer Essstörung oder liegen die Ursachen nicht vielmehr in der Psyche der Betroffenen?
Michaela Schöny:
Die Entstehung von Essstörungen liegt in einer komplexen Interaktion von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren. Auf der psychischen Ebene ist vor allem eine gestörte Emotionsregulation für die Entstehung und Aufrechterhaltung verantwortlich (Bewältigung von Emotionen durch Essen oder Nicht-Essen). Auf der biologischen Ebene spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Auf der sozialen Ebene spielt das in der Gesellschaft und Medien verbreitete Bild von Schönheit eine entscheidende Rolle. Es gibt keine kausalen Zusammenhänge, sondern es spielen viele Faktoren eine Rolle.

Gast1163: Werden Mädchen mit geringerem Selbstbewusstsein eher magersüchtig?
Michaela Schöny:
Ja. Bei Essgestörten hängt das Selbstwertgefühl sehr stark mit Figur und Gewicht zusammen. Das äußere Erscheinungsbild ist ein Haupteinflussfaktor auf den Selbstwert. Ziel in der Behandlung ist es, den Selbstwert auf mehreren Säulen aufzubauen, das heißt auch andere Lebensbereiche (Soziales, Freizeit) zu stärken.

Gast1771: Meiner Tochter ist seit kurzem wegen ihrer Essstörung in Therapie und ich mache mir große Vorwürfe. Vielleicht habe ich mich zu wenig um sie gekümmert. Könnte das Ganze meine Schuld sein?
Michaela Schöny:
Die Schuld für die Entstehung einer Essstörung liegt mit Sicherheit nicht bei einer nahen Bezugsperson. Bei der Entstehung spielen viele bio-psycho-soziale Faktoren eine Rolle. Aus empirischen Studien weiß man, dass familiäre Beziehungsdynamiken einen Einfluss auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen haben. Für die Behandlung ist es von Bedeutung, nahe Angehörige mit einzubeziehen.

Gast6032: Sehr geehrte Frau Michaela Schöny, ich bin 26 Jahre und homosexuell. Gerade unter schwulen Männern herrschen zum Teil recht unterschiedliche Einstellungen zum Thema Essen. Viele hungern sich ab um ja dem Ideal zu entsprechen. Ich jedoch bin etwas stärker und werde dazu auch oftmals angesprochen was mein Selbstbewusstsein zum Teil schwächt. Deshalb esse ich den Frust erst wieder in mich rein und es dreht sich im Kreis. Was kann ich tun?
Michaela Schöny:
Das Hauptmerkmal von Essstörungen stellt die Bedeutung von Figur und Gewicht und deren Einfluss auf das Selbstwertgefühl dar. Wichtig ist es, den Fokus wegzulenken vom äußeren Erscheinungsbild hin zu anderen wichtigen Lebensbereichen. Der Frust, der durch die Reaktion der anderen entsteht, soll nicht durch Essen reguliert werden, sondern andere Umgangsformen mit dieser Emotion sollen gefunden werden.

Gast7785: Was passiert mit dem Körper, wenn er über einen längeren Zeitraum zu wenig Nahrung bekommt?
Michaela Schöny:
Wenn der Körper unzureichend längerfristig mit Nahrung versorgt wird, kommt es zu Mangelerscheinungen und Folgeschäden. Typische physiologische Folgeschäden sind Elektrolytstörungen, Kreislaufbeschwerden, Zahnschäden oder Schäden an der Speiseröhre (bei Bulimie), Osteoporose, Schädigung der Nägel und Haare, Flaumbehaarung, Verdauungsprobleme. Auf der psychischen Ebene kommt es zu Beeinträchtigungen in der Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und zu Merkfähigkeitsstörungen sowie zu Gereiztheit.

Gast5355: Meine 15-jährige Tochter surft viel im Internet und holt sich dort Tipps für Mode, Aussehen und Diäten. Soll ich mit ihr darüber reden und wie führt man so ein Gespräch?
Michaela Schöny:
Es ist wichtig, mit Ihrer Tochter ein Gespräch zu suchen. Diäten sind zumeist der Beginn einer Essstörung. Die Gefahren, die damit verbunden sind, sollten mit der Tochter besprochen werden. Der Wert von Figur, Gewicht und Aussehen sollte einen realistischen Stellenwert im Leben bekommen. Andere Werte sollen wieder vermehrt fokussiert werden (soziale Beziehungen, Freizeit, usw.). Bewerten Sie Ihre Tochter nicht nur nach ihrem äußeren Erscheinungsbild oder Leistung, sondern auch nach ihrer Persönlichkeit.

Gast2754: Sind eigentlich alle Mädchen mit Schenkel-Lücke oder Bikini-Bridge automatisch magersüchtig?
Michaela Schöny:
Nein. Es gibt auch Mädchen und Frauen, die von ihrer natürlichen Konstitution her ohne bewusste Einflussnahme die Schenkel-Lücke oder Bikini-Bridge haben. Trotz viel Anstrengung und Hunger kann nicht jeder die Schenkel-Lücke oder Bikini-Bridge erreichen.

Gast2754: Meine beste Freundin wird immer dünner. Soll ich mit ihr reden? Oder ihre Eltern ansprechen?
Michaela Schöny:
Sprechen Sie Ihre Freundin persönlich an, sonst fühlt sie sich womöglich hintergangen. Wichtig ist es, in diesem Gespräch Ihre Sorge zum Ausdruck zu bringen und ihr Unterstützung anzubieten. Mit Unterstützung ist gemeint, sie eventuell zu einer Beratungsstelle zu begleiten oder sie über professionelle Hilfsangebote zu informieren.

Gast3874: Man hört meist nur von magersüchtigen Mädchen bzw. Frauen. Sind Männer nie von Essstörungen betroffen?
Michaela Schöny:
Bei Essstörungen ist das Geschlechterverhältnis ca. 1:10, das heißt es sind ca. 90 Prozent Frauen Betroffene. Männer weisen oftmalig weniger Behandlungsbereitschaft auf, da das Thema Essstörungen bei Männern noch mehr schambesetzt ist.

Gast8907: Ich hatte Bulimie, habe jetzt zwei Kinder – was kann ich tun, damit ich meine Suchterkrankung nicht weitergebe?
Michaela Schöny:
Wichtig ist es, eine Vorbildfunktion für die Kinder zu erfüllen und zu Hause ein regelmäßiges, ausgewogenes Essverhalten zu etablieren. Die Kinder lernen von Ihnen als Eltern, wie ein normales Essverhalten aussieht.

Gast2288: Meine 11-jährige Tochter macht jeden Tag Sport, um nicht zu dick zu werden. Es wird in letzter Zeit immer mehr und bestimmt ihren Tagesablauf. Ist das noch normal?
Michaela Schöny:
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Störungen im Essverhalten und Essstörungen. Störungen im Essverhalten sind oftmalig eine Vorstufe von diagnostizierten Essstörungen und beeinhalten Verhaltensweisen wie sportliche Aktivität zur Gewichtsreduktion, das Auslassen von Mahlzeiten, eine lange Liste verbotener Nahrungsmittel, das ausschließliche Essen von Light-Produkten u.v.m. Wichtig ist, das Verhalten mit ihrer Tochter zu reflektieren, Ihre Sorge zum Ausdruck zu bringen und dieses starre Verhaltensmuster zu unterbrechen. Falls dies nicht möglich ist, ist es wichtig, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

Gast5720: Was ist eigentlich die beste Therapie bei Magersucht? Gibt es da neue Erkenntnisse?
Michaela Schöny:
Die wirksamste Therapie ist eine Kombination aus Psychotherapie und medizinischer Behandlung. Ergänzend erweist sich eine körperorientierte Therapie aufgrund der Körperwahrnehmungsstörung als sehr hilfreich. Je nach Schweregrad der Symptomatik wählt man ein passendes Behandlungssetting. In der Landesnervenklinik gibt es die Möglichkeit einer ambulanten, einer teilstationären oder einer stationären Behandlung.

Gast37: Meine Gedanken drehen sich nur ums Essen, ich habe wahnsinnige Angst zu dick zu werden. Ist das eine Essstörung?
Michaela Schöny:
Die beschriebenen Beeinträchtigungen deuten auf Symptome einer Essstörung hin. Zu einer genaueren Klärung ist eine professionelle diagnostische Abklärung wichtig. Ob eine professionelle Behandlung notwendig ist, hängt auch sehr stark davon ab, wie groß der subjektive Leidensdruck ist.

Gast7947: Guten Tag, meine Tochter (15) hat beschlossen nur noch vegetarisch zu speisen. Was mich als Mutter vor großen Kochproblemen stellt. Können sie daran schon erste Anzeichen einer Essstörung erkennen?
Michaela Schöny:
Normales Essverhalten bedeutet das zu essen, was man essen möchte, dazu zählen persönliche Vorlieben, kulturelle Rituale, gesellschaftliche Aspekte, u.v.m. Vegetarische Kost zählt an sich zu einem normalen Essverhalten. Wichtig ist es, sich mengenmäßig ausreichend und ausgewogen zu ernähren.

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3  Kommentare
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Gugelbua (31.805 Kommentare)
am 14.03.2014 10:48

grinsen
wenn man mich beim Essen stört.
Wird ja immer weniger das eine Familie gemeinsam am Tisch sitzt.

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( Kommentare)
am 13.03.2014 21:28

in den Medien immer wieder geschönte und bildbearbeitete unnatürliche Körper präsentiert werden, wird sich an den Schönheitsidealen bei den Mädchen leider nichts ändern.

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( Kommentare)
am 13.03.2014 18:17

bewegen (ija, auch Arbeit gehört dazu) und nicht zuviel glotzofonieren ... bei den nicht "gestörten" (ich nehme das schon sehr ernst) hilft das angeblich?

Und ja, diese Deppen-Vorbilder(!), eigentlich Abziehbilder dürfen getrost ausbleiben ... ÜBERALL!

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